Infrastruktur – Städtische Insel der Stille

Beim Neubau des Gemeindepavillons im Basler Quartier Kleinhüningen galt es, im kirchlichen Kontext das angemessene architektonische Verhalten auszuloten. Entstanden ist ein Kleinod, welches das Areal zu einer städtischen Insel der Stille und Besinnung vollendet.

Kleinhüningen
Der Pavillon zeichnet sich aus durch eine einfache, klare Formensprache.
Von Lukas Bonauer (Text) und Peter Schulthess (Bilder)
Hinter der Dorfkirche im Basler Quartier Kleinhüningen ist er zu entdecken: der neue Gemeindepavillon mit seiner dezenten, auf den Ort abgestimmten Erscheinung.

Beim Neubau des Gemeindepavillons im Basler Quartier Kleinhüningen galt es, im kirchlichen Kontext das angemessene architektonische Verhalten auszuloten. Entstanden ist ein Kleinod, welches das Areal zu einer städtischen Insel der Stille und Besinnung vollendet. Der Gemeindepavillon bildet mit der Dorfkirche ein Ensemble. Er zeichnet sich durch eine dezente, auf den Ort abgestimmte Erscheinung und durch seine Nutzungsvielfalt aus.Kleinhüningen ist ein Quartier im Norden Basels und war bis zur Eingemeindung Anfang des 20. Jahrhundert ein eigenständiges Dorf. Zur Gründungszeit lagerte Attila der Hunnenkönig mehrmals in der Gegend der Wiesenmündung. Er gilt der Legende nach als Gründer von Kleinhüningen. Zum Quartier zählt heute das Gebiet nördlich der Wiese. Die Historie des Quartiers wird insbesondere von der unmittelbaren Umgebung der Dorfkirche gespiegelt: Fischerhäuser, das alte Schulhaus, ein Bauernhaus. Weiter dahinter beginnt das Hafengebiet mit seinen Industriebauten.

Das Kirchenareal selber ist ein durchgrünter Stadtraum – begrenzt durch ein 60 m hohes Betonsilo. Dazwischen spannt sich ein kleiner Platz mit Brunnen und Bänken auf, der sich ausweitet zu einer parkähnlichen Umgebung. Die Sonne scheint durch die Bäume, eine verwunschen anmutende Insel, eine Idylle inmitten der alltäglichen Betriebsamkeit. In dieser ausgewiesenen Schutzzone – in unmittelbarer Nähe des eingetragenen Denkmals Barockkirche – war der Standort des Pavillons zu prüfen. Einerseits war eine örtliche Konzentration kirchlicher Angebote erwünscht – mitunter als Reaktion auf den Mitglieder- und Ressourcenschwund. Andererseits befand sich das zu ersetzende Kirchgemeindehaus, das seit Längerem baufällig war, nicht in Arealsnähe und wies daher eine zu grosse Distanz zur Kirche auf.

Die von der BRI-Architekten AG durchgeführte Machbarkeitsstudie evaluierte den besten Standort des zur Debatte stehenden Neubaus. Einbezogen wurde dabei nebst der Denkmalpflege und der Stadtgärtnerei (Baumschutz) auch die archäologische Bodenforschung, da das Areal einst für einen Friedhof genutzt worden war.

Das städtebauliche beziehungsweise architektonische Konzept, den Baukörper in seiner Stellung wie auch Gestalt zurückhaltend erscheinen zu lassen, überzeugte die Denkmalpflege. So ist der Neubau vom eigentlichen Strassenraum aus nicht zu sehen und wartet im Rücken der Kirche – zusammen mit dem kleinen Park als Ort der Stille und Besinnung – immer wieder von Neuem darauf, entdeckt zu werden.

Seine äussere Gestalt prägen eine einfache, aber auf den Ort abgestimmte Formensprache, Materialisierung und Farbgebung. Während sich die Holzhaut auf den Baumbestand, auf die Stämme, auf die Rinde bezieht, nehmen die Metallbauteile die Farbgebung der Kupferelemente auf, die bei der Kirche verwendet worden waren. Auch mit seinen seitlichen Fassadenknicken reagiert das Volumen auf die Umgebung. Es ist präzise zwischen bzw. unter die beiden geschützten Ahornbäume eingepasst.

Das bestehende Platz- und Wegsystem gliedert die Umgebung. Nur geringfügige Anpassungen (etwa durch Ersatzpflanzungen) an den Grünflächen waren notwendig. Zur Kirche hält das Volumen einen ausgewogenen Abstand, um den Platz dazwischen so zu fassen, dass der Umgebungsschutz gewährt bleibt und ein intimer, kontemplativer Aussenraum entsteht. Darauf aus richtet sich der Pavillon beziehungsweise sein Hauptinnenraum, der Saal, mit einem raumbreiten, raumhohen Schiebefenster, um sommers die Saalfläche bis unter den freien Himmel zu erweitern. Weitere Öffnungen wie Lüftungsflügel und Küchenfenster bleiben hinter der Fassadenkonstruktion verborgen.

Der Pavillon organisiert seinen Grundriss anhand der Längsachse der Kirche. Die eigentlichen Pavillon-Hauptachsen liegen jeweils im Knick der Längs- und Querseiten, ein Kreuz bildend, und teilen den Grundriss in vier annähernd gleich grosse Teile. Zwei davon sind durch den Saal besetzt, einer durch die direkt mit dem Saal verbundene Gastroküche und einer durch die Nebenräume und das Foyer, über das sämtliche Räume erschlossen sind.

Der Saal mit einer Fläche von rund 50 m² zeich-net sich – wie der gesamte Pavillon – durch eine hohe Nutzungsvariabilität aus. In erster Linie dient der Betrieb dem Leben innerhalb der evangelisch-reformierten Kirche Kleinbasel (verschiedenste Bespielungsarten vor und nach den Gottesdiensten) und ihren zugewandten Vereinen, aber auch Privaten für Feste sowie Seminare.

Minimalistisches Materialkonzept

Das minimalistische Materialkonzept zieht sich insgesamt durch den Pavillon: Innenwände und Decken bestehen aus lasierten Dreischichtplatten. Hier wurde bewusst auf eine verdeckte Konstruktion zugunsten einer einfacheren und kostengünstigeren Montage verzichtet. Der Bodenbelag besteht aus geschliffenem Anhydrit-Unterlagsboden, der direkt bzw. nur durch eine kleine Fuge getrennt an die Wandverkleidung anschliesst. In der Küche musste aufgrund der geforderten Rutschfestigkeit ein Kunstharzboden eingebracht werden. In Küche und Toiletten sind einige Wandflächen aus Hygienegründen mit Vollkernplatten belegt.

Eine starke Ortsbezogenheit prägt als wichtiges Kriterium den Entwurf. Deshalb gelangt aufgrund des vorherrschenden Baumbestandes auch das Material Holz beziehungsweise Holzwerkstoff in verschiedenen Ausprägungen und Behandlungen zur Anwendung. Die Verkleidungselemente aus nordischer Fichte sind mit einer silbergrauen Lasur geschützt beziehungsweise «vor-bewittert».

Die vertikale Gliederung verleiht dem Volumen eine ausgewogene Proportion zwischen Länge/Breite und Höhe. Die einzelnen Fassadenelemente (Bretter / Stäbe) sind unterschiedlich in ihren Abmessungen (Breite und Dicke). Sie sind unregelmässig, im Wechselspiel zwischen «liegend» und «stehend» angeordnet und geben so der Fassade eine Tiefe. Dieses Gestaltungselement ermöglicht es auch, sekundäre Öffnungen in der Perspektive verschwinden zu lassen. Die liegenden Elemente werden unterbrochen, die stehenden laufen durch.

Die Barrierefreiheit, das leichte Gefälle zum Platz für die Entwässerung der Belagsflächen und der Wurzelschutz sind Kriterien, die es bei der Setzung des Gebäudes zu berücksichtigen galt. Insbesondere durften die Wurzeln der geschützten Bäume nicht in Mitleidenschaft gezogen werden. Daher sind die Fundamentstreifen in Regionen des Wurzelbestandes unterbrochen bzw. meiden ab einer bestimmten Tiefe das Erdreich.

Die Tragkonstruktion folgt den Regeln des Holzelementbaus, wobei die Haupttragachsen jeweils von Fassadenknick zu Fassadenknick ein Kreuz bilden. Die Dachkonstruktion besteht aus gedämmten Hohlkastenelementen. Über diesen liegt eine Gefällsdämmung und eine extensive Dachbegrünung. Die Anschlussdetails sind – sofern mit gutem Gewissen technisch vertretbar – so schlank / fein / reduziert wie möglich gelöst, um nicht in Erscheinung zu treten. Dasselbe gilt auch bei Befestigungen und etwa bei Verschraubungen der Fassadenverkleidung und des Vordachs.

Auch die Konstruktion wird bei der Gebäudehülle bewusst zum Verschwinden gebracht. Form und Materialität stehen beim Pavillon daher immer im Vordergrund. Die Gebäudehülle entspricht dem Minergie-Standard. Auf eine Komfortlüftung wurde aber verzichtet. Der Pavillon verfügt über eine Niedrigtemperatur-Bodenheizung. Aufgrund der sehr verschiedenen Betriebszeiten wird das Warmwasser zentral mittels Elektroboiler erzeugt. Die Hauptverteilung für Stark- und Schwachstrom und die (Fern-)Wärme befindet sich bei der Kirche.

Schnitt
Schnitt
Ansicht Süd
Ansicht Süd
Situation
Situation
Ansicht Ost
Ansicht Ost
Kleinhüningen
Die äussere Verkleidung besteht aus einer vertikalen Holzschalung und bezieht sich auf den Baumbestand, auf die Stämme sowie auf die Rinde.
Kleinhüningen
Kleinhüningen
Kleinhüningen
Kleinhüningen
Die Räume zeichnen sich durch eine hohe Nutzungsvariabilität aus. In der Küche sind einige Wandflächen aus Hygienegründen mit Vollkernplatten belegt.
Kleinhüningen
Der mineralische Bodenbelag ist fugenlos und strapazierfähig.
Kleinhüningen
Die einzelnenFassadenelemente sind unterschied-lich in ihren Abmessungen.
Kleinhüningen
Das minimalistische Materialkonzept zieht sich insgesamt durch den Pavillon: Innenwände und Decken bestehen aus lasierten Dreischichtplatten.
Kleinhüningen
Die vorhandene Pflästerung wird erweitert und bindet den Pavillon selbstverständlich mit ein.

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Bautafel

Bauherrschaft Evangelisch-Reformierte Kirche Basel-Stadt

Planung und Ausführung BRI-Architekten AG, Basel

Bauingenieur Eglin Ristic AG, Basel

Holzbauer Häring Holz und Systembau AG, Eiken

Landschaftsarchitekt Westpol Landschafts-Architekten GmbH, Basel

Kleinhüningen
Die vorhandene Pflästerung wird erweitert und bindet den Pavillon selbstverständlich mit ein.
Kleinhüningen
Das minimalistische Materialkonzept zieht sich insgesamt durch den Pavillon: Innenwände und Decken bestehen aus lasierten Dreischichtplatten.
Kleinhüningen
Die einzelnenFassadenelemente sind unterschied-lich in ihren Abmessungen.
Kleinhüningen
Der mineralische Bodenbelag ist fugenlos und strapazierfähig.
Kleinhüningen
Die Räume zeichnen sich durch eine hohe Nutzungsvariabilität aus. In der Küche sind einige Wandflächen aus Hygienegründen mit Vollkernplatten belegt.
Kleinhüningen
Kleinhüningen
Kleinhüningen
Kleinhüningen
Die äussere Verkleidung besteht aus einer vertikalen Holzschalung und bezieht sich auf den Baumbestand, auf die Stämme sowie auf die Rinde.
Situation
Situation
Schnitt
Schnitt
Schnitt
Ansicht Süd
Ansicht Ost
Ansicht Ost
Ansicht Ost
Ansicht Ost
Ansicht Ost
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