Sport- und Freizeitbauten – Dominantes Eckenverhältnis
Das neue «Stade de la Tuilière» ist die neue Heimspielstätte des FC Lausanne-Sport. Die Eckausprägung verleiht dem Bau einen unverwechselbaren Ausdruck.
Seit 2020 bildet das neue «Stade de la Tuilière» die Nahtstelle vom dichten Stadtgefüge Lausannes zum freien Landschaftsraum. Es bettet sich in das nördlich gelegene «Plaines du loup» ein, das an das Flughafengelände grenzt. Der kleine Flusslauf «Petit Flon», Naturwiesen, Wildsträucher und Wohnbauten vervollständigen die städtebauliche Kulisse. Zusammen mit neun Fussballfeldern und einer Leichtathletikanlage samt Trainingszentrum bildet der Stadionneubau die neue Sportinfrastruktur «Centre sportif de la Tuilière». Mit seiner leichten Abdrehung gegenüber den Trainingsplätzen wird dessen Vorplatz als stadtseitiges Auftaktelement zum Sportcampus inszeniert. Der gemeinschaftliche Entwurf für das «Stade de la Tuilière» stammt von MLZD und Sollberger Bögli Architekten AG. Das Stadion ist im Besitz der Stadt Lausanne. Der Verein FC Lausanne-Sport fungiert dabei als Betreiber und bezahlt Miete für die Nutzung.
Präferierte Konzeption
Langwierige Verzögerungen durch Einsprachen wie bei vergleichbaren Projekten in Aarau oder Zürich blieben in Lausanne aus. Das «Stade de la Tuilière» ist Teil von «Métamorphose», und mit der Annahme dieses städtebaulichen Grossprojekts hat das Lausanner Stimmvolk auch dem Bau eines neuen Stadions zugestimmt. «Die Debatten wurden über das Gesamtprojekt geführt und nicht über die Arena», erklärt Bernard Luisier von Sollberger Bögli Architekten. Die Stadt Lausanne präferierte bei der Konzeption des Stadions das reine Fussballerlebnis und verzichtete auf eine Mantelnutzung. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung für das Areal ‹Tuillière Sud› hat die Grundlage für den Stadionbau geschaffen. Der Neubau ersetzt das «Stade Olympique de la Pontaise» als bisherige Heimspielstätte des FC Lausanne-Sport. Im Rahmen des Projekts «Métamorphose» war es der Wunsch der Stadt Lausanne, ein Fussballstadion zu bauen, das den Standards der SFL und der UEFA in einer Stadionkonfiguration nach englischem Vorbild entspricht. Mit dem bestehenden Pontaise-Stadion konnten diese Ziele nicht erreicht werden. Bei internationalen Spielen bietet das neue Stadion Platz für rund 12 000 Zuschauende, national erweitert es sich um 500 Plätze. «Etwaige Grossveranstaltungen können mit rund 20 000 Besuchenden durchgeführt werden», sagt Bram Boeve von Ineos Football SA, dem derzeitigen Besitzer des Vereins.
Um die Ecke gedacht
Die Ecken dominieren zweifelsfrei die äusserliche Charakteristik – bestimmt durch die Geometrie der Unterzüge und die Tribünenuntersichten an drei Seiten des Baus. Die dem Vorplatz angeordnete Haupttribüne im Westen macht die inneren Abläufe hingegen für Besuchende transparent. Eine Konstruktion aus vertikalen Glasbändern mit leichten Knicken und Umgebungsspiegelungen ziert die drei oberirdischen Etagen als vorgesetzte Fassade.
Die aufgeklappten Stadionecken, die als Eingangsbereiche dienen, sind ein Resultat des kompakten Stadionentwurfs und der engen Grundstückssituation. Das fördert den Besucherstrom an Spieltagen und ist zugleich eine Geste zur Integration des Stadionplatzes. Gleichzeitig ist die Geometrie von statischer Relevanz und ein eingeschossiges Betonband im Sockelbereich verbindet die Ecken untereinander sowie vervollständigt die äussere Schale optisch. Die Tribünen formen die innere Schale. In den Eckbereichen sind diese von Mundlöchern unterbrochen, welche Blicke auf das Innere zulassen und die Spieltaglogistik vereinfachen. Die abgetreppten Innenseiten der Ecken dienen der zusätzlichen Erschliessung zwischen dem Eingangsniveau und den zuoberst angeordneten Reihen. Die Sitzränge sind eckumlaufend. «Diese haben die in der Schweiz maximal zulässige Steilheit von 35° und 80 zu 56 Zentimeter. Das verstärkt die «Kessel»-Wirkung als stimmungsübertragendes Element auf die Zuschauenden», erklärt Luisier.
Baldmöglichst voll besetzt
Etwa 2300 Solarmodule bestücken das Dach auf 20 rechteckigen Feldern und produzieren jährlich rund 780 MWh/a an Energie, die über sieben Wechselrichter ins Netz des lokalen Energiedienstleiters gelangt. Ein Fernwärmeanschluss versorgt das Stadion mit der notwendigen Wärme für das Warmwasser, die Bodenheizung sowie die Heizung für den Kunstrasen. Eine automatische Rasenbewässerungsanlage, Kälteanlagen für gewerbliche Kälte, Serverräume, Kraftraum und Gebäudeautomation sind ebenfalls Teil der gebäudetechnischen Installationen. Die vollständig mit LED bestückte Flutlichtanlage gehört zur ersten ihrer Art in der Schweiz. «Bereits andere Vereine haben sich aufgrund einer eigenen Umsetzung danach erkundigt», sagt Boeve.
Im November 2020 fand das erste Spiel im «Stade de la Tuilière» statt. Ohne Fans blieb der FC Lausanne-Sport im neuen Stadion gegen die Berner Young Boys auch ohne Punkte. Trotzdem ist die sportliche Entwicklung seitdem erfreulich, die bis in das obere Tabellendrittel führte. Der bauliche Rahmen ist ebenfalls in Ordnung. Die erste Begegnung vor voll besetzten Tribünen soll baldmöglichst nachgeholt werden. ●
Bautafel
Objekt Fussballstadion «Stade de la Tuilière»
Standort Lausanne
Fertigstellung 2020
Betreiber FC Lausanne-Sport
Architektur MLZD, Sollberger Bögli Architekten AG
Hochbau und FassadentechnikDr. Lüchinger + Meyer Bauingenieure AG Zürich
Grundstücksfläche 42 400 m2
Gebäudefläche 19 200 m2