Haus- und Wohnungsbau – Harmonische Abwechslung

In der Baselbieter Gemeinde Bottmingen haben Lo Verdi Architekten ein Mehrgenerationenhaus erstellt, das ein bestehendes Einfamilienhaus aus den 50er-Jahren ersetzt.

Lo Verdi Architekten
In sanfter Hanglage organisiert der Bau variabel nutzbaren Wohnraum auf vier Geschossen. Fotos: Tom Bisig
Von Lukas Bonauer
In der Baselbieter Gemeinde Bottmingen haben Lo Verdi Architekten ein Mehrgenerationenhaus erstellt, das ein bestehendes Einfamilienhaus aus den 50er-Jahren ersetzt.
Das Mehrgenerationenhaus vermittelt an der Schnittstelle zwischen Wald- und Siedlungsraum und der umliegenden Landschaft. Seine Architektur oszilliert zwischen Zurückhaltung und Transparenz, zwischen monolithischem Gebilde und differenziert ablesbaren Geschosskörpern.Der Ort, an dem sich der Wohnbau verwirklicht, ist geprägt von Wald und Aussicht. In den Fenstern spiegeln sich wunderschön die anliegenden Baumwipfel mit ihrem sommers üppigen grün behängten Astwerk. Talseitig öffnet sich der Blick auf das ländliche und zugleich stadtnahe Bottmingen, auf den Dorfkern dieser Basler Agglomerationsgemeinde mit dem örtlichen Wahrzeichen, einem aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts stammenden Weiherschloss.

In dieses verschiedenartige Setting hinein organisieren sich auf den insgesamt vier Geschossen jeweils autonom funktionierende Einheiten, die über geschlossene oder ineinander fliessende Räume und vielfältige Aussichtspunkte verfügen. Das am südöstlichen Dorfrand liegende Grundstück bildet die Nahtstelle zwischen Siedlungs- und Naturgebiet, zwischen typischer Einfamilienhaus-Gegend und dem Talholz-Wald als hangseitigem Nachbar und durchgrüntem Rücken. In dessen Tiefe schlängelt sich der Sägemehl-Boden der Finnenbahn an den Bäumen vorbei. Doch so wertvoll dieser nahe Erholungsraum ist, wirkte seine Waldabstandsbegrenzung einschränkend auf die Gebäudepositionierung. Somit rückte das zuständige Basler Büro Lo Verdi Architekten den Baukörper möglichst nahe an die vordere und unmittelbar bis an eine seitliche Parzellengrenze. Ein planerischer Kniff, der durch geschickte Baugesetz-Interpretation möglich wurde.

Das Grundstück erschliesst sich über eine schmale Schnittstelle im Süden. Der Neubau hatte dabei ein bestehendes Einfamilienhaus aus den 1950er-Jahren zu ersetzen und die vorhandenen Nutzungsreserven auszuschöpfen. Entstanden ist variabler Mehrgenerationen-Wohnraum mit insgesamt vier möglichen Einheiten: Das Studio im Sockelgeschoss, die jeweiligen Wohnungen im Erd- und Obergeschoss sowie eine Attikawohnung, die mit der darunter liegenden Einheit auch zu einer Maisonnette-Wohnung verbunden werden kann. Allesamt verfügen sie über private Aussenbereiche und Anschluss an das Treppenhaus, das auch auf dem untersten Zugangsniveau – ob der Drehung des Treppenlaufes und der damit möglich gewordenen Fensterplatzierung – natürliches Licht erhält.

Das Wohnraumkonzept

Die Bildung offener und geschlossener Zonen leitet das Wohnraumkonzept. Den Grundriss gliedert ab Erdgeschoss jeweils ein für Küche und Nassräume Platz bietender Kern. Dieser trennt die zur Aussichtsseite ausgerichteten Wohnräume von den Individualbereichen, die sich zur Waldseite orientieren. Diese ortsbedingte und daher stringente räumliche Unterteilung in offene, ineinander fliessende und geschlossene Raumabfolgen bewirkt eine harmonische Abwechslung von Transparenz und schützenden Mauern. Das Mehrfamilienhaus lebt insgesamt von dieser fein differenzierten Abstimmung zwischen geschlossener und offener Form. In diese Dichotomie fügt sich auch die Materialregie ein. Dabei antworten dem Sichtbeton als warmer Kontrast sowohl die Holzfenster und vertikalen Latten der Sockel-Garagenfront wie auch die Holzbeläge innerhalb der Wohnungen und in den Wintergärten. Diese integrieren sich ins Volumen und bilden jeweils ein Raumkontinuum. Architekt Lo Verdi meint dazu: «Wir haben die gängigen Wintergartenlösungen uminterpretiert, sodass sich die grosszügigen Schiebefenster vollständig vor die zurückversetzten Wandflächen schieben lassen.» Damit verwischen sich die räumlichen Übergänge zwischen innen und aussen.

Ganz anders die geschlossenen Seiten: Diese bestücken – je nach Raumausrichtung – grössere und kleinere Fenster, die punktuell den Wald in die Schlafräume hineinholen. Hier, wo der Baukörper umgeben ist von hohen Bäumen einer wildromantischen Natur, scheint er wie ein Monolith zu sein. Diese Wirkung unterstreicht der Dämmbeton, der für gute raumklimatische und akustische Eigenschaften (hohe Behaglichkeit und angenehmes Raumempfinden) bekannt ist. Die neu verwendeten Schaltafeln evozieren dabei eine leichte Streifenbildung, schön zur Geltung kommend in der Fläche, die etwas bewegter als der normale Beton ist. Auch nicht so glatt aufgrund der für den Dämmbeton charakteristischen Lunkernbildung, was eine lebendige, sowohl innere wie äussere beinahe scharrierte Oberflächenstruktur ergibt, die sich wiederum optisch an die Maserung von Baumstämmen anlehnt.

Talseitig zeigt sich der Wohnbau in einem differenzierten Gebilde aus baugesetzlich rückgestaffelten Geschosskörpern, die auf einem markanten Sockel stehen. Grosse Mauerelemente und ebenso grosse Fensterfronten, Sichtbeton und Holz – mithin Kontrast und Harmonie – wechseln sich ab. Die Architektur entwickelt in der Hanglage – eingebettet zwischen Dorf und Wald – eine fein aufeinander abgestimmte Dramaturgie, sucht zugleich Eigenständigkeit wie auch den Dialog zwischen Material, Form und Ort – und erzeugt damit – sowohl innen wie aussen – ein spannungsvolles Gleichgewicht. ●

Bautafel

Architektur Lo Verdi Architekten AG, Basel

Subplaner Wirz & Partner Baumanagement AG, Zürich und Basel

BauingenieurIngenieurbüro W. Herzog, Möhlin

Elektroplaner Schnieper + Schmid AG, Muttenz

Bauphysik und Energiekonzept Gartenmann Engineering AG, Basel

Sanitärplaner Ewald Gattlen AG, Visp

Lo Verdi Architekten
Lo Verdi Architekten
Die Architektur vermittelt zur umliegenden Landschaft. Fotos: Roman Weyeneth
Lo Verdi Architekten
Lo Verdi Architekten
Offene, ineinanderfliessende und geschlossene Raumabfolgen bilden eine harmonische Abwechslung von Transparenz und schützenden Mauern sowie vielfältige Aussichtspunkte. Fotos: Tom Bisig
Lo Verdi Architekten
Querschnitt
Querschnitt
Erdgeschoss
Erdgeschoss
Obergeschoss
1. Obergeschoss
Obergeschoss
2. Obergeschoss
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