Auf der Suche nach Regeneration

Am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) suchen Forschende nach Behandlungen für schwere Erkrankungen beim Menschen. Im neuen Verfügungsgebäude sind Zebrafische die Hoffnungsträger der biomedizinischen Forschung.

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Zum Vorplatz ausgerichtete Ostseite des Gebäudes mit Haupteingang.
Von Morris Breunig (Text) und Brigida González (Bilder)
Am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) suchen Forschende nach Behandlungen für schwere Erkrankungen beim Menschen. Im neuen Verfügungsgebäude sind Zebrafische die Hoffnungsträger der biomedizinischen Forschung.
Die potenziell für schwere Erkrankungen wie Krebs- und Herzleiden verantwortlichen Gene beim Menschen stimmen zu über 80 Prozent mit denjenigen der Zebrafische überein. Das macht sie zu logischen Probanden für die Erforschung von Behandlungsmethoden. Besonders die Regenerationsfähigkeit von Rückenmark und Organen der Fische und eine mögliche Übertragbarkeit auf den menschlichen Organismus stehen deshalb im Fokus der biomedizinischen Grundlagenforschung an einem von Heinle, Wischer und Partner geplanten Verfügungsgebäude. Es gehört zum Campusgelände des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) im deutschen Eggenstein-Leopoldshafen.Nach der Planung, die im Jahr 2014 begann, konnte es 2020 fertiggestellt werden. «Die Planung eines Forschungsgebäudes erfordert eine frühzeitige und integrale Mitwirkung aller Beteiligten in der konzeptionellen Phase. Um den Nutzer- und Betreiberanforderungen zu entsprechen, müssen die technische Ausstattung und die architektonische Gestalt ideal aufeinander abgestimmt sein», erklärt Susanne Widmer, Projektleiterin bei Heinle, Wischer und Partner. Das Bauwerk präsentiert sich in klassischer Kastenform. Die sich an den Fassaden abzeichnenden Fensterbänder zur Strukturierung der Gebäudehülle sind auch an der ostseitigen Fassade ablesbar, die jedoch mit einer grosszügigen Verglasung die Kommunikation mit dem Aussenraum unterstützt. Dem skulptural inszenierten Vorplatz als Entree des Quartiers ist zugleich der Haupteingang des Gebäudes zugewandt, das von interdisziplinären Forschergruppen aus Biologen, Chemikern, Informatikern und Ingenieuren genutzt wird.

Für befugte Personen

Zwei voneinander getrennte Bereiche im Untergeschoss ermöglichen die Fischhaltung: ein hygienisch überwachter Quarantänebereich mit Personenschleuse, Fischhaltungsraum sowie Futteraufbereitungsstätte und eine Hauptfischanlage mit vier separaten Fischräumen, Labor und zugehörigen Nebenräumen. In 3100 Aquarien werden 140 000 Exemplare der fünf Zentimeter grossen Zebrafische gehalten, die aufgrund der transparenten Fischeier sowie -larven ohne strapaziöse Untersuchungen beobachtet werden können. Laborgebäude unterliegen generell strengen Auflagen zur Einhaltung von Schutzvorkehrungen. Labor- und Büroräume im Erdgeschoss sowie in den Obergeschossen sind nur per Zutrittskontrolle am Haupteingang erreichbar. «Ausserdem erhalten nur befugte Personen Zugang zur Fischhaltung im Untergeschoss. Zwischen den Geschossen ist der Zugang hingegen unbeschränkt», sagt Susanne Widmer.

Klar und funktionell

Für eine effiziente Forschung sorgt die strukturelle Gliederung der Räumlichkeiten. Die Aufteilung der Laborcluster im Erd- und in den drei Obergeschossen ist fast nahezu identisch. «Technisch notwendige Schächte sind kompakt und am Rand der Laborflächen vorgesehen. Das ermöglicht eine grösstmögliche Flexibilität für künftige Nutzungsänderungen», berichtet die Architektin.

Gläserne Schiebetüren sorgen innerhalb des Gebäudes für Transparenz und eine optische Vergrösserung der Räume. Die Verknüpfung von Labor- und Bürozonen unterstützt den Informationsaustausch zwischen den Forscherteams. Als Ergänzung zu Besprechungs- und Gruppenarbeitsräumen wurden zudem gezielt Kommunikationszonen für spontane Begegnungen eingerichtet.

Raumhoch verglaste Gruppenarbeitsräume orientieren sich zum Vorplatz und bieten flexibel nutzbare Arbeitsplätze. Einzelbüros sowie Werkstatt-, Lager- und Technikräume ergänzen das Raumprogramm. Auf der vierten Ebene ist die Technikzentrale untergebracht.

Sichtbeton, Glas und weisse Möblierungen dienen der Gestaltung der Innenräume. Hellgrüne Bodenbeläge und Schallschutzelemente definieren die Laborcluster und setzen zugleich vereinzelt farbliche Akzente in den Arbeitsräumen. Bis auf die unverrückbaren Schächte und Treppenhäuser in Massivbauweise bleiben die Büro- und Laborflächen durch flexible Raumtrennwände frei nutzbar. Zusätzliche Schleusen, Trennwände und Zutrittskontrollen können künftig noch an den stirnseitigen Zugängen ergänzt werden. ●

Bautafel

Projekt Verfügungsgebäude

Standort Campus Nord in Eggenstein-Leopoldshafen

Fertigstellung 2020

Bauherrschaft Karlsruher Institut für Technologie (KIT)

Architektur Heinle, Wischer und Partner, Freie Architekten, Heinle Wischer Gesellschaft für Generalplanung mbH

Nutzfläche 3000 m²

Bruttogrundfläche 5888 m²

Funktionsprogramm Labore Biologie, Chemie, Zellzucht (S1 und S2), S1-Fischhaltung mit Quarantänehaltung, Kryolager, Büros, Gruppenarbeitsräume, Besprechungsräume, Werkstatt, Lagerräume

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Die Südfassade des Verfügungsgebäudes.
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Sichtbeton prägt das Erscheinungsbild im Gebäudeinneren und erstreckt sich bis in den Erschliessungsbereich.
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Der Laborbereich vom Erdgeschoss bis zum 3. Obergeschoss.
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Besprechungsraum mit angrenzender Kommunikationszone.
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Zur Ostseite ausgerichtete Gruppenbüros in den Obergeschossen.
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Die experimentelle Zebrafischhaltung befindet sich im Untergeschoss.
Gebäudeschnitt
Gebäudeschnitt
Erdgeschoss
Erdgeschoss
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