Auf dem Weg zum klimaneutralen Stadtquartier
In Basel entsteht mit dem Klybeck-Areal ein neues Stadtquartier, das dereinst vollständig mit erneuerbarer Energie versorgt werden soll – aus dem Rhein, dem Untergrund und der Sonne. Ein innovatives Konzept, das weit über Basel hinaus als Leuchtturmprojekt dienen könnte.

Es ist das grösste städtebauliche Entwicklungsprojekt in Basel: Das Klybeck-Areal. Wo früher die beiden Konzerne BASF und Novartis jahrzehntelang produziert haben, werden künftig circa 10 000 Menschen wohnen und 6000 neue Arbeitsplätze entstehen. 2019 kaufte Swiss Life den Arealteil der BASF, um dort Wohn- und Arbeitsraum für Basel zu schaffen. Der Arealteil von Novartis wurde ebenfalls 2019 an die Immobilienentwicklerin Rhystadt (ein Konglomerat aus Pensionskassen, Anlagestiftungen und Versicherungen) verkauft. Seitdem laufen die Planungen für die Transformation des rund 300 000 Quadratmeter grossen Areals auf Hochtouren. In Zusammenarbeit der drei Planungspartner Swiss Life, Rhystadt und Kanton Basel-Stadt entsteht im Klybeck-Areal künftig ein durchmischter und nachhaltiger Stadtteil. Um Nachhaltigkeit im Projekt zu verankern, hat Climatch, eine Tochter von Swiss Life, für den Arealteil von Swiss Life ein innovatives Energie- und Versorgungskonzept entwickelt, das neue Massstäbe in Sachen Klimaschutz und Energieversorgung setzt. Bei Bedarf liesse sich dieses Konzept auch auf benachbarte Areale erweitern.
Energieversorgung neu gedacht
Statt auf fossile oder biogene Brennstoffe setzt das Energiekonzept auf Sonnenkraft, Rheinwasser sowie Wärme und Kälte aus dem Untergrund. Das Rheinwasser fliesst tagtäglich in grosser Menge mitten durch Basel und bringt ein riesiges Potenzial an Energie mit. Und dem Untergrund kommt eine besondere Bedeutung zu, weil Wärme und Kälte monatelang in ihm gespeichert werden können. Die Solarenergie wird mittels Photovoltaik-Anlagen auf Dächern und an Fassaden gesammelt, was eine Stromproduktion bei hohem und bei tiefem Sonnenstand ermöglicht.
Durch Nutzung dieser lokalen Ressourcen – und insbesondere indem die Produktion von Strom und Wärme miteinander gekoppelt und intelligent vernetzt wird – kann ein Quartier nahezu CO₂-frei versorgt werden. Dies ist eine wichtige Erkenntnis im Hinblick auf den Klimawandel und entspricht dem ambitionierten Netto-Null-Ziel des Kantons Basel-Stadt, welches die Stimmbevölkerung 2022 beschlossen hat. Das Ziel verpflichtet per Kantonsverfassung, den Ausstoss an Treibhausgasemissionen bis 2037 auf Netto-Null zu senken.
Saisonale Energiespeicherung für nachhaltigen Komfort
Das Herzstück des Energie- und Versorgungskonzepts ist die sogenannte Rhein-Zentrale, die dem Rhein mittels Wärmetauscher Energie entziehen und in ein sogenanntes Anergienetz einspeisen soll. Als Anergienetz wird ein Leitungsnetz bezeichnet, das Wärme auf niedrigem Temperaturniveau transportieren kann. Von dort gelangt die Umweltwärme in dezentrale Clusterzentralen, wo Wärmepumpen sie auf die nötige Temperatur anheben.
Als weitere Energiequelle sind Erdsondenfelder im Untergrund geplant. Diese Geothermie-Speicher nehmen im Sommer überschüssige Wärme auf und stellen diese im Winter zum Heizen wieder zur Verfügung. So kann die Energie saisonal gespeichert und über die Jahreszeiten hinweg effizient genutzt werden. Konkret wird dem Boden im Winter Wärmeenergie entzogen, was den Boden auskühlt, sodass die Gebäude im Sommer mit der Kälteenergie aus dem Untergrund gekühlt werden können. Dies ist nicht nur komfortabel, sondern auch praktisch, denn die daraus entstehende Abwärme wird in den Erdsondenfeldern unter den Gebäuden eingespeichert und kann im Winter wieder genutzt werden, um die Gebäude zu heizen.
Intelligente Vernetzung
Zusätzlich sollen die Photovoltaik-Anlagen auf den Dächern und an den Fassaden das Quartier unabhängiger von der externen Stromversorgung machen, da die Stromproduktion zu grossen Teilen lokal erfolgt. Das Projekt überzeugt darüber hinaus durch seine intelligente Vernetzung: Ein eigenes Mittel- und Niederspannungsnetz sowie ein Glasfasernetz bilden die technische Infrastruktur für ein intelligentes und flexibles Energiesystem. Der Sektorkopplung Strom zu Wärme und Kälte sind damit auf einem schweizweit einmalig grossen Perimeter keine Grenzen gesetzt. Mietende und Gewerbetreibende profitieren dabei doppelt: Sie können ihren Telekom-Anbieter frei wählen und erhalten Zugang zu einem sicheren, lokal gesteuerten Versorgungsnetz.
Klimaneutralität als Modell für die Stadt von morgen
Das Konzept beinhaltet somit nicht nur einen massgeblichen Beitrag zum Klimaschutz, sondern auch Versorgungssicherheit, Unabhängigkeit von fossilen Importen, faire Energiepreise und höchste Energieeffizienz. Dank dem integrierten Energie- und Versorgungskonzept wurde der Teil der Swiss Life des Klybeck-Areals in Basel nach dem «Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz» (SNBS-Areal) vorzertifiziert. Damit wurde der strategische Grundstein für eine nachhaltige Arealentwicklung gelegt.
Das Klybeck-Areal zeigt eindrücklich: Klimaneutrale Stadtentwicklung ist keine Vision mehr, sondern Realität. Das Zusammenspiel aus Rheinwasser, Erdsondenspeichern und Solarstrom erlaubt eine lokal verankerte, technologisch innovative und ökologisch durchdachte Energieversorgung. Was hier entsteht, ist mehr als ein neues Quartier. Es ist ein neues Verständnis davon, wie man in Städten leben, arbeiten und mit Energie umgehen kann. In der ganzen Schweiz – und darüber hinaus. ●

