Auf einen Besuch in der Jugendherberge Martigny

Die Jugendherberge Martigny wurde kürzlich neueröffnet. Historische Gemäuer bilden die Kulissen für das Hostel.

Das «Bâtiment de l’Horloge» aus dem Jahr 1645 ist ein Baudenkmal von kantonaler Bedeutung.

Seit Februar empfängt die neue Jugendherberge Martigny Gäste. Für das Hostel wurde das historische und für die Region bedeutende «Bâtiment de l’Horloge» während zwei Jahren umgebaut. Das Gebäude befindet sich im Eigentum der Stadt, die Schweizer Jugendherbergen (SJH) sind für den Betrieb der Jugendherberge verantwortlich. Die insgesamt 48 Betten sind aufgeteilt in Doppel-, Familien-, 4-Bett- sowie 6-Bett-Zimmer – allesamt mit eigener Dusche und WC ausgestattet. Zum weiteren Angebot des Hostels gehören zwei kleine Aufenthaltsräume, ein Spielzimmer, ein Velo- und Skiraum, eine kleine Rezeption und ein Gewölbekeller für das Frühstück. Ein Highlight ist die Arkade direkt an der Rue du Bourg, von welcher aus die Gäste das Treiben auf der Gasse beobachten können. Die Jugendherberge ist aufgrund des historischen Bauwerks beschränkt hindernisfrei: Der Frühstücksraum sowie ein Zimmer im ersten Stock sind mit dem Rollstuhl einfach erreichbar.

Aus historischer Sicht handelt es sich bei den Räumen mit den grossen Fensterläden unter dem Eingangsportal um ehemalige, unabhängige Verkaufsstände. Fotos: Leonidas Portmann

Realisiert

Die Jugendherberge Martigny befindet sich im historischen Viertel Martigny-Bourg an einer lebhaften Flaniermeile mit zahlreichen Cafés, Bistros und traditionellen Geschäften. Die Stadt Martigny und die Schweizer Jugendherbergen haben in der Vergangenheit schon mehrere Optionen für ein Hostel geprüft. Die neueröffnete Jugendherberge wurde schliesslich durch die Stadt Martigny realisiert. Der Architekt Nicolas Coutaz vom lokalen Architekturbüro Atelier-IT hat die Umbauarbeiten des 1645 erbauten Hauses zur Jugendherberge geplant.

Das «Bâtiment de l’Horloge» aus dem Jahr 1645 ist ein Baudenkmal von kantonaler Bedeutung. Für die Bewahrung seiner historischen Bausubstanz war es erforderlich, das Gebäude und seine bemerkenswerten architektonischen Eigenschaften in ihrer Gesamtheit zu erhalten und zu restaurieren. Um den aktuellen Vorgaben hinsichtlich Brandschutz, Schallkomfort und Energie zu entsprechen, wurden Originalelemente wie alte Fussböden und Balken hinter Paneelen, Isolierungen und Zwischendecken erhalten, sind aber nicht mehr sichtbar.

Zur historischen Bausubstanz gehören auch die Umbauten, die im Laufe der Zeit vorgenommen wurden. Das einzige Untergeschoss dieses Gebäudes stammt aus dem 15. Jahrhundert. Es handelt sich hierbei um zwei Gewölbekeller, die noch vor dem «Bâtiment de l’Horloge» errichtet wurden und unverändert als Zeugen der Vergangenheit erhalten wurden.

Aus historischer Sicht handelt es sich bei den Räumen mit den grossen Fensterläden unter dem Eingangsportal um ehemalige, unabhängige Verkaufsstände, die in keiner Weise mit dem ursprünglichen Gebäude verbunden waren. Ihre Einbindung in die Jugendherberge wurde durch die Dienststelle für Immobilien und Bauliches Erbe genehmigt.

Die Herausforderungen des Projekts

Die ursprüngliche Beschaffenheit des «Bâtiment de l’Horloge» ermöglichte eine relativ einfache Durchführung des Projekts – ohne Beeinträchtigung der historischen Bausubstanz. Die Jugendherberge ist auf vier Ebenen strukturiert, die über die historische Treppe und den Lift zugänglich sind.

Im Erdgeschoss gibt es gemütliche Aufenthaltsbereiche für die Besuchenden.

Im Erdgeschoss befindet sich der öffentliche Bereich der Jugendherberge mit der Rezeption, kleine Aufenthaltsräume, der Gewölbe-Frühstücksraum, ein zweiter Gewölbe-Raum, der als Spielzimmer genutzt wird, sowie einige Servicestellen, die Küche und ein Lagerbereich. Die 14 Zimmer verteilen sich auf die zwei Etagen. Pro Etage gibt es sieben Zimmer. Jedes Zimmer verfügt über ein vollständiges Badezimmer. Sechs Zimmer mit vier bis sechs Betten sind für eine gemeinsame Belegung, zwei Zimmer für Familien mit vier Personen und sechs Zimmer für Paare bestimmt. Von diesen 14 Zimmern ist eines rollstuhlgängig und eines für Personen mit eingeschränkter Mobilität geeignet.

Im Dachgeschoss befinden sich alle technischen Anlagen der Jugendherberge sowie der Heizungsraum, der Elektroraum, die Waschküche und der Vorratsraum. Ein neuer Lift wurde in einem modernen Bereich ohne historische Bedeutung untergebracht. Durch die Anordnung in der Gebäudemitte sind zudem alle Etagen bis zum Dachgeschoss erreichbar.

Das Mobiliar der Jugendherberge besteht vollständig aus natürlichem Eichenholz.

Charme vergangener Zeiten

In der liebevoll gestalteten Jugendherberge wurden historische Elemente behutsam mit modernen Akzenten verbunden. Im Obergeschoss fiel die Entdeckung eines zarten Wassergrüns auf den alten Holzverkleidungen besonders ins Auge. Dieses freundliche Farbmotiv wurde aufgenommen und auf den ursprünglichen Holzflächen von Wänden und Decken weitergeführt, wodurch eine ruhige, naturnahe Atmosphäre entsteht.

Im Erdgeschoss, wo sich einst kleine Läden befanden, fand man an den unteren Mauerbereichen ein tiefes Weinrot. Heute dienen diese Räume als gemütliche Aufenthaltsbereiche für die Besuchenden. Die warme Farbe wurde gezielt verwendet, um einen reizvollen Kontrast zu den grosszügigen historischen Hallen zu schaffen und gleichzeitig eine wohnliche Geborgenheit zu vermitteln.

Der öffentliche Bereich – darunter das Gewölbe mit dem Frühstücksraum und das Spielzimmer – ist in einem neutralen Weiss gehalten. Die Wände der alten Hallen präsentieren sich in einem hellen Grau. Diese hellen, zurückhaltenden Töne sorgen für eine angenehme Lichtstimmung, besonders in Räumen ohne direkten Aussenbezug. Sie reflektieren das Licht sanft und lassen die Räume offen, freundlich und einladend wirken.

Die Linoleumböden der Gästezimmer harmonieren perfekt mit den ruhigen Wandfarben und dem hellen Eichenholz, wodurch ein stimmiges und durchdachtes Gesamtbild entsteht.

Das Mobiliar der Jugendherberge besteht vollständig aus natürlichem Eichenholz. Dieses Material bringt Wärme, Eleganz und Authentizität in die Räume. Der Kontrast zwischen dem Holz und den gewählten Farben hebt die Einrichtung hervor und verleiht der Herberge einen zeitgemässen, zugleich ursprünglichen Charakter.

In den historischen Hallen wurde der ursprüngliche Natursteinboden bewahrt, der den Charme vergangener Zeiten spürbar macht. In den öffentlichen Bereichen wie Rezeption, Aufenthaltsraum, Frühstücksraum und Spielzimmer setzt man hingegen auf Zementgussböden – modern in ihrer Wirkung, jedoch dem mineralischen Ursprung des Hauses treu bleibend.

Die Gästezimmer sind zudem mit Linoleumböden ausgestattet – ein pflegeleichtes, langlebiges und ästhetisches Material. Die dunkle, einfarbige Fläche harmoniert perfekt mit den ruhigen Wandfarben und dem hellen Eichenholz, wodurch ein stimmiges und durchdachtes Gesamtbild entsteht.

Das Ergebnis dieses Projekts ist der ausgezeichneten Zusammenarbeit zwischen den Schweizer Jugendherbergen, der Stadt Martigny und der Dienststelle für Immobilien und Bauliches Erbe des Kantons Wallis zu verdanken.

martigny.ch

atelier-it.ch

Die Linoleumböden der Gästezimmer harmonieren perfekt mit den ruhigen Wandfarben und dem hellen Eichenholz, wodurch ein stimmiges und durchdachtes Gesamtbild entsteht.
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