Dynamisch geschwungen

Mit den von Wilkinson Eyre erneuerten Tribünen Compton und Edrich erhält der Londoner Lord’s Cricket Ground zusätzliche Kapazität in Anpassung an moderne Standards. Das Home of Cricket steht in London.

Compton & Edrich Stands  London

Von Morris Breunig (Text) und Hufton + Crow, Andrew Fosker, Jed Leicester, Peter Landers, Wilkinson Eyre, MCC (Bilder)

Das erste Spiel auf dem Lord’s Cricket Ground fand bereits 1787 statt, als der Geschäftsmann Thomas Lord ein neues Spielfeld in dem damals als Dorset Fields bekannten Gebiet errichtete. Nach einem zweimaligen Umzug – 1811 und 1814 – ist der Lord’s Ground seit über 200 Jahren an seinem heutigen angestammten Ort im Londoner St. John’s Wood. Michael Hopkins und Nicholas Grimshaw erschufen in den Achtzigerjahren die beiden Haupttribünen an den Längsseiten. Zur Cricket-WM 1999 folgte das markante Medienzentrum von Future Systems. Das Stadion war unter anderem bereits Gastgeber der Endspiele der ICC-Cricket-Weltmeisterschaft der Männer und Frauen. Im Jahr 2017 besiegten Englands Frauen im Finale Indien, und 2019 gewannen Englands Männer am selben Ort gegen Neuseeland. 1991 entstanden als Ersatz der 1924 gebauten «G» und «H» die nach den zwei ehemaligen Schlagmännern Denis Compton und Bill Edrich benannten Tribünen Compton und Edrich. Bis zum Beginn der Saison 2021 wurden diese durch Wilkinson Eyre im Auftrag des Eigentümers Marylebone Cricket Club (MCC) erneuert. Die bisherigen Tribünen erfüllten die zeitgemässen Standards nicht mehr, boten zum Beispiel in den unteren Rängen lediglich eine eingeschränkte Sicht.

Eine Kombination aus weiss lackierten, strahlenförmig angeordneten Stahlrippen, einer sichtbaren Holztragschale auf der Unterseite und einer weissen Stoffhaut bildet das Vordach.
Beide Tribünen zeichnen sich durch Offenheit und Geräumigkeit aus.

Harmonische Einheit
Die neuen Tribünen bilden eine harmonische Einheit mit dem Medienzentrum von Future Systems, indem sie dieses beidseitig flankieren, und fügen sich zugleich in eine Reihe von Gebäuden des Village-Green-Ambientes ein. Die Ersatztribünen fassen 11 600 Sitzplätze und erweitern die Kapazität des Stadions um 2600 Plätze auf 31 000. Sie bieten ausserdem Hospitality-Bereiche, neue Abfertigungshallen, Verkehrsbereiche mit Blick auf den Nursery Ground, Catering-Einrichtungen mit zwei Restaurants und zwölf gastronomischen Einrichtungen sowie dringend benötigte Toiletten am nordöstlichen Ende des Sta­dions.

Die neuen Tribünen bilden eine harmonische Einheit mit dem Medienzentrum von Future Systems.

Die neuen Tribünen haben deutlich verbesserte Sichtlinien und bestehen aus drei überdachten Rängen. Mit einer Höhe von 24 Metern sind sie nun die höchsten Tribünen des Stadions. «Wir wollten für die neuen Compton- und Edrich-Tribünen ein besseres Gefühl für Sporttheater schaffen. Die Tribünen, die viel mehr Fans am Spielgeschehen teilhaben lassen, sind nach dem dramatischen Indien-Test und dem äusserst erfolgreichen ersten The-Hundred-­Finale bereits zu einer sofort erkennbaren Kulisse auf der ganzen Welt geworden. Die rasche Akzeptanz durch die treuen Mitglieder und Besuchenden dieses berühmten Clubgeländes ist ein Beweis für die Stärke des Konzepts», sagt Sam Wright, Direktor bei Wilkinson Eyre.

In Wiederverwendung
Im Sinne der Nachhaltigkeit übernahm man neben den Sitzplätzen der abgerissenen Tribünen die Betonstruktur und die Terrassen der alten Tribünen, die zerkleinert und als Pfahlmatte für die neuen Stands verwendet wurden. Abbruchmaterial musste deshalb nur geringfügig entsorgt werden.

Die neuen Tribünen bieten unter anderem Hospitality-Bereiche, Catering-Einrichtungen mit zwei Restaurants und zwölf gastronomischen Einrichtungen.

Das Stahlgerüst der neuen Tribünen besteht aus grossen, wiedererkennbaren Säulen und doppelt hohen Säulengängen, die den Rhythmus der ursprünglichen Ziegelbögen der angrenzenden Mound-­Tribüne aufgreifen. Eine Kombination aus weiss lackierten, strahlenförmig angeordneten Stahlrippen, einer sichtbaren Holztragschale auf der Unterseite und einer weissen Stoffhaut bildet das Vordach. Dieses kontrastiert subtil zum futuristischen Me­dienzentrum aus Aluminium und korrespondiert mit den zeltartigen Formen des Stoffdachs der Mound-Tribüne. Die ursprünglichen weissen und grauen Sitzplätze sind in hellgraue Betontribünen eingebettet, unterteilt durch verglaste Bänder und zur Abgrenzung der ersten Sitzplätze von den Restaurants und Hospitality-Suiten.

Beide Tribünen zeichnen sich durch Offenheit und Geräumigkeit aus. Sie verfügen über klare Zugangswege und Orientierungshilfen, um die Zugänglichkeit sowie den Publikumsverkehr zu verbessern. Eine Brücke verknüpft zudem die beiden Haupttribünen, wodurch erstmalig ein Verbindungsgang ­zwischen allen Tribünen und eine beeindruckende Aussicht auf das Spielfeld ermöglicht wird. Compton und Edrich komplettieren den Lord’s Cricket Ground funktionell sowie gestalterisch. Willkommen im oft gehuldigten Home of Cricket.

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