Klimagerechtes Low-Tech-Haus

Die Bauherrschaft wollte auf ihrer neu erworbenen Parzelle in Birgisch im Wallis ein Haus bauen, das den neuesten ökologischen Erkenntnissen gerecht wird. Architekt Daniel Giezendanner konnte ihre «anspruchsvollen» spartanischen Wünsche in die Tat umsetzen.

Einfamilienhaus Birgisch
Einfamilienhaus Birgisch

Die Bauherrschaft machte sich im Vorfeld viele Gedanken darüber, wie ihr neues Zuhause aussehen sollte. Fest stand, dass es ein ökologisches, nachhaltiges Wohnhaus werden sollte. Zur Debatte stand, ob man mit Strohballen gedämmte Wände, Stampflehmwände, Holzständerwände, Vollholzwände, eine Heizung mit Holz oder Sonne oder gar eine kontrollierte Lüftung in Betracht ziehen wollte.

Zusammen mit dem Architekten Daniel Giezendanner entstand schliesslich ein Haus, das ganz ohne kontrollierte Lüftung und konventionelle Heizung auskommt. «Wer Frischluft braucht, öffnet das Fenster. Die Wärme bringen die Sonne, die Menschen und zwischendurch ein Feuer ins Haus», erläutert der Bauherr.

Solares Direktgewinnhaus

Der reich besonnte Südhang über dem Rhonetal bot dem Architekten die perfekte Ausgangslage für ein solares Direktgewinnhaus. Um bestmöglich von der Sonneneinstrahlung und der spektakulären Aussicht zu profitieren, wurde das Haus quer zur Parzelle errichtet, wie ein Schiff, das nur temporär in Birgisch anzulegen scheint. Damit drückt der Architekt das Bestreben der Bauherren aus, den Eingriff in Natur und Landschaft so gering wie möglich zu halten.

Um bestmöglich von der Sonneneinstrahlung und der spektakulären Aussicht zu profitieren, wurde das Haus quer zur Parzelle errichtet.

KlimagerechtesLow-Tech-Haus

So viel Technik wie nötig

Die ins Dach integrierte knapp 60 Quadratmeter umfassende Photovoltaikanlage versorgt das Wohnhaus mit Solarstrom. Sie bereitet Warmwasser über einen mit Luft und Wasser betriebenen Wärmepumpenboiler auf und liefert Strom für Haushalt und Elektroauto. Der überschüssige Strom wird ins öffentliche Netz eingespeist. «Bei einer erwarteten Jahresproduktion von circa 10 000 kWh und einem Verbrauch von etwa 6000 kWh würde das einem 182-Prozent-Plus-Energiehaus entsprechen», erläutert der Bauherr stolz.

Grossflächige Fenster bringen viel Wärme und Licht in die Räume. Im Inneren stellt das Gebäude genügend aktive Masse für die Speicherung der Sonnenwärme zur Verfügung. Diese Wärme hilft, Schlechtwetterphasen zu überbrücken, sodass der kleine Stückholzofen nur an wenigen Tagen zum Heizen eingesetzt wird.

Indem sich das Wohnhaus am Hang ausrichtet, wurden gleich mehrere Vorteile vereint. Die Besonnung ist sowohl für die Solaranlage als auch die Erwärmung im Inneren ideal. Als Wärmespeicher dienen der dunkel eingefärbte Gussboden, der Lehm in den Wänden und die Kalksandsteine in der Decke

So wenig Technik wie möglich

Abgesehen vom Solardach, kommt das Wohnhaus im sonnenverwöhnten Kanton Wallis fast ohne Technik aus. Mit dem Verzicht auf eine kontrollierte Lüftung und auf Geräte wie Dampfabzug, Abwaschmaschine und Tumbler wird zusätzlich Energie gespart. Hingegen sorgen ökologische Baustoffe und ein Regenwasserspeicher für ein rundum nachhaltiges Zuhause.

Als Wärmespeicher dienen der dunkel eingefärbte Gussboden, der Lehm in den Wänden und die Kalksandsteine in der Decke. Die eng angeordneten Balken sind auf das Mass der darauf liegenden Kalksandsteine ausgerichtet und erhöhen die Speicherfähigkeit um das Vierfache gegenüber einer glatten Holzdecke. Sie sorgen für eine hervorragende Raumakustik und dank dem naturbelassenen Holz für ein angenehmes Raumklima. Zusätzlich dienen die Aussenwände sowie die mit Lehmsteinen ausgefachten und einem Lehmputz versehenen Zwischenwände als Speichermasse.

Der Boden im Bereich der Zimmer ist mit Schafwolle gedämmt. Raumhohe Türen und zwei Luftklappen verbessern die Luftzirkulation und die Wärmeverteilung in den Räumen. Das Wasser und das Warmwasser für WC, Waschmaschine und Gartenbewässerung werden dem 5000-Liter-Sammeltank entnommen.

Eine intelligente Ausrichtung

Die Ausrichtung des Wohnhauses prägt auch die Innenarchitektur. Eine auf der Mittelachse liegende Längswand teilt das eingeschossige Volumen in zwei Bereiche: Die südliche, der Sonne und der Aussicht zugewandte Hälfte ist ein einziger Raum, der an der Fassade entlang führt, während die nördliche Hälfte durch Querwände schottenartig in drei Zimmer, Eingangsbereich und Bad unterteilt ist. Die Längswand wird unterhalb des Hauses weitergeführt, wodurch eine ähnliche Raumsituation entsteht: Nordseitig im Hang vergraben liegen die Kellerräume und südlich davon als Pendant zum Wohnraum ein gedeckter Aussenbereich. Eine an der Dachstruktur aufgehängte, schmale Veranda führt entlang der Nord-und der Südseite, um sich auf der Westseite zu einer grosszügigen Terrasse auszuweiten. Von dort aus wird über eine hochziehbare Treppe der Raum unter dem Satteldach zugänglich gemacht, der als grosszügiger Stauraum dient. Auf diese Weise entsteht trotz des kompakten, gedämmten Volumens rund um das Haus eine Vielfalt an unterschiedlich nutzbaren räumlichen Situationen.

Die Materialisierung und die architektonische Ausformulierung lassen den Bau in seiner Erscheinung zwischen Wohn-und Ökonomiegebäude schwanken, und das Haus wird mit der Zeit, wenn das Holz etwas nachgedunkelt ist, zu einem selbstverständlichen Teil seiner Umgebung werden.

Bautafel

Architektur Daniel Giezendanner
Konstruktion Holzbauweise mit Verwendung von schonend und bei abnehmendem Mond gefällten, mehrere Hundert Jahre alten Bäumen
Raumangebot Bruttogeschossfläche beheizt: 124 m², unbeheizt: 168 m²
Anzahl Zimmer 4,5
Bodenbeläge Bodenriemen, Dämmung, Holzfaserplatte Pavatex, Kalksandstein, Balkenlage
Wandbeläge Aussenschalung Falzbrett Lärche, Hinterlüftungsrost, Holzfaserplatte, Dämmung, Luftdichtigkeitsschicht Zellulose, Massivholzelement Truberholz
Technik Heizung über solaren Wärmeeintrag, ergänzt durch einen Stückholzofen, Strom über PV, Warmwasseraufbereitung über Luft-Wasser-Wärmepumpenboiler, betrieben mit Solarstrom

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