Hotels und Restaurants – Ein zweischneidiges Schwert

Szenige und preiswerte Übernachtungen in coolen Nachbarschaften mit Kontakt zu Einheimischen kann die Hotellerie bis jetzt noch nicht anbieten. Vermittlungsplattformen machen diese Tourismusform möglich. Deren Auswirkungen werden schon seit Jahren in internationalen Studien untersucht und diskutiert.

Ute Ziegler
Ute Ziegler, Innenarchitektin, M. A. Kunstgeschichte, ist wissenschaftliche Mitarbeiterin der Forschungsgruppe Innenarchitektur an der Hochschule Luzern  – Technik & Architektur.
Like-Home-Vermittlungsplattformen
Szenige und preiswerte Übernachtungen in coolen Nachbarschaften mit Kontakt zu Einheimischen kann die Hotellerie bis jetzt noch nicht anbieten. Vermittlungsplattformen machen diese Tourismusform möglich. Deren Auswirkungen werden schon seit Jahren in internationalen Studien untersucht und diskutiert. In der Summe gehören dazu in erster Linie die enormen Teuerungsraten von Mieten und Kaufpreisen für Wohnungen in gefragten Vierteln touristischer Destinationen, die zu einer Verdrängung von Einheimischen führen. Aber nicht nur der Wohnungsmarkt leidet unter dieser Entwicklung, sondern auch das Alltagsleben in den Quartieren verändert sich stark. Die Nahversorgung mit Lebensmitteln ist teilweise problematisch, weil sie einer hippen Gastronomie, einer Klubkultur und kleinen Läden mit einem exklusiven Angebot weicht, das auf die neuen Kurzzeitgäste zugeschnitten ist. Weitere Faktoren wie Lärmemissionen, die durch lärmende und spät zurückkehrende Gäste entstehen, führen dazu, dass die Akzeptanz gegenüber Touristen sinkt, und rufen ein Unbehagen bei den Einheimischen hervor, die sich aufgrund der wachsenden Massen bedrängt fühlen.Bei Airbnb lesen sich diese Auswirkungen anders als oben beschrieben. Die Plattform hat eigene Studien in Auftrag gegeben, die den positiven Einfluss der Community auf Grossstädte beschreiben. Laut diesen Studien wollen 91 Prozent der befragten Reisenden die Städte nicht wie Touristen, sondern wie Einheimische erleben. 79 Prozent wollen eine bestimmte Nachbarschaft erkunden, und 74 Prozent wollen ausserhalb der klassischen Hotelbezirke wohnen. Weiterhin ist zu lesen, dass Airbnb-Gäste 2,1-mal länger bleiben als typische Touristen und 2,1-mal mehr Geld ausgeben, davon 42 Prozent in dem Quartier, in dem sie wohnen. 81 Prozent der Gastgeberinnen und Gastgeber empfangen die Reisenden bei sich zu Hause und ergänzen damit ihr Einkommen. 53 Prozent geben an, dass sie so in ihrem Zuhause bleiben können und die Einnahmen für Miete und Lebensmittel ausgeben.

Was sich bei Airbnb so positiv liest, ist aus einem Teufelskreis entstanden, indem Mieterinnen und Mieter oft nicht ganz freiwillig selbst einzelne Zimmer untervermieten, um sich ihr Leben in der Innenstadt noch leisten zu können. Dieses sogenannte Home-Sharing spielt jedoch eher eine untergeordnete Rolle. Die Umwandlung ganzer Wohnungen oder Häuser in Wohngebieten für touristische Zwecke, die mit Gewinnabsichten in grösseren Dimensionen erfolgen, wird mittlerweile auch von Städten und Kommunen als problematisch angesehen. Laut Studien betrifft das mehr als 50 Prozent der aktuellen Angebote auf den Vermittlungsplattformen. Die Wohnungen werden oft als Zweitwohnungen angemietet oder gekauft und im professionellen Stil «kurzzeitvermietet». Damit entziehen sie der Bevölkerung den so dringend benötigten Wohnraum. Angeboten werden diese Wohnungen mit einem Flair des Privaten und Individuellen, als ob dort ein Einheimischer wohnen würde. Die Like-Home-Atmosphäre mit persönlicher Note steht im Gegensatz zu einem standardisierten Hotel, das in dafür ausgewiesenen Vierteln steht.

Für betroffene Quartiere, Städte und Gemeinden entstehen durch Steuerausfälle Schäden in Millionenhöhe, da Superhosts oft international agieren. Metropolen wie London, Paris, Amsterdam, Barcelona und Berlin haben bereits auf regulatorische Massnahmen gesetzt, um diese Entwicklungen einzudämmen, die Abgaben einzutreiben und die dauerhafte Zweckentfremdung zu verhindern. Aber auch die Hotellerie ist gefragt, um attraktive, zukunftsfähige Lösungen zu entwickeln, damit sie wieder interessanter für Gäste wird und wieder mehr Leute ins Hotel gehen. ●

(Visited 24 times, 1 visits today)

Weitere Beiträge zum Thema

up to date mit dem
Architektur+Technik Newsletter
Erhalten Sie exklusive Trends und praxisnahe Innovationen mit Architektur+Technik –direkt in Ihr Postfach.
anmelden!
Sie können sich jederzeit abmelden!
close-link