Doppelgekrümmte Textilbeton-Fassade
Mit Textilbeton lassen sich spektakuläre Fassaden einfacher und effizienter gestalten.

Korrosionsbeständiges Material
Textilbeton ist ein Verbundwerkstoff, der aus einer Betonmatrix und Hochleistungsfaserstoffen, wie zum Beispiel Carbon, besteht. Zur Herstellung der textilen Bewehrung werden aus unzähligen Endlos-Filamenten zunächst Faserstränge und schließlich textile Gelege mit einem Gitter in der gewünschten Maschenweite erzeugt. Die textile Bewehrung wird mittels unterschiedlicher Verfahren schließlich in einen Feinbeton eingebettet. Seit Mitte der 1990er-Jahre wird der Werkstoff an den Universitäten in Dresden und Aachen erforscht und weiterentwickelt. «Das korrosionsbeständige Material kommt mit einer sehr geringen Betondeckung aus, bietet dabei eine extrem hohe Tragfähigkeit und eine lange Lebensdauer. Aufgrund der Wandstärken von nur wenigen Zentimetern ermöglicht Textilbeton die Herstellung extrem leichter und schlanker Bauteile», erklärt Gözdem Dittel, wissenschaftliche Mitarbeiterin des ITA der RWTH Aachen University. Penn Textile Solutions bringt Glasfasern in die elastische Ware ein und erhöht so die Flexibilität des Geleges. Im Rahmen des Forschungsprojekts hat das ITA Materialprüfungen, Auswertungen und Beschichtungsversuche an den von Penn Textile Solutions zur Verfügung gestellten textilen Flächen durchgeführt. «Die Kraft aufnehmende Faser des Geleges lag dabei stets fadengerade im Bogen. Unsere schlimmsten Befürchtungen bestätigten sich damit nicht», erläutert Gözdem Dittel die Herausforderung während der Materialprüfungen. Um Kräfte in beide Richtungen aufnehmen zu können, wurden zwei Gelege in unterschiedlichen Richtungen übereinandergelegt. Anschließend wurden die Gelege verharzt und in Beton gegossen. Das Projektergebnis stellt eine Demonstrator-Fassade aus 12 filigranen Textilbeton-Fassadenelementen dar. Die Fassade mit den Maßen 4,83 × 2,42 × 0,03 m wiegt rund 200 kg weniger als ein entsprechendes Stahlbetonpendant und ist im Betonteilfertigwerk des Unternehmens Stanecker, das unter anderem an der Realisierung des Elbphilharmonie-Daches beteiligt war, ausgestellt. Die Betonspezialisten zeichnen für die Entwicklung des dazugehörigen Produktionsprozesses verantwortlich.
Die neu entwickelte Textilbeton-Fassade ist auch deshalb substanziell, weil Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit im Bauwesen immer mehr an Bedeutung gewinnen. Textilbeton ermöglicht eine nachhaltige Bauweise. Weil im Inneren der Betonteile kein Stahl mehr verbaut wird, der mittels viel Beton vor Korrosion geschützt werden muss, wird weniger Baustoff benötigt. Zudem ermöglichen die schlankeren Textilbetonbauteile mehr Nutzfläche in den Gebäuden. Für den Trend hin zu einer monolithischen Bauweise mit einem einzigen Material, das sowohl Lastabtrag als auch Wärmedämmung übernimmt, bietet Textilbeton ebenfalls neue Möglichkeiten. ●
