Städtebau – Die Bedürfnisse einer wachsenden Stadt

Unser aktuelles Dossier beschäftigt sich mit dem Städtebau, wobei das Thema Hochhäuser im Mittelpunkt steht. Über die Problematik in der Stadt Zürich haben wir mit Stadtrat André Odermatt, Vorsteher des Hochbaudepartements der Stadt gesprochen.

Dr. André Odermatt
Dr. André Odermatt studierte Geografie und Geschichte. Nach Abschluss seiner Dissertation war er an der Universität Zürich in der Abteilung Wirtschaftsgeografie tätig und unterrichtete zusätzlich an verschiedenen Mittelschulen Geografie. Von 1995 bis 2010 war André Odermatt Gemeinderat der Stadt Zürich. Seit 2010 ist er Stadtrat und Vorsteher des Hochbau-Departements der Stadt Zürich.
Hochhausbau in Zürich
Von Uwe Guntern (Interview) und Bilder zur Verfügung gestellt
Unser aktuelles Dossier beschäftigt sich mit dem Städtebau, wobei das Thema Hochhäuser im Mittelpunkt steht. Über die Problematik in der Stadt Zürich haben wir mit Stadtrat André Odermatt, Vorsteher des Hochbaudepartements der Stadt gesprochen.Die Auffassung, was ein Hochhaus ist, ist meist individuell. Wann wird aber offiziell ein Gebäude als Hochhaus bezeichnet?

Laut kantonalem Planungs- und Baugesetzt spricht man ab über 25 Meter Höhe offiziell von einem Hochhaus, feuerpolizeilich beginnt es bei 30 Meter. Vermutlich würde aber kaum jemand ein Gebäude dieser Höhe als Hochhaus bezeichnen. Als Hochhaus wahrgenommen wird ein Haus erst, wenn es deutlich höher ist als die umliegenden Gebäude. Dann entfaltet es seine Wirkung, indem es als Wegweiser, als Leuchtturm oder als genereller Mehrwert für ein Quartier dient.

Und welchen Stellenwert haben Hochhäuser in der Stadt Zürich?

Hochhäuser erleben in der Stadt Zürich seit einigen Jahren ein Revival, sei es als Wohn- oder Bürotürme. Dies hat mehrere Gründe: Einerseits wächst die Bevölkerung der Stadt Zürich auch in den nächsten Jahren weiter. Andererseits ist Zürich auch als Arbeitsstandort attraktiv. Nach der Transformation der letzten ehemaligen Industrie-Areale wird es in Zürich keine grossen Landreserven mehr geben. Hochhäuser sind eine Möglichkeit, den vorhandenen Platz optimal zu nutzen. Hinzu kommt, dass Hochhäuser den modernen Wohn- und Büroansprüchen entsprechen. Keine einfache Aufgabe, denn die architektonische Gestaltung eines Hochhauses muss im Kanton Zürich nicht nur eine «befriedigende» oder «gute» architektonische Gestaltung aufweisen, sondern sogar das Prädikat «besonders gut» erreichen.

Waren Hochhäuser immer Bestandteil von Zürichs Stadtbild?

Immer natürlich nicht, aber sie sind auch nicht ganz neu. Die vier Hardau-Hochhäuser im Quartier Aussersihl wurden zum Beispiel bereits zwischen 1976 und 1978 erbaut. Noch heute zählen sie zu den höchsten Gebäuden der Stadt. Wie gesagt entstanden in den letzten Jahren aber wieder vermehrt Hochhäuser. So zum Beispiel der Prime Tower in Zürich-West, der bis vor Kurzem das höchste Gebäude der Schweiz war und mittlerweile zu einem Wahrzeichen von Zürich geworden ist. Auch weitere geplante oder sich im Bau befindende Gebäude wie die beiden Hochhäuser des «Ensemble»-Projekts in Zürich-West oder das Projekt Vulcano in Altstetten zeigen, dass Hochhäuser zwar zu einer Stadt gehören, sie aber auch für Diskussionen sorgen können.

