Haus- und Wohnungsbau – My Home is my Castle
In Amerika gilt ein Haus mit 37 Quadratmetern oder weniger Bodenfläche per Gesetz als «tiny». Dass Tiny Houses ein Trend sind, zeigen die zahlreichen Bücher mit gebauten Beispielen und Grundrisslösungen und die unzähligen Internetseiten. So finden sich allein bei Google unter dem Begriff «Tiny House» 1 Milliarde Einträge.

Der Traum vom eigenen Häuschen ist ungebrochen. Allerdings können es sich in der Schweiz nur die wenigsten leisten. Hier scheint ein Trend Abhilfe zu schaffen: Tiny Houses. Hintergrund dieser kleinen Häuser ist eine Bewegung aus Amerika, die nach der Finanzkrise aus der Not entstanden ist und dabei grundsätzliche Überlegungen zu den tatsächlichen Bedürfnissen ans Wohnen auslöste.In Amerika gilt ein Haus mit 37 Quadratmetern oder weniger Bodenfläche per Gesetz als «tiny». Dass Tiny Houses ein Trend sind, zeigen die zahlreichen Bücher mit gebauten Beispielen und Grundrisslösungen und die unzähligen Internetseiten. So finden sich allein bei Google unter dem Begriff «Tiny House» 1 Milliarde Einträge.
Aufs Minimum reduziert
Die Idee der Tiny Houses ist nicht neu. Bekannt ist zum Beispiel das Stöckli im Berner Mittelland und Emmental, in das die Eltern oder Grosseltern zügelten, um der jungen Generation im Haupthaus Platz zu machen. Le Corbusier baute 1951 den sogenannten Cabanon in Cap Martin, Frankreich, ein 15-Quadratmeter-Haus, das mit seiner funktionalen und minimalistischen Ausstattung an eine Schiffskabine oder einen Wohnwagen erinnert. Die Idee dahinter war eine aufs Minimum reduzierte Zelle, ausgestattet mit Arbeitsbereich, Ruhebereich, Toilette, Waschbecken und Schränken.
Längst geht es jedoch bei den Tiny Houses nicht mehr um das Campingwagengefühl, das wir aus den Ferien kennen, sondern um ein Lifestyle-Produkt, mit dem sich bekannte Architekturbüros beschäftigen. Mittlerweile sind diese kleinen Häuser zu einer neuen Architekturtypologie geworden, und es werden Wettbewerbe ausgeschrieben und Preise für die innovativsten Entwürfe vergeben.
Die Frage stellt sich, welche Entwicklungen hierzulande den Trend der Tiny Houses begünstigen. Ist es ein Ausdruck von Genügsamkeit und Reduktion aufs Wesentliche oder eher ein Ausdruck von zunehmender Individualisierung und Ich-Zentriertheit, indem man seine Individualität leben will, ohne mit anderen zusammenwohnen und teilen zu müssen? Letzteres suggerieren jedenfalls die Bilder von Tiny Houses, die sich ausschliesslich in unberührter Natur befinden, zum Beispiel an einem einsamen Seeufer oder Waldrand mit schönem Ausblick.
Für viele erschwinglich
Ein Tiny House ist etwa so teuer wie ein Mittelklassewagen und im Gegensatz zu einem Einfamilienhaus oder einer Wohnung für viele erschwinglich. Fraglich ist jedoch, ob es sich hierbei um ein nachhaltiges Konzept handelt, wie die Medien und Anbieter einen glauben machen wollen. Auf einer Website zum Beispiel ist zu lesen, dass für ein Tiny House 200 Quadratmeter Bauland benötigt werden. Demnach würden gerade mal 35 Häuschen mit je einer oder zwei Personen auf die Fläche eines Fussballplatzes passen. Vor dem Hintergrund der zunehmend knapper werdenden Baulandreserven und der Forderung nach verdichtetem Bauen wäre dies keine sinnvolle Nutzung von Ressourcen.
Immobilienentwickler und Planende können jedoch vom Tiny-House-Trend lernen. Sie können zum Beispiel Wohnfläche mit Qualität substituieren, indem sie bezahlbare Wohnungen mit weniger Luxus und dafür mit mehr Selbstbestimmung und Eigenverantwortung der Mieterinnen und Mieter auf den Markt bringen. Sie schaffen damit ein attraktives Angebot für die vielfältigen und zunehmend individualisierten und Wohn- und Lebensformen. ●