Mehr als Bauen

Seit 2010 zeichnet der Foundation Award jährlich junge Schweizer Architekturbüros aus. Dabei zählen auch Kriterien, die über das Bauen hinausgehen.

Foundation
Offenheit und Interesse an industriellen Materialien haben die Jury an Comte Meuwly fasziniert. Fotos: Comte/Meuwly, Zürich
Architektur-Förderpreis
Seit 2010 zeichnet der Foundation Award jährlich junge Schweizer Architekturbüros aus. Dabei zählen auch Kriterien, die über das Bauen hinausgehen.

Der Foundation Award zeichnet einmal im Jahr drei junge Architekturbüros aus. Ihre Gründung darf dabei nicht länger als vier Jahre zurückliegen. Der Architektur-Förderpreis will ein Schlaglicht auf die herausfordernde Situation werfen, in der sich junge Büros in der Schweiz befinden, und die jungen Unternehmen entsprechend unterstützen. Der Förderpreis versteht Architektur als Dienst an der Gesellschaft und prämiert deshalb nicht nur das gebaute Werk, sondern auch die Haltung eines Büros. Mehr als Bauen: Das kann ein eigen initiatives Projekt sein, ein moderierter Aneignungsprozess, ein Engagement für gute Baukultur, eine interdisziplinäre Arbeitsweise. Dennoch geht es nicht um gute Absichten allein, sondern um sichtbare Resultate, die eine starke Haltung auch ausdrücken.

Industrielle Allesgestalter

Der erste Preis geht an die zwei in Zürich gestrandeten Romands von Comte Meuwly. «Daily Life Love» heisst ein Langzeitprojekt von ihnen. Fotografisch sammeln sie räumliche Situationen und eigenwillige Momente der gebauten Welt. Der Alltag und die namenlose Architektur interessieren sie mehr als Bauikonen. Diese Offenheit und das Interesse an industriellen Materialien haben die Jury fasziniert. Und ausserdem das breite Schaffen: hier das vorfabrizierte Holzhäuschen am Genfer Stadtrand, erweitert mit einer leichtfüssigen Längsstruktur, da die Kunstintervention, die den Mistelbaum als metallisches Dreibein interpretiert. Dort das Vordach über einer Altbautür im Steingewand, reduziert auf ein filigranes Messingblech mit Spannseil. Hier der bewachsene Gartenkiosk mit Spiegeleffekten, da die im Wind flatternden Segel einer Buvette. Und dann sind da noch Lampen und Möbel. In einer Zeit, in der viele nach historischen Bezügen und lieblicher Farbigkeit suchen, ist diese minimalistische Härte und Leichtigkeit überraschend und frisch.

Handwerkliche Theoretiker

Den zweiten Platz belegten die drei Architektinnen von Solanellas Van Noten Meister aus Zürich. Kopf und Hand, Unterrichten, Bauen und Machen. Um diese Begriffe kreisen das Denken und Handeln der drei Architekturschaffenden, die aus drei verschiedenen Ländern stammen und in Antwerpen an einem Workshop zusammenfanden. Sie alle reflektieren, forschen, publizieren und unterrichten Architektur. Das Gebaute ist klein, aber fein. Besonders angetan hat es der Jury ein Musikatelier in Winterthur, das als winziges Haus mit Steildach in einem Privatgarten steht. Das Kleid aus 1650 Keramikziegeln in 21 Blautönen ist ein Unikat. Im Atelier Kōbō, einem Workspace für Künstler, Designer und Handwerker, machen sie Materialrecherchen und bauen Möbel. Dort zeichnen sie ihre Projekte. Und hier kommen Kopf und Hand zusammen.

Naturbewusste Brückenbauerin

Die in Kirgisistan ausgebildete Architektin Saikal Zhunushova von Oekofacta aus Winterthur stellt Mensch und Umwelt ins Zentrum und erreichte den dritten Platz. Ihre Architektur ist geprägt von natürlichen Baustoffen und vom passiven und solaren Bauen. Mit diesen Mitteln gibt sie einem Oberländer Flarzhaus von 1832 ein zweites Leben. Das neue Herz ist ein Speicherofen. Der Boden und die Fensterbank aus kräftigen Schiefersteinen wirken als passive Radiatoren. Sie sind trocken verlegt und so atmungsaktiv wie die mit Lehm verputzten Holzbauwände. Diese bodenständige Haltung hat die Jury überzeugt. Vor allem aber gelingt es der Architektin, ihr Heimatland und die Schweiz in beide Richtungen zu verbinden. Das traditionelle Holzgerüst einer Jurte liess sie von kirgisischen Familien produzieren und stellte es hierzulande als Gartenpavillon auf. Den Slow-Fashion-Mantel aus 100 Prozent Wolle webt der Betrieb ihrer Mutter. Und dann geht die Architektin regelmässig zurück in die Hauptstadt Bishek, organisiert Workshops und Seminare und holt Schweizer Fachplaner für energiesparende Bauprojekte ins Boot.

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Kopf und Hand, Unterrichten, Bauen und Machen. Um diese Begriffe kreisen Denken und Handeln der drei Architekturschaffenden von Solanellas Van Noten Meister. Fotos: Solanellas Van Noten Meister, Zürich
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Saikal Zhunushova von Oekofacta aus Winterthur stellt Mensch und Umwelt ins Zentrum. Fotos: Oekofacta GmbH
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