Skulpturale Glasfassade
Am Bahnhof Stadelhofen in Zürich wurde kürzlich ein aufsehenerregendes Gebäude fertiggestellt, dessen markante Glasvorhangfassade den asymmetrischen Baukörper umschliesst. Die Aepli Metallbau AG überzeugte in Planung und Umsetzung durch exzellente Leistungen und liess den visionären Entwurf von Santiago Calatrava Realität werden.

Die Bauwerke von Santiago Calatrava und seiner Firma Calatrava Valls SA zeichnen sich durch eine skulpturale Formensprache und organische Architektur aus, die Kunst und Ingenieurwesen eindrucksvoll vereinen. Zu seinen ikonischen Werken zählen die Samuel Beckett Bridge in Dublin, das verdrehte Hochhaus «Turning Torso» in Malmö, die «Stadt der Künste und Wissenschaften» in Valencia sowie der markante Oculus-Bahnhof in New York.
Santiago Calatrava, 1951 in Spanien geboren, entdeckte Zürich im Alter von 18 Jahren und begann vier Jahre später sein Architektur- und Ingenieurstudium an der ETH Zürich. Mit 29 gründete er sein eigenes Architekturbüro und realisierte gemeinsam mit Arnold Amsler seine erste bedeutende Bauaufgabe: den Bahnhof Stadelhofen in Zürich. Es folgten international beachtete Projekte wie der Bahnhof Lyon-Saint-Exupéry, der Bahnhof Oriente in Lissabon und die World Trade Center Station in New York. Heute kehrt Calatrava mit dem «Haus zum Falken» nach Zürich zurück – ein Projekt in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof Stadelhofen. «Sich mit dem Haus zum Falken in die Reihe illusterer Gebäude rund um den Globus einzugliedern, erfüllt uns mit Stolz», betont Matthias Elmer, CEO der Aepli Metallbau AG.
Städtebaulicher Akzent
Das neue Geschäftshaus «Haus zum Falken» reagiert auf die komplexe Geometrie des Grundstücks zwischen städtischem Raum, dem Verkehrsknotenpunkt Stadelhofen und dem Bahnhof, den Santiago Calatrava bereits in den 1990er-Jahren realisierte. Unter der Leitung der AXA Anlagestiftung entstand ein Gebäude, das architektonische Exzellenz mit funktionalen Anforderungen vereint und einen neuen städtebaulichen Akzent am Stadelhofenplatz setzt. Auf einer Grundstücksfläche von 911 Quadratmetern umfasst das «Haus zum Falken» ein Volumen von 13984 Kubikmetern. Die vier Obergeschosse bieten rund 2000 Quadratmeter moderne Büro- und Ladenflächen. Im Untergeschoss verbessern 800 Veloabstellplätze die Infrastruktur für Pendlende und Anwohnende. Die herausragende Lage wird durch eine markante Glas-Metall-Fassade unterstrichen, die technisches Kunstwerk und Designelement ist. Sie verleiht dem Gebäude seinen unverwechselbaren Charakter und macht es zu einem futuristischen Wahrzeichen im Herzen Zürichs, das neue Massstäbe in der Fassadentechnologie setzt.
Die Glasvorhangfassade besteht aus acht Einzelflächen, die sich in komplexer Geometrie zu einer markanten, facettierten Gebäudehülle fügen. Die Fassadenhaut übernimmt dabei keine tragende Funktion.
Im Grundriss ergibt sich ein schmales, langgezogenes Dreieck. Der rund 19 Meter hohe Baukörper folgt dabei keinem einfachen, flächigen oder senkrechten Verlauf: Die beiden Längsseiten bestehen jeweils aus drei Einzelflächen: einer zentralen, nach innen geneigten Fläche sowie zwei äusseren Flächen in den Eckbereichen, die im Dachbereich auskragen und sich zum Boden hin zurücknehmen. Die Stirnseiten sind durch nach aussen gewölbte Flächen geprägt, die ebenfalls im Dachbereich auskragen.
An der breiteren Stirnseite laufen die beiden Fassadenkanten jeweils in einen spitzen Winkel zusammen, wobei der Abstand zum Boden ausreichend Raum für die Zirkulation der Passanten lässt. Auch an den Längsseiten verläuft die Fassade etwa in der Gebäudemitte in einen Spitz. Die westliche Stirnseite endet in einem spitz zulaufenden Punkt, der direkt auf dem Boden abschliesst.
Der Dachrand bildet eine durchgehende horizontale Linie, während die Fassade zum Boden hin in einer dynamischen Bogenform abschliesst. Besonders im Bereich der Zugänge schaffen die hohen Bögen Raum für Personenverkehr und Tageslichteinfall. Im zurückversetzten Erdgeschoss bildet eine Rundbogenverglasung den unteren Abschluss der Fassade, die zu den stirnseitigen Eingängen ausgerichtet ist und eine Höhe von 4,60 Metern erreicht.
1730 vertikale Pfosten
Die acht Fassadenflächen sind in vertikale Bänder unterteilt.Schmale Glasfelder mit einer Breite von 480 Millimetern werden von weissen Aluminiumprofilen eingefasst, die als vertikale Pfosten ausgeführt sind. Charakteristisch für die Glasvorhangfassade sind gestaffelte bzw. geschuppte Glasbänder und regelmässig angeordnete Pfosten, die das gesamte Gebäude umhüllen. Aufgrund der komplexen Geometrie war eine individuelle Fertigung von 1730 vertikalen Pfosten erforderlich. Insgesamt umfasst die Fassade rund 40000 Einzelbauteile.
Die unteren, bogenförmigen Abschlüsse der Fassadenelemente sind mit den darüberliegenden verbunden, während die Pfosten in den oberen Geschossen geschosshoch ausgeführt wurden. Im 4. Obergeschoss erhielten die Pfosten zusätzlich einen schrägen Rücksprung zum Dach hin. Der längste Pfosten misst 4200 Millimeter, der kürzeste etwa 80 Millimeter. Zur Steigerung der Montageeffizienz wurden die Fassadenelemente in Einheiten mit je fünf Pfosten und vier Glaselementen gefertigt. Diese Pfosteneinheiten sind horizontal über Riegel und Verbindungsstücke verbunden. Die vertikalen Pfostenprofile wurden von Aepli Metallbau aus Aluminium, die horizontalen Riegel aus Stahl gefertigt – zur Erfüllung statischer und schallschutztechnischer Anforderungen.
Die Glaselemente sind ausschliesslich im Structural-Glazing-Verfahren verklebt worden, mechanische Befestigungen wurden bewusst vermieden, um sichtbare Klammern zu verhindern und die klare Ästhetik der Fassade zu erhalten. Insgesamt wurden 1680 Gläser verbaut – jedes ein Unikat in Geometrie und Grösse. Das grösste Glaselement misst 4200 × 460 Millimeter.
Siebdruckveredelung
Für die 1800 Quadratmeter grosse Glasfassade lieferte BGT Bischoff Glastechnik – ein Unternehmen der Glas Trösch Gruppe – speziell konfigurierte Dreifach-Isolierverglasungen mit «Silverstar Combi Neutral 51/26»-Beschichtungen, die hohen Sonnenschutz mit effizienter Wärmedämmung vereinen. Zusätzlich kam die «Silverstar EN2plus T»-Schicht als ergänzender Wärmeschutz zum Einsatz, wodurch Ug-Werte von bis zu 0,5 W/(m²K) bei gleichzeitig hoher Lichttransmission erzielt werden konnten. Eine doppelte bis vierfache Siebdrucktechnik erzeugt auf der Fassadenoberfläche subtile Tiefenwirkungen. Der weisse Punktdruck auf der Aussenseite lässt das Glas aus der Distanz milchig erscheinen – einzelne Punkte sind dabei nicht mehr erkennbar. Auf der Innenseite besteht ein schwarzer Punktdruck.
Integration der Fassade in den Rohbau
Die Fassadenelemente hat Aepli so konzipiert, dass sie Toleranzen und Verformungen des Tragwerks aufnehmen, ohne die gestalterische Integrität zu beeinträchtigen. Jedes Fassadenelement ist am Element selbst sowie an der Unterkonstruktion fixiert, wodurch kontrollierte horizontale Ausdehnungen möglich sind. Deckenüberstände und präzise gesetzte Dilatationsfugen garantieren die langfristige Funktionsfähigkeit und Flexibilität der Konstruktion. Die thermische Beanspruchung durch unterschiedliche Sonneneinstrahlung sowie die Schwingungsübertragung vom benachbarten Bahnhof wurden besonders berücksichtigt.
Produktion direkt ab 3-D-Daten
Die gesamte Fassade wurde in enger Zusammenarbeit zwischen der Aepli Metallbau AG und der PBF Fassadentechnik AG ausschliesslich in 3-D geplant. Dank dieser Planung konnten komplexe Geometrien sowie die Details der Übergänge an Gebäudeecken, Dachrandanschlüssen und spitz zulaufenden Fassadenenden präzise umgesetzt werden. Um die Planungszeit für die 40 000 Einzelbauteile zu verkürzen, wurde eine spezielle Software entwickelt, die eine direkte Ansteuerung der Produktion über die 3-D-Daten ermöglichte. Michael Röthenmund, technischer Leiter bei Aepli Metallbau AG, hebt hervor: «Diese Innovation beschleunigte den Planungsprozess erheblich.» Trotz dieser Optimierung dauerte die Planungsphase rund 2,5 Jahre, während das gesamte Projekt von der Auftragserteilung bis zur Fertigstellung etwa vier Jahre in Anspruch nahm.
Die Umsetzung der komplexen Fassadengeometrie erfolgte durch Aepli Metallbau in gerüstloser Montage, die höchste Ansprüche an Planung, Logistik und Arbeitssicherheit erforderte. Das «Haus zum Falken» stellte in allen Phasen – von der digitalen Planung über die präzise Produktion bis zur termingerechten Montage unter schwierigen Baustellenbedingungen – eine aussergewöhnliche Herausforderung dar.
Mit einer herausragenden technischen Leistung hat Aepli Metallbau die visionäre Architektur von Santiago Calatrava erst möglich gemacht und in die Realität umgesetzt. «Die Firma Aepli hat gezeigt, dass technische Standardelemente des Fassadenbaus – wie die Elementfassade – weit mehr sein können: Sie haben mit ihnen ein Kunstwerk am Bau geschaffen», umschreibt Santiago Calatrava die Arbeit von Aepli. Die vollständige Fertigstellung des skulpturalen Bauwerks ist für Ende Oktober 2025 geplant, mit Bezug bis Jahresende.