Hotels und Restaurants – Ein Kommen und Gehen

Manuel Pestalozzi hat an der ETH Zürich Architektur studiert. Von 1997 bis 2013 war er Redaktor von «Architektur + Technik». In der Folge gründete er die Einzelfirma «Bau-Auslese», die sich der Informationsvermittlung widmet.

Manuel Pestalozzi
Manuel Pestalozzi hat an der ETH Zürich Architektur studiert. Von 1997 bis 2013 war er Redaktor von «Architektur + Technik». In der Folge gründete er die Einzelfirma «Bau-Auslese», die sich der Informationsvermittlung widmet.
Gastronomiebauten
Der Empfang von Gästen gibt der Architektur wichtige Impulse. Räume, die Spontanunterkünfte zum Schlafen oder Gelegenheit zur Bewirtung von Fremden bieten, existieren bestimmt schon seit der Erfindung der Urhütte. Immer hatten diese Einrichtungen die Funktion von Magneten, auch für die Ansässigen; Reisende bringen Neuigkeiten mit, Unbekannte wecken die Neugier.Wer für Gäste plant und baut, schafft Raum «auf Vorrat» und eine Intimsphäre für Menschen, über deren Gewohnheiten häufig wenig bis nichts bekannt ist. Deshalb spielen Stereotypen eine besonders wichtige Rolle. Grosse Restaurant- und Hotelketten sind auf präzis definierte Zielgruppen ausgerichtet. In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob es das ersonnene Menschen-Stereotyp überhaupt gibt oder ob er sich durch die für ihn geschaffenen Raumstereotypen erst definitiv herausbildet. Jedenfalls ist die Gastronomieplanung Spezialistensache: Erfahrene Planungsunternehmen jonglieren mit den Bedürfnissen der Betreiber und deren Vorstellung der angemessenen Betreuung. Star-Architekt Daniel Libeskind erdachte zwar die «schräge» äussere Form des Hotels im Einkaufszentrum West Side am Rande von Bern, von dessen Innern musste er aber die Finger lassen. Der anonyme Hotelplaner kam zum Zug. Trotz dem Zwang zum Stereotyp positionieren sich viele Gastronomiebetriebe als «speziell» auf dem Markt. Faktisch ist das Spezielle grösstenteils Staffage. Denn egal, wie exklusiv der Gast untergebracht zu sein wünscht, erwartet er primär ein Lavabo in erträglicher Reichweite, frische Lein- oder Tischtücher, robuste Fenstergriffe und Türschlösser.

Permanenz und Veränderung

Gäste sind nicht alle gleich. Sie teilen sich in zwei Hauptgruppen. Es gibt Stammgäste und solche, die eine flüchtige Erscheinung sind. Die einen lieben die Anonymität von Gastronomie-Betrieben, andere wünschen, erkannt und quasi als Teil des Betriebs anerkannt zu werden. Es ist eine heikle Sache, mit diesen parallelen und zugleich divergierenden Bedürfnissen nach Permanenz und Veränderung klarzukommen. Hier sollte sich im Idealfall eine Konvergenz zwischen dem Können der Gastronomie-Fachleute und der Planungsteams ergeben. Ich denke, dass gerade bei Hotels der Faktor Wandel in der Zeit eine Grösse darstellt, dessen Potenzial zu wenig bewirtschaftet wird. Nicht zuletzt in städtebaulicher Hinsicht: Bereist man als Tourist die Vereinigten Staaten, so trifft man gelegentlich in Stadtzentren auf alte, vernachlässigte, überdimensioniert wirkende Hotels, die nicht selten als Absteige für Sozialfälle vor sich hinvegetieren. Sie erzählen aus einer Zeit, in der ein ansehnlicher Teil der Bevölkerung in Hotels lebte. Vor dem Aufkommen des Automobils für jedermann gab es die «Residential Hotels», in denen ganze Familien monate- oder sogar jahrelang lebten. Als Wohnstätten, die gleichzeitig auch «flüchtige Gäste» aufnahmen, trugen diese Häuser zur Belebung von Innenstädten bei.

Architekturprofessor Paul Groth von der University of California, Berkeley, verfasste in den 1990er-Jahren eine Geschichte über diese Hotels, die dem Untergang geweiht scheinen. Und er erkannte in ihrem Konzept eine Chance, Stadtteile neu zu beleben. Einfache Hotelzimmer, so sein Argument, seien besser als Notunterkünfte oder Sozialwohnungen. Und in der Tat trifft der Hotelgast auf einen Betrieb, der eine Sozialsphäre und gleichzeitig Distanz bietet. Er verheisst eine ausgeglichene Mischung von Überwachung und individueller Freiheit. Vielleicht bräuchte es aus diesem Grund mehr kostengünstige, zentrale Hotels für eine teils permanente, teils transiente Kundschaft.

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