Wohnlich in den späten «Herbst»
In Horgen entsteht ein Alterswohnheim mit Pflegebereich. Die vorbildliche architektonische Umsetzung soll eine hohe Lebensqualität der Bewohnenden sicherstellen.

Der Neubau eines Pflege- und Alterswohnheims in Horgen gliedert sich in zwei separate Einzelbauten, die sich harmonisch in die umliegende Gebäudelandschaft integrieren. Während der Pflegebereich im nördlichen Gebäudetrakt untergebracht ist, befindet sich im südlichen Teil das betreute Alterswohnen. Ein Sockelgeschoss vereint die funktionellen Bereiche wie Verwaltung, Restauration sowie Gesundheitszentrum und dient zugleich als Bindeglied zwischen den beiden Einzelbauten. «Besonderer Wert wurde auf die wohnliche Atmosphäre mit viel Tageslicht und warmen Tönen gelegt. Die Gestaltung der Fassade mit den gegliederten horizontalen Bändern trägt dazu bei, beide Gebäude gestalterisch zu verbinden», sagt Matthias Wehrle, Geschäftsführer von ATP Architekten Ingenieure Zürich, die für die Realisierung zuständig sind. Ausschlaggebend war ein zweistufiger, von der Stiftung Amalie Widmer initiierter Studienauftrag.
Städtebauliche Betrachtung
Die städtebauliche Situation am Standort in Horgen ist geprägt durch eine heterogene, offene und gemischte Bauweise mit unterschiedlicher Körnung und verschiedenartigen Gebäudetypologien. Um den Standort herum befinden sich im Wesentlichen Wohnungen, nördlich angrenzend steht eine Kirche. Mit dem Neubau wird auf die städtebauliche Situation reagiert und eine ortsverträgliche Körnung angeboten. Der Entwurf sieht optimale Aussenraumproportionen vor, wobei besonderes Augenmerk darauf gelegt wurde, allen westlichen Anwohnern weiterhin Ausblicke auf den See zu gewähren.
Struktureller Aufbau
Über dem Sockelgeschoss erstrecken sich vier identische Wohnetagen mit jeweils 13 Doppelzimmern pro Geschoss. Diese nehmen jeweils eine Wohnfläche von nahezu 30 Quadratmeter ein. Zusätzlich gibt es fünf Einzelzimmer pro Etage mit einer Fläche von rund 16 Quadratmeter. Den offenen und funktionalen Wohngruppen, die mit Aufenthaltsräumen kombiniert wurden, ist jeweils ein zentraler Essbereich zugeordnet. «Das Design und das Interior-Konzept sind darauf ausgelegt, das Heim zu einem ‹Zuhause› zu machen. Die elegante und friedvolle Architektur der vier Wohnetagen soll den betagten Bewohnern die Atmosphäre einer Wohngemeinschaft vermitteln. Dafür nutzen wir warme Erdtöne und natürliche Materialien», erklärt Matthias Wehrle, Geschäftsführer von ATP Architekten Ingenieure aus Zürich. Auch auf die Aussenraumbeziehung legte man laut Wehrle viel Wert: «Die Fensterfront in den Bewohnerzimmern ist beispielsweise als eine Art Einbaumöbel in Holz vorgesehen. Mit einer grossen Fensterverglasung schafft sie für die Bewohner uneingeschränkte Sicht ins Freie mit atemberaubenden Blicken auf den Zürichsee und die Berge.»
Erinnerungen wiederbeleben
Im Erlebnisgarten werden Menschen mit Demenz «gefordert» und gefördert. Indem sie dort mit der Erde in Berührung kommen und Gewächse anpflanzen, sollen die Sinne stimuliert und verloren gegangene Erinnerungen wieder aktiviert sowie die Eigenständigkeit jener Personen gefördert werden. Der Erlebnisgarten grenzt an den Essens- und Aufenthaltsbereich im ersten Obergeschoss und ist mit einem Wegesystem mit Handläufen ausgestattet. Jene Angebote bereichern das Alters- und Pflegewohnheim in Horgen in seiner Kombination aus moderner Funktionalität und Architektur. Die klare gestalterische und doch zurückhaltende Formensprache unterstützt die inneren zweckgebundenen organisatorischen Abläufe und unterstreicht zugleich den hohen Anspruch der Einrichtung in Horgen: die Lebensbereicherung von Personen im fortgeschrittenen Alter.
Modernes Planungsverfahren
Erdsondewärmepumpen sollen künftig die Heizwärme erzeugen, eine Abwasserwärmepumpe ist für die Warmwassererzeugung zuständig. Die Kühlung der Innenräume erfolgt mit Free Cooling über die Erdsonden. Mittels Photovoltaik auf dem Dach wird die elektrische Energie erzeugt. Zur Abstimmung jener Komponenten konnten in diesem Projekt die Vorteile der integralen Planung in Verbindung mit Building Information Modeling (BIM) genutzt werden. Matthias Wehrle erklärt die Vorzüge: «Das Abbild des Gebäudes als digitaler Zwilling ermöglicht eine phasengerechte Parametrisierung und Datenausgabe für Flächen- und Kostenermittlungen sowie Ausschreibungen und liefert damit bereits in den frühen Phasen der Planung eine fundierte Entscheidungsgrundlage.» In Abstimmung mit der Bauherrschaft wurde zudem festgelegt, welche Elemente und Attribute für eine Vereinfachung der Gebäudebewirtschaftung im BIM-Modell für das Facility-Management integriert werden sollen. ●
Bautafel
Objekt Pflege- und Alterswohnheim, Horgen
Bauherrschaft Stiftung Amalie Widmer
ArchitekturATP Architekten Ingenieure
Bruttogeschossfläche 16 000 m2
Bruttorauminhalt56 000 m3




