Lineare Verdichtung entlang Verkehrsachsen

Luzern Ost ist ein bedeutender Entwicklungsschwerpunkt im Kanton Luzern. Der Raum auf der Achse der Wirtschaftsräume Luzern und Zürich hat ein grosses Potenzial, das es zu nutzen gilt. Eine zielgerichtete Steuerung der Entwicklung ist deshalb eine vordringliche Aufgabe.

Zentraler Platz
Zentraler Platz mit den wie ein Origami gefalteten Asphaltflächen. (Foto vom September 2017)
Mall of Switzerland

Luzern Ost ist ein bedeutender Entwicklungsschwerpunkt im Kanton Luzern. Der Raum auf der Achse der Wirtschaftsräume Luzern und Zürich hat ein grosses Potenzial, das es zu nutzen gilt. Eine zielgerichtete Steuerung der Entwicklung ist deshalb eine vordringliche Aufgabe. Sie soll aus einer gesamtheitlichen, der Nachhaltigkeit verpflichteten Sichtweise erfolgen. Dazu ist eine Betrachtung erforderlich, die sich nicht an den Gemeindegrenzen orientiert, sondern den Raum als Ganzes sieht. Die Landschaft ist topografisch geprägt durch die längs ausgerichteten Hügelzüge Hundsrüggen und Dietschiberg – Rooterberg, die Flüsse Ron und Reuss und ebenso durch die Infrastrukturachsen der Autobahn, der Eisenbahn und der Kantonsstrasse.

Entwicklung unter dem Einfluss des Metropolitanraums Zürich

Für die Bevölkerung ist das Agglomerationszentrum Luzern Hauptbezugsort für Freizeit und Nutzung der kulturellen Einrichtungen. Die Menschen identifizieren sich emotional und kulturell mit der Stadt Luzern. Wirtschaftlich und funktional ist Luzern-Ost ebenso stark nach Zug und Zürich ausgerichtet. Diese Dualität ist für die Funktion und Ausrichtung von grosser Bedeutung. Bei den Entwicklungsschwerpunkten handelt es sich um stark veränderbare Gebiete meistens in der Nähe der S-Bahn-Haltestellen und der Zentren der Gemeinden. Hier wird die höchste Dynamik erwartet und ist auch erwünscht. Dabei stehen insbesondere Umstrukturierungen des Bestandes mit Nachverdichtung und Erneuerung im Vordergrund. Unterschiedliche Wohn- und Siedlungsformen sowie ein durchmischtes Arbeitsplatzangebot in einer hohen Dichte zeichnen diese sehr gut erschlossenen Räume aus. Siedlungen, Freiräume und Infrastrukturen sollen zudem eine hohe Gestaltungs- und Nutzungsqualität aufweisen. Höhere Häuser und Hochhäuser, um wichtige Merkpunkte im Stadtgefüge zu betonen, sind in diesen Räumen durchaus möglich.

Wichtiger Wirtschaftsstandort

Bereits heute sind international tätige Firmen in Luzern-Ost angesiedelt sowie einige der grössten Arbeitgeber der Zentralschweiz. Ebenso eröffnet im Herbst 2017 mit der Mall of Switzerland das grösste Shoppingcenter der Zentralschweiz seine Tore. Die Mall of Switzerland wird in Zukunft eine starke überregionale Bedeutung erlangen und regionale Funktionen in den Bereichen Versorgung, Freizeit und Kultur übernehmen. Die Einbettung und Anbindung dieses neuen Zentrums in die Region ist entscheidend, damit ein erfolgreiches Nebeneinander mit den regionalen Ortszentren möglich ist.

Übergeordnete Betrachtungsweise

All diese Themen, die mit Verdichtung zu tun haben, benötigen eine erhöhte Koordination aller Beteiligten. Einzelinteressen müssen sich in die Gesamtbetrachtung einfügen. Erst mit einer klaren gemeinsam anerkannten Zielformulierung, wie das der Masterplan oder das Leitbild tut, kann man bei Massnahmen und Ergebnissen erkennen ob es richtig oder falsch ist. Die Nutzungen, die Proportionen der Räume und deren Verhältnis zur Stadt müssen in jedem Fall sorgfältig abgewogen werden damit ein qualitätsvoller Städtebau entsteht.

Freiräume der Mall of Switzerland

Aufgabe war die Erarbeitung eines Freiraumkonzepts über alle Baubereiche. Das Ziel des Gesamtkonzeptes ist es, die einzelnen Bauvorhaben zusammenzubinden, in die Siedlung, Umgebung und die Landschaft einzugliedern. Das Projekt ist Ausdruck einer Verdichtung von Nutzungen, Funktionen, Menschen, Bauten und Verkehr. Primär wird auf eine gute Anbindung an alle Verkehrsträger grosser Wert gelegt. Fuss- und Radwege, Bus- und Bahnverbindung mit nahen Haltestellen, Anschlüsse an die Autobahn und Hauptstrasse mit kurzen Anfahrtswegen ermöglichen eine optimale Erschliessung. Den hybriden Bedürfnissen der Menschen wird in hohem Mass Rechnung getragen. Die Landschaftsarchitektur ist Ausdruck dieser Gesellschaft.

Zentraler Platz Ebisquare

Die Leitidee ist eine Abfolge von differenzierten Freiräumen entlang der Hauptstrasse, welche durch die Rontalallee linear zusammengebunden wird und mit Baumhain-Gebäude-Platz-Abfolge rhythmisiert wird. Ein grosses soziales Potenzial als Begegnungsort bietet der Platz im Zentrum, um den die Bauten mit unterschiedlichen Nutzungen angeordnet sind. Shopping-Center, Freizeitkomplex, Wohnüberbauung und das zukünftige Hotel werden vom Platz her erschlossen. Es ist der wichtigste öffentliche Freiraum mit einer eigenen Identität. Der offene Platz ist Treffpunkt, Durchgangs- und Aufenthaltsort. Aussenrestaurants unter Schattenbäumen beleben den Platz. Der Platz wird mit Sitzgelegenheiten ausgestattet und am Rand von Bauminseln gefasst. Eine grosszügige Fussgängerzone führt zur Bahnstation und verbindet in Querrichtung zum Rontal mit Langsamverkehrsachsen die Längsbänder untereinander. Der Belag des Platzes ist eine Abstraktion des Sandsteins vom anstehenden Moränenhügel. Aus den Farben und Formen des Felsens wurden farbige diagonale Asphaltflächen entworfen. In den Platzbereichen wird eine frei ausrichtbare dekorative Mastleuchte verwendet, sodass der Platzcharakter unterstrichen wird.

Dichte Begrünung mit Bäumen

Das Begrünungskonzept lehnt sich an die standorttypische Landschaft des Rontals an. Themen wie die ursprüngliche Geomorphologie sowie die einheimischen Wiesen und Wälder haben einen Einfluss auf die Gestaltung. Die Biodiversität und Vernetzung der Lebensräume in der Längsrichtung, aber auch in der Querung des Rontals werden durch gezielte Massnahmen gefördert. Für die Bepflanzung mit rund 200 Bäumen wird der Baumhain mit Naturwald des Mittellandes als Referenz verfolgt. Alle Grünflächen werden mit einheimischen Blumenwiesen angesät. Die Dachlandschaft als fünfte Fassade ist von den flankierenden Hügeln einsehbar. Deshalb werden die Flachdächer mit unterschiedlichen extensiven Wiesenhügeln begrünt. Das Regenwasser wird in grossen unterirdischen Kanälen zurückbehalten und retentiert. Es wird dosiert in die Gewässer geleitet, sodass keine erhöhte Überschwemmungsgefahr besteht. Die Luftfeuchtigkeit und Temperatur im Siedlungsraum wird ausgeglichen. Die Begrünung wirkt auch als Staubfilter. Rund 43 500 Quadratmeter, also 55 Prozent der Gesamtfläche des Areals, sind begrünt und bieten Lebensraum für Tiere und Pflanzen.

Ausblick und Weiterentwicklung

Auf der offenen Seite braucht der Platz einen räumlichen Abschluss mit dem geplanten Hotel und dem dazugehörigen Freiraum. Der Platz muss von der Bevölkerung angenommen, sinnvoll genutzt werden und somit vorhandene Bedürfnisse erfüllen. Das öffentliche Leben des Quartiers soll sich auf dem Platz etablieren, die Platzgrösse und die Diversität der Nutzungen müssen sich bewähren.

Der vorliegende Artikel gehört zur Reihe «Verdichtet bauen», einer Zusammenarbeit von «Architektur +Technik», Creafactory, Agentur für Marketing und Kommunikation, und der HIG Immobilien Anlage Stiftung.

Zentraler Platz
Luftbild auf das Rontal mit der Mall of Switzerland. (Entwurf vom Februar 2015)
Zentraler Platz
Das mit Sträuchern begrünte Dach der Mall. (Visualisierung vom Januar 2015)
Christoph Fahrni
Christoph Fahrni ist Landschaftsarchitekt und Geschäftsführer bei fahrnilandschaftsarchitekten. Er arbeitet als Projektleiter in der Objekt- und Stadtplanung.
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