Wohnungsbau – Wohnlich in landschaftlicher Kulisse

Drei Wohngebäude auf dem Schweighof-Areal in Luzern fallen durch ihre Fassadengestaltung, die Landschaftsmotive zeigt, auf.

Schweighof-Areal
Gerade und durchlaufende Balkone prägen die Erscheinung der Gebäude.
Von Lukas Bonauer (Text) und Atelier Daniela Burkart, Luzern (Bilder)
Drei Wohngebäude auf dem Schweighof-Areal in Luzern fallen durch ihre Fassadengestaltung, die Landschaftsmotive zeigt, auf.

Der Pilatus – und der Krienser Hausberg – sind letzte Protagonisten einer Natur, die in Seenähe neuen Siedlungsgebieten, Strassen und Häusern weichen musste. Da ist das Schweighof-Areal eine Ausnahme – präziser: drei für das Areal entwickelte Wohnbauten, die sich mit ihrer Fassadengestaltung an die für immer verschwunden geglaubte Naturlandschaft von anno dazumal anlehnen. Die geschlossenen Nordfassaden tragen Bilder des Luzerner Malers Robert Zünd, die Landschaften aus der Nähe des Areals aus der Zeit um 1880 zeigen. Sie wirken als Illusion räumlicher Weite zwischen den einzelnen Volumen und erlauben einen Blick in die Vergangenheit.Überhaupt ist das Sehen respektive der Sichthorizont ein wichtiges Thema, das in den Entwurf eingeflossen ist. Die bauliche Dichte auf dem Areal ist sehr hoch. Die Räume zwischen den Gebäuden sind zum Teil nur 15 bis 23 Meter breit, und das bei einer Gebäudehöhe bis an die 20 Meter. Die Wohnungsgeometrien richten sich deshalb konsequent auf die vorhandenen Sichtlücken respektive Sichtkorridore innerhalb des Arealgefüges aus. Die drei Baukörper befreien sich damit aus der übergeordneten Orthogonalität ihrer Grundform, die mit dem Gestaltungsplan des Schweighof-Areals korreliert.

Am Fusse des Pilatus

Das Schweighof-Areal sorgt dabei neben weiteren Arealen – wie dem Mattenhof, dem Nidfeld oder etwa der Pilatus-Arena – für einen signifikanten Entwicklungsschwerpunkt im sogenannten Entwicklungsgebiet Luzern Süd. Dieses liegt zwischen Kriens und Horw und gehörte ursprünglich der Landwirtschaft. Später, ab dem Jahr 1955, erlangte das Gebiet Bekanntheit durch den Bau der ersten Autobahn, einer vierspurigen Umfahrung des Ortes Horw. Dieser Abschnitt ist inzwischen Teil der heutigen Hauptverkehrsader A2. Vieles hat sich also im Laufe der Zeit getan, ebenso wurde das Bewusstsein geschärft, Luzern Süd als dringend zu entwickelnder Stadtteil einzustufen und entscheidende Massnahmen der Aufwertung zu ergreifen – hin zum Gewerbe- und Wohngebiet.

In diesem Kontext erblüht auch das Schweighof-Areal. Mit seiner beachtlichen Grösse von 67 000 Quadratmetern liegt das Grundstück einer Erbengemeinschaft am Fusse des Pilatus und leistet seinen Beitrag, damit hochwertige Wohnungen und Arbeitsplätze und mit ihnen attraktiver Lebens- und Wirtschaftsraum im Süden der Stadt Luzern entstehen.

Aus dem Schweighof-Areal wurde das Projekt «Schweighofpark» mit einem dafür ausgearbeiteten Gestaltungsplan. Zwei Drittel der Arealgrundfläche dienen dabei Wohnzwecken, und ein Drittel wird für Dienstleistungs- sowie Gewerbezwecke genutzt. Das in mehreren Etappen für insgesamt 22 Inselparzellen. Ein Teil der Neubauten geht aus einem Studienauftrag hervor, zu dem insgesamt vier Büros eingeladen worden waren und den das Luzerner Architekturbüro Lüscher Bucher Theiler gewonnen hat. Dieser schloss neben dem Bürobau im südöstlichen Teil auch die drei Wohnbauten im westlichen Teil ein: einen siebengeschossigen und zwei sechsgeschossige Quader mit insgesamt 102 Wohnungen – von der 2½- bis zur 4½-Zimmer-Einheit.

Wie die Volumen der anderen Arealbauten definieren sich auch das Profil der drei Wohnbauten, ihre jeweiligen Grössen, Höhen und Orientierungen über die Gestaltungspläne, die zusammen das städtische Gefüge bilden. Ebenso gegeben waren die Umgebungsgestaltung sowie die Adresse der Wohnbauten. Die Parkanlage mit dem fixierten Wegsystem war zu respektieren, über das die drei Wohnbauten am westlichen Ende des Areals erreichbar sind. Sie folgen am Freiraum der Autobahnüberdeckung jeweils dem klar zugewiesenen «Fussabdruck» mit einer Grundfläche, die – seiner reduzierten Grösse und der hohen baulichen Arealdichte wegen – den Grundriss für die Wohnlandschaft herausforderte. Die eigentlichen Umfassungslinien der Wohneinheiten brechen deshalb aus der Orthogonalität aus, um möglichst viele Räume auf Sichtlücken auszurichten respektive mit einem fernen Sichthorizont auszustatten.

Unregelmässige Geometrie

Die Anordnung der Wohnzimmer an den Gebäudeecken ermöglicht breite Fenster, die sich als Bänder zwischen die Trennwände spannen