Neuer Leuchtturm – Standhafter Orientierungspunkt am Genfersee

Mit dem Leuchtturm «Ylliam» entstand für den Genfersee ein nautischer Orientierungspunkt für den Schiffsverkehr und zugleich ein Präzisionsstück, realisiert von der RUCH Metallbau AG.

Die Positionierung am Quai erforderte millimetergenaue Justierung.

Wer ein Bauwerk im See errichtet, baut immer auch gegen die Elemente: Wind, Wasser, Temperaturschwankungen – was auf dem Papier schlicht wirkt, ist in der Umsetzung oft hochkomplex. Der neue Leuchtturm mit dem Namen «Ylliam» befindet sich direkt am Ende des Nordpiers der Société Nautique de Genève. Eine filigrane vertikale Chromstahl-Struktur, rund 21 Meter hoch, mit verglaster Hülle im unteren Bereich und einem feingliedrigen Stahl-Seiltragwerk darüber.

Der Leuchtturm steht an einem schmalen Steg, wo kaum Platz für Hebezeuge und schwere Infrastruktur war.

Konstruktive Strenge

Das Tragwerk besteht aus glasperlgestrahltem Chrom-Nickel-Stahl. Der Werkstoff wurde gewählt, weil er Korrosionsbeständigkeit mit Verformungsstabilität vereint – bei gleichzeitig minimalem Wartungsbedarf. Die Oberfläche ist homogen matt, bewusst ohne polierten Effekt – nicht der Geste, sondern der Dauerhaftigkeit wegen.

Ein umlaufender, vorgespannter Edelstahl-Seilvorhang übernimmt die horizontale Aussteifung der Struktur. Dieses Prinzip, inspiriert von Seiltragwerken im Brückenbau, erlaubt eine besonders schlanke Bauweise und verteilt Windlasten effektiv, ohne die visuelle Leichtigkeit der Konstruktion zu beeinträchtigen. Die Geometrie ist einfach, die Toleranzanforderungen sind es nicht: Schon kleinste Abweichungen können sich an den Materialübergängen negativ auswirken.

Die Verglasung wurde vor Ort montiert.

Verglasung als Systemgrenze

Die transluzente Hülle im unteren Bereich besteht aus zweifach statisch selbsttragendem Isolierglas. Die zentrale Herausforderung lag weniger im Material selbst, als in der Schnittstelle zwischen Glas, Stahl und Beton – Werkstoffe mit unterschiedlichen Wärmeausdehnungskoeffizienten, die in einem statisch und klimatisch stark beanspruchten Bauteil sicher und dicht verbunden werden müssen.

Das Zusammenspiel grosszügiger Glasflächen mit feinen Glas-Glasfugen schafft eine faszinierende Balance aus Transparenz und Struktur. Die hochisolierende Verglasung garantiert dabei einen uneingeschränkten Blick auf den Genfersee. Je nach Lichteinfall und Tageszeit wechselt die Fassade zwischen spiegelnden Flächen und subtilen Lichtreflexen – stets geprägt von einer leichten, offenen Erscheinung.

Der Leuchtturm wurde in Altdorf nahezu vollständig gefertigt und vormontiert. Das zentrale Chromstahl-Element misst rund 17 Meter in der Länge. (Fotos: Dylan Perrenoud)

Werkhalle statt Baustelle

Der Leuchtturm wurde bei RUCH in Altdorf nahezu vollständig gefertigt und vormontiert. Dadurch konnte die Qualitätskontrolle sichergestellt und die Herausforderung der limitierten Zugänglichkeit des Bauorts gemeistert werden: ein schmaler Steg, kaum Platz für Hebezeuge, keine schwere Infrastruktur. Die Verglasung wurde anschliessend vor Ort montiert. Das zentrale Chromstahl-Element, das nach Genf transportiert wurde, misst rund 17 Meter in der Länge. Für Transport und Montage wurde eine eigens entwickelte Traggerüstkonstruktion verwendet, die das filigrane Objekt sicherte. Die Positionierung am Quai erforderte millimetergenaue Justierung damit der hohe Turm auch absolut vertikal positioniert ist – nicht nur aus optischen Gründen, sondern weil selbst kleinste Verzüge an den Schnittstellen zwischen Glashülle und Tragstruktur zu Spannungsrissen oder Undichtigkeiten führen können. Der Leuchtturm «Ylliam» am Quai in Genf demonstriert eindrucksvoll, wie technische Komplexität durch präzise Detaillierung, akribische Detailplanung, saubere Schnittstellen und konsequente Vorfertigung beherrschbar wird. Entstanden ist das siegreiche Projekt eines öffentlichen Wettbewerbs in enger Zusammenarbeit zwischen dem Architekturbüro Bureau und der RUCH Metallbau AG. Die Projektleiter Thomas Zurfluh und Andreas Ruch beschreiben den besonderen Reiz: «Neben vielen spannenden Leuchtturmprojekten haben wir nun tatsächlich einen echten Leuchtturm realisiert. Die Kombination aus filigraner Technik, logistischem Anspruch und gestalterischer Klarheit machte das Projekt besonders spannend.» Giotto Messi von Schnetzer Puskas übernahm zudem die Baustatik. Über seine funktionale Rolle hinaus steht der Turm als Symbol für Orientierung und Beständigkeit – eingebettet in die nautische Tradition des Genfersees. Für das Unternehmen ist das Werk kein blosses Sinnbild, sondern eine konkrete Referenz für die Leistungsfähigkeit modernen Metallbaus unter komplexen Bedingungen: präzise, robust und unaufdringlich zugleich.

ruch.ag

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