Industrielle Eleganz
Eine neue Kegelhalle bringt moderne Eleganz in ländliche Gefilde. Funktionalistisch und gestalterisch schlicht – in Kombination auf baulich hohem Niveau und gesellschaftlich wertvoll.

Neu heimisch werden
Eine ehemalige Wohnbaracke am Dorfrand, nahe einer einstigen Eisenbahnersiedlung, diente den Keglern des ESV Lok Wülknitz bis 2018 als Heimstätte. Diese wurde in den Sechzigerjahren zu einer Kegelanlage umfunktioniert, nachdem ausländische Familien ab dem Ende des Zweiten Weltkriegs darin Unterschlupf gefunden hatten. In den folgenden Jahren erweiterte man die Anlage unter anderem um neue Kunststoffbahnen und einen Mechanismus zur automatischen Aufrichtung der Kegel. Bausubstanzielle Erneuerungen blieben hingegen aus. Stattdessen initiierte die Gemeinde einen Neubau, der die beiden im Ort vorherrschenden Sportarten Fussball und Kegeln im Ortszentrum vereint. Der 2018 fertiggestellte und von KO/OK Architektur geplante Bau hat deshalb auch die nicht minder bedeutungsvolle Aufgabe, ein Stück Zeitgeschichte zu ersetzen. «Ein extrem begrenztes Budget war der treibende Faktor bei diesem Projekt. Wir wollten Details und Praktiken aus dem industriellen Holzbau auf das Gebäude übertragen und gleichzeitig eine fast wohnräumliche Atmosphäre schaffen», verrät Fabian Onneken von KO/OK Architektur.
Unaufdringlich elegant
Die neue eingeschossige Kegelhalle am Wülknitzer Sportplatz ist Teil des neuen, nahe dem Gemeindeamt gelegenen Sportlerheims mit Sportplatz. «An der Stelle befand sich ein L-förmiges Barackengebäude als Sportlerheim, das städtebaulich den Durchblick zwischen Gemeindeamt und Fussballplatz versperrte. Durch Positionierung der Kegelbahn ist eine neue Blick- und Bewegungsachse entstanden, welche die neue Kegelbahn in das Gebäudegefüge integriert», verrät Onneken. Der zu weiten Teilen vorgefertigte Holzbau fusst auf einem Betonsockel mit Köcherfundamenten und ist in eine hinterlüftete, sägeraue und grau lasierte Lärchenholzschalung gekleidet. Die vertikale Profillattung strukturiert das Fassadenbild und vermengt sich mit den Stützenelementen im Eingangsbereich. Dieser wurde als überdachte Terrasse konzipiert und führt nach Betreten in den von raumhohen Verglasungen umgebenen Aufenthaltsbereich mit Anbindung zu den vier Bahnen der Kegelbahnanlage, die sich auf zwei Drittel der Raumfläche erstreckt. Linoleumböden und Zugangstüren setzen unaufdringliche Farbakzente. Die über das Dach belichteten Umkleidekabinen, Duschen, Sanitärräume, Lager-, Technik- und Bürobereiche wurden in Nebenräumen gebündelt.
Gesellschaftlich relevant
«Eine Gasbrennwerttherme in der Sporthalle neben der Kegelbahn erzeugt Wärme für alle Gemeindegebäude. Mittels unterirdischer Leitungen erfolgt darüber auch die Wärmeversorgung für die Kegelbahn», erklärt der Architekt. Der Fokus richtet sich darüber hinaus auf die wesentlichen Funktionen, die gezielt mit zurückhaltenden gestalterischen Details und teilweise transparent einsehbaren Installationen wie jener für die Beleuchtung sowie zur Be- und Entlüftung kombiniert wurden. Die daraus erzeugte Authentizität verleiht dem Holzbau schlichte, in Modernität umhüllte Eleganz. Das Resultat demonstriert die auf Einfachheit reduzierten, aber architektonisch mitunter wertvollen Stilmittel zur Umsetzung erwähnenswerter Sportgebäude an zumeist kaum sichtbaren, ländlich geprägten Standorten.
Dass in jenen Regionen Sportvereine auch als soziales Bindeglied fungieren, verdeutlicht den gesellschaftlichen Wert derartiger Bauaufgaben. Fabian Onneken sieht darin auch einen Wert für diese spezielle Sportart: «Eine Kegelbahn zu realisieren, bleibt für unser Büro wahrscheinlich eine einmalige Herausforderung. Kegelsport ist vom Aussterben bedroht und somit auch die Kegelbahnen. An dem Leuchtturmprojekt für Gemeinde und Region haben sich viele gerieben. Umso wichtiger waren die Zusammenarbeit mit den Gemeindeverantwortlichen und das uns entgegengebrachte Vertrauen, um die Vorstellungen von Bauherrschaft und Nutzenden in die Architektur zu überführen.» ●






