Wo Künstler gern arbeiten und leben

Die meisten Bewohner des Wohnatelierhauses in Basel sind Künstler. Für diese erfüllt sich mit dem nachhaltigen Neubau ein lang gehegter Wunsch: am selben Ort zu arbeiten und zu wohnen.

Wohnatelierhauses
Die Balustraden der Terrassen sind aus fein gespaltenen Holzscheiten aus Eiche.
Barbara Bühler (Bilder) und Degelo Architekten (Pläne)
Die meisten Bewohner des Wohnatelierhauses in Basel sind Künstler. Für diese erfüllt sich mit dem nachhaltigen Neubau ein lang gehegter Wunsch: am selben Ort zu arbeiten und zu wohnen.

Kreativität entsteht nicht auf Knopfdruck. Für Kunstschaffende sind die Grenzen zwischen Arbeits- und Lebensalltag oft fliessend. Ideal ist ein Atelier, das sowohl Arbeits- als auch Wohnort vereint. Leider gibt es zu wenige Bauten, in denen sich dieses Lebensmodell verwirklich lässt; zudem sind bezahlbare Wohnateliers rar.Aus diesem Grund nahm eine Gruppe von Künstlerinnen und Künstlern ihr Wunschprojekt selbst in die Hand und gründete eine eigene Genossenschaft: die Coopérative d’ateliers. Als Bauplatz fanden sie mit dem Architekten Heinrich Degelo ein ideales Grundstück auf dem Erlenmatt-Ost-Areal in Basel. Hier sind alle Voraussetzungen für bezahlbaren Wohn- und Lebensraum bereits gegeben. Die Stiftung Habitat vergibt die Grundstücke im Baurecht unter der Leitidee, soziale, ökologische und nachhaltige Projekte zu fördern.

Selten sieht man ein derart sparsames und gleichzeitig ökologisches Gebäude. Nicht nur beim Ausbau beschränkt sich das Konzept auf das Notwendigste, auch auf Heizung und Kühlung verzichtet man ganz. In den Ateliers bekommen die Benutzer nur Rohlinge mit hohen Decken und unverputzten Wänden; deren Inneneinrichtung können sie selbst bestimmen. Jede Mietfläche verfügt über einen flexibel platzierbaren Sanitärblock, der sich aus Küchen- und Badelementen zusammensetzt.

Ein architektonischer Blickfang ist die Balustrade der hofseitigen Terrasse, die vom Künstler Andres Bally aus Basel entworfen wurde und aus fein gespaltenen Eichen-Holzscheiten besteht, die an Verbrennungsholz erinnern.

Auch beim Energiekonzept legte man Wert auf einfache Lösungen mit grossem Effekt. Die Abwärme aller Wärmequellen sorgt im Winter für eine angenehme Raumtemperatur im Bereich von 20 bis 22 Grad Celsius. Dazu gehören sowohl die Nutzer durch ihre Wärmeabstrahlung als auch die künstlichen Wärmequellen in Form von Beleuchtung oder Rechner, aber auch das Tageslicht, das durch die Fenster eindringt. Im Sommer bieten die tiefen Laibungen und die südwestseitigen Balkone einen idealen sommerlichen Wärmeschutz. Diese tragen zu den stabilen Raumtemperaturen im Gebäude bei, genauso wie die gut isolierte Hülle aus 78 Zentimeter porosierten Grossbacksteinen.

Schallgedämmte, manuell und elektronisch gesteuerte Lüftungsklappen schwächen das Problem der lärmbelasteten Signalstrasse ab. Zum Hof öffnen sich bei zu hohen CO₂-Werten und zu hohen Temperaturen die Fenster und Balkontüren ebenfalls über gesteuerte Lüftungsklappen. Die Fenster können natürlich auch manuell geöffnet werden. Insgesamt ermöglicht diese Reduktion geringere Baukosten, geringe Energiekosten, natürlicheres Klima und somit mehr Wohlbefinden.

So viele Ideen und Vorzüge sollen zum Nachahmen anregen. Deshalb haben Degelo Architekten und die Genossenschaft Homebase das Konzept weiterentwickelt. In diesem zukünftigen Wohnprojekt sind die wandelbaren Grundrisse von rund 60 Quadratmeter für Einpersonenhaushalte, Paare und auch Familien geeignet; durch die einfache und funktionale Ausstattung können sie sich den veränderten Bedürfnissen anpassen. Damit bietet dieses Projekt mehr Freiheiten und Möglichkeiten beim Wohnen, und das bei Monatsmieten für zehn Franken pro Quadratmeter und keinen Heizkosten. ●

Bautafel

BauherrschaftCoopérative d’ateliers

Architektur Degelo Architekten, Basel

Projektmanagement / BauleitungDegelo Architekten, Basel

TragwerksplanungRapp Infra AG, Münchenstein

ElektroplanungK. Schweizer AG, Allschwil

Aus dem Fremden etwas Eigenes machen

Das Konzept, das hinter dem Wohnatelierhaus steht, ist: Wie wäre es, kein privater Bauherr zu sein und trotzdem mehr Möglichkeiten zu haben, als nur Bilder an die Wand zu hängen? Wenn man auch bestimmen kann, wo diese Wand steht, ob sie aus Holz oder Gips ist oder ob es überhaupt eine Wand braucht. Oder wenn man erst einmal einzieht, schaut, wie sich das anfühlt, und dann vielleicht feststellt, dass der gute alte Wandschrank doch die beste Abtrennung zum Schlafbereich ist. Diese Möglichkeit hatten die Bewohner des Wohnatelierhauses auf dem Erlenmatt-Ost-Areal. Sie sind Mitglieder der Genossenschaft Coopérative d’ateliers, somit Mitbesitzer des Hauses und zugleich Mieter mit unbeschränktem Bleiberecht. Nach einer ersten Phase des Sicheinfühlens und Sicheinrichtens sind die Genossenschafter auch zu Bewohnern der 17 Wohnateliers geworden. «Es ist faszinierend, wie vielfältig und ideenreich die Ausstattungen geworden sind. Die Begeisterung, mit der sich die Bewohner eingerichtet und sich die Räume angeeignet haben, beeindruckt mich bei jedem Besuch aufs Neue», erzählt der Architekt Heinrich Degelo. Für dieses Konzept werden Grundstücke gesucht.

Wohnraum
Selbst bestimmter Wohnraum: Wohnatelier einer Fotokünstlerin, von zwei Künstlerinnenund eines Künstlerehepaars.
Wohnraum
Wohnatelierhauses Kuche
Wohnatelierhauses
Badelementen
Der flexibel platzierbare Sanitärblock setzt sich aus Küchen- und Badelementen zusammen.
Fensterlaibung
Die versetzt angeordneten Fenster mit tiefer Fensterlaibung.
Zur Verkehrsstrasse
Zur Verkehrsstrasse ist die Fassade verputzt und vorwiegend geschlossen.
Situationsplan
Situationsplan
Situationsplan
Längsschnitt
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