Bildungsbauten – «Der Raum ist der dritte Pädagoge»
Hinter dem Satz von Loris Malaguzzi, einem italienischen Erziehungswissenschaftler, verbirgt sich die These, dass der Mitschüler der erste, der Lehrer der zweite und der Raum der dritte Pädagoge sei. Das wird in der Fachwelt in der Regel auch nicht angezweifelt.

Bedürfnisorientierte Gestaltung
Räumliche Projekte, die mit partizipativen Methoden entwickelt und gestaltet worden sind, geben hier Hinweise. Das Co-Design ist beispielsweise geeignet, um die unterschiedlichen Bedürfnisse und Erfahrungsmöglichkeiten von Nutzenden in Projekten zu erfassen und in die Planung zu integrieren. Damit werden für Architektinnen und Gestalter Perspektiven eröffnet, die ihnen ansonsten nicht zugänglich sind. Dieser bedürfnisorientierte Ansatz kann auch einen Zugang zu Lernenden darstellen, die bisher noch selten mit selbstorganisiertem Lernen konfrontiert waren oder nur wenig vom Bildungswesen erreicht wurden.
Ein Ausstellungsprojekt des Schulmuseums und der Zentralkustodie der Universität Erlangen-Nürnberg zeigt dies exemplarisch an der Ausstellung «Schule im Nationalsozialismus». Hier geht es weniger um die Gestaltung von Räumen mittels Farbgebung, Licht, Luft- und Schallqualität. Den Kuratoren und Architekten ging es um die Gestaltung von Erfahrungsräumen, die über die sinnliche Wahrnehmung von Objekten und Faksimiles zu entdeckendem Handeln und Nachdenken über Zusammenhänge motiviert, und um den Austausch dieser Beobachtungen untereinander. Für diese Ausstellung wurde zusammen mit Jugendlichen ein Lern- bzw. Ausstellungssetting entwickelt, das diesen Erfahrungsraum ermöglicht. Dort wird über die sinnliche Anschauung vermittelt, wie man sich Wissen selbst erschliessen kann. Für den Ausstellungsraum wurden über Eck gehende Sitzmöbel für jeweils zwei bis vier Personen entwickelt, an denen vom Kurator an ausgewählten Objekten und Faksimiles jeweils Themen wie Antisemitismus, vormilitärische Erziehung oder Widerstand von Jugendlichen erarbeitet werden können. Neben diesen Lernstationen wurden aber auch im Sinn der Jugendlichen Möglichkeiten zum Chillen und Surfen im selben Ausstellungsraum geplant. Einungewöhnliches, aber erfolgreiches Konzept, wie die Pädagogische Hochschule Luzern evaluierte, als die Ausstellung in Luzern zu Gast war. Die Bewegung und Abwechslung ist förderlich fürs Lernen, da sind sich Hirnforscher und Pädagogen einig. Nun gilt es diese positiven Effekte des «dritten Pädagogen» durch bedürfnisorientierte Projekte weiter in die Bildungsdebatte zu integrieren. ●