Sie haben die besonders gute architektonische Gestaltung angesprochen. Was bedeutet dies?

Das Planungs- und Baugesetz des Kantons Zürich (PBG) legt fest, dass Hochhäuser ortsbaulich einen Gewinn bringen und architektonisch besonders sorgfältig gestaltet sein müssen. Das Gesetz konkretisiert dies aber nicht weiter. Davon betroffen sind jedoch beispielsweise Aussenraum, Erdgeschoss, architektonische Qualität oder Öffentlichkeitsbezug. Das städtische Hochbaudepartement begleitet die städtebauliche und architektonische Planung eines Hochhauses sehr eng, angefangen mit der Beurteilung des Standorts durch das Baukollegium. Erst wenn dieses den Standort als geeignet einstuft, kann es mit der Planung weitergehen. Die Qualität der architektonischen Gestaltung kann entweder über das Baukollegium oder einen Architektur-Wettbewerb sichergestellt werden. Einen wichtigen Beitrag leisten zudem die Beratungsangebote des Amtes für Städtebau und des Amtes für Baubewilligungen.

Wo ist dies besonders gut gelungen?

Nehmen wir den Andreasturm, der aktuell in Oerlikon direkt an den Gleisen errichtet wird. Wenn er 2018 fertiggestellt ist, verbindet er die unterschiedlichen Ebenen der Gleise mit der Andreasstrasse und markiert als Wegweiser das nördliche Ende des Bahnhofs. Zudem bietet das Gebäude publikumsorientierte Nutzungen im Erdgeschoss, die einen Mehrwert darstellen für Berufstätige und Studierende, die sich rund um die Andreasstrasse bewegen.

Die Stadt Zürich hat aber noch zusätzliche Hochhaus-Richtlinien. Wozu sind diese notwendig?

Die 2001 eingeführten Richtlinien für die Planung und Beurteilung von Hochhausprojekten definieren für die Stadt Zürich drei Typen von Hochhausgebieten, die Rücksicht auf den jeweiligen Kontext nehmen. In diesen Gebieten kann ein Hochhausprojekt auch ohne Gestaltungsplan realisiert werden, solange eine bestimmte Höhe eingehalten wird und die erhöhten Anforderungen erfüllt werden. Dieses Vorgehen kam beispielsweise beim Andreasturm zum Zug. Daneben gibt es natürlich auch Gebiete, die weniger für den Hochhausbau geeignet sind: beispielsweise Gebiete mit kleinteiligen Bebauungsstrukturen oder die Altstadt. Es steht nun aber eine Überarbeitung dieser Richtlinien an.

Wieso braucht es diese Überarbeitung?

Das Hochhaus als Bautypus hat in den letzten Jahren in der Schweiz, besonders aber in Zürich, wieder an Bedeutung gewonnen. Die aktuellen Richtlinien stammen aber wie gesagt aus dem Jahr 2001. Aus diesem Grund ist es mir und auch dem Amt für Städtebau ein Anliegen, die Hochhaus-Richtlinien zu aktualisieren. Dies besonders auch unter der Prämisse der Verdichtung. Dies bedeutet, die Richtlinien mit den aktuellen Wachstumsprognosen und den damit verbundenen planerischen Überlegungen – insbesondere dem kommunalen Richtplan – abzugleichen. Bei der Überarbeitung werden die Hochhausgebiete sowie deren Höhen und Zonen überprüft und allenfalls angepasst. Auch wie die Stadt den Begriff «ortsbaulicher Gewinn» definiert gilt es zu überprüfen. Kurzum ist das Ziel, die Hochhaus-Richtlinien an die Bedürfnisse unserer wachsenden Stadt anzupassen: städtebaulich, architektonisch und stadträumlich.

«Das Hochhaus als Bautypus hat in den letzten Jahren in der Schweiz wieder an Bedeutung gewonnen.»
«Ziel ist es, die Hochhaus-Richtlinien an die Bedürfnisse unserer wachsenden Stadt anzupassen.»
The metropolitans
Die beiden Wohnhochhäuser «The metropolitans» im Leutschenbach-Quartierbach.
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