Konzeptionelle Feinjustierung

Eine Wohnüberbauung in Möriken demonstriert energieeffizientes Bauen mit intelligentem Gebäudebetrieb. Die in einem nachhaltigen Areal situierten Mehrfamilienhäuser basieren auf einem bewährten Gebäudekonzept.

swisswoodhouse
Ein reiner Holzbau sowie drei Hybridbauten bilden das Ensemble in Möriken.
Von Morris Breunig (Text) und Setz Architektur AG (Bilder)
Eine Wohnüberbauung in Möriken demonstriert energieeffizientes Bauen mit intelligentem Gebäudebetrieb. Die in einem nachhaltigen Areal situierten Mehrfamilienhäuser basieren auf einem bewährten Gebäudekonzept.

Die Wohnüberbauung mit vier Mehrfamilienhäusern in Möriken basiert auf dem konzeptionellen «swisswoodhouse», das bis 2014 in Nebikon realisiert wurde. Das Gebäudekonzept ermöglicht verdichtete Wohnsiedlungen, die den Qualitäten von Einfamilienhaussiedlungen gleichen. Durch flexibel gestaltete Grundrisse können Lebens- und Familienbedingungen, die sich verändert haben, auf einfache Weise in den Raumanpassungen ausgedrückt werden. Wechselnde Nutzungen wie von Wohnraum zu Gewerbe sind damit ebenso möglich. Der Bau in Nebikon fasst 18 Wohnungen mit 2,5 bis 5,5 Zimmern. Diese basieren auf dem Raummodul von 18 Quadratmetern, die je nach Bedürfnis der Bewohnenden mit verschiedensten Nutzungen wie Wohnraum oder Küchen belegt werden können. Zentral in der Wohnung positionierte Module können vorrangig als Erschliessungsflächen, Eingänge oder Nasszellen eingesetzt werden. Je nach Wohnsituation stehen sie jedoch auch als Wohn- oder Aussenraum zur Verfügung. Die überwiegend in Vorfabrikation entstandenen Bauteile wurden innerhalb von drei Wochen zum «swisswoodhouse» zusammengesetzt.

Konzept folgen

Die von Setz Architektur AG und der Immo Treier AG in Minergie-P-Eco geplanten und 2019 fertiggestellten Mehrfamilienhäuser in Möriken folgen explizit jenem Konzept dieser energieeffizienten Bauweise. Ein reiner Holzbau sowie drei Hybridbauten mit Aussenwänden und Fassaden aus Holz bilden das Ensemble. Die Anordnung in U-Form verdeutlicht den Siedlungscharakter. Die Bauten positionieren sich um einen zusammenhängenden Aussenraum, der unter anderem Spielwiese und Gartenpavillon für die Bewohnenden bereithält.

Drei der Gebäude basieren auf dem im «swisswoodhouse» angewandten System der Raummodule, eines folgt hingegen einer eigenen Grundrissgestaltung. Zur Auswahl stehen 35 Miet- und Eigentumswohnungen. Das modulare Raumkonzept erlaubt dabei Wohnungsgrössen von 1,5 bis 4,5 Zimmern, wobei eine bewusste Durchmischung von Einzelpersonen, Paaren und Familien forciert wird. Einzelne Punkte des «swisswoodhouse»-Konzepts von Nebikon wurden hingegen verfeinert und auf den Standort in Möriken angepasst. «Die Nasszellen sind unter anderem deutlich grösser, um den Eigentumsstandard zu erreichen. Neben dem Flachdach sind zusätzlich an den Fassaden und Attikabrüstungen Photovoltaikmodule integriert», verrät David Zimmerli, Geschäfts- und Projektleiter bei Setz Architektur AG. Hinzu kommen horizontal statt vertikal strukturierte Fassaden sowie verkleinerte Loggien zugunsten der Wohnfläche und eine Optimierung des Eigenverbrauchs.

Automatisch oder manuell

Bereits Baumeister wie Le Corbusier nutzten zur Visualisierung von Energie wie Elektrizität oder Heizwärme farbliche Akzentuierungen für technische Installationen. Bei der Arealbebauung in Möriken präzisiert man das in Echtzeit auf die verschiedenen Arten der Stromenergie mit Anlehnung an das Ampelprinzip und die bei Verbrauchern manifestierte Bezeichnung des «Ökostroms». Grün steht in Möriken also für einen Überschuss der auf den Dächern der Mehrfamilienhäuser produzierten Solarenergie mithilfe von Photovoltaik. Eine Mischung aus Netz- und Solarstrom wird gelb dargestellt, der reine Netzstrom hingegen rot.

Über ein wohnungsspezifisches Monitoringsystem können die Bewohnenden Strom-, Wärme- und Wasserverbräuche – auch im Vergleich zur Energiestatistik des gesamten Gebäudes – kontrollieren. Je nach solarem Überschuss sinken die Strompreise auf Grundlage von Real-Time-Pricing. Die Bewohnenden können zwischen manuellem Gerätebetrieb und dem Eigenverbrauchsmanager wählen, der unter anderem bei ausreichendem Solarstrom automatisch die Waschmaschine aktiviert. Als Energiespeicher dienen die im Gebäude vorhandenen Elemente wie Warmwasserspeicher. Auch aufgrund des hohen Potenzials der Gebäudemasse als thermischer Speicher wurde auf weitere externe Speicher verzichtet. Jede Wohnung verfügt zudem über eine Solarsteckdose, die bei solarem Überschuss aktiviert wird. Sole-Wasser-Wärme-Pumpen dienen der Beheizung und zur Warmwasseraufbereitung im Gebäude. Mithilfe der Erdsonden können die Wohnungen im Sommer zudem gekühlt werden. In der Tiefgarage ist jeder der 55 Parkplätze mittels eines Flachbandkabels für die Installation einer E-Ladestationen vorbereitet. Momentan sind bereits zwei Stationen fix installiert, weitere folgen nach effektivem Bedarf der Bewohnenden. Alle Ladestationen werden ebenfalls mit Solarstrom versorgt und intelligent geregelt, um eine gleichmässige Lastverteilung zu gewähren und die Mobilität mit einem möglichst hohen Anteil der auf dem Areal produzierten elektrischen Energie zu decken.

Energieoptimierung im Areal

Die Eigenverbrauchsmanager jeder Wohnung erfassen die Energieflüsse und kontrollieren zudem alle Verbraucher der Gebäude wie Wärmepumpen, Haushaltsgeräte oder Warmwasserboiler. Ein Thermomanagement reguliert die Raumtemperaturen über den Tag. Die Verknüpfung der einzelnen Eigenverbrauchsmanager veranlasst eine Energieoptimierung im Areal. Die überschüssige elektrische Energie eines Gebäudes kann dadurch in einem anderen verbraucht werden. Die potenzielle Erweiterbarkeit um weitere Bauten ermöglicht ein künftiges Wachstum des Areals. Die Voraussetzungen für einen virtuellen Zusammenschluss zum Eigenverbrauch der Gebäude sind in Möriken vorhanden und umgesetzt. Wären aufgrund der Gesetzeslage irgendwann keine physischen Stromleitungen mehr notwendig, könnten sich Gebäude auch unabhängig vom Standort zusammenschliessen, um das Potenzial des Eigenstromverbrauchs umfänglicher zu nutzen.

Eine detaillierte energetische Auswertung und Analyse der Mehrfamilienhäuser in Möriken wird im Rahmen eines laufenden Forschungsprojekts des Bundesamts für Energie ab Herbst 2020 vorgenommen. Nach der einjährigen Messperiode gibt es laut dem Architekten jedoch bereits erste Erkenntnisse: «Es gibt nur wenige Abweichungen zwischen den theoretischen Berechnungen aus der Planungsphase und den effektiven Werten. Die Überbauung produziert über das Jahr mit rund 23 Prozent mehr Energie, als sie verbraucht.» ●

Bautafel

Projekt Wohnüberbauung Möriken

Baujahr 2017 bis 2019

Bauherrschaft Immo Treier AG

Architektur Setz Architektur AG

Holzbau Renggli AG

Label Minergie-P-Eco

Volumen 18 700 m3 (SIA 416)

Bruttogeschossfläche 4120 m2

Energiebezugsfläche 4385 m2

Eigenverbrauchsmanager Eigenverbrauchsoptimierung der eigens produzierten Energie (Smart Energy Control AG)

Heizsystem Erdsonden-Wärmepumpen, mit Möglichkeit zur passiven Kühlung

Photovoltaikanlage 164 kWp, auf total 850 m2

– Anzahl Module Flachdach: 359 Stück

– Anzahl Module Fassade: 136 Stück

– Anzahl Module Balkonbrüstungen: 136 Stück

swisswoodhouse
Die Anordnung in U-Form verdeutlicht den Siedlungscharakter.
swisswoodhouse
Der Aussenraum hält unter anderem Spielwiese und Gartenpavillon für die Bewohnenden bereit.
swisswoodhouse
Neben den Modulen auf dem Dach wurde auch die Fassade mit Photovoltaik bestückt.
Raumbediengerät
Das Raumbediengerät informiert die Bewohnenden unter anderem über die Raumtemperatur und den Stromtarif. Bei grün aufleuchtender LED liefert die Solarsteckdose überschüssigen Solarstrom.
Raumbediengerät
Raumbediengerät
Die Eigenverbrauchsmanager erfassen die Energieflüsse aller Verbraucher im Gebäude.
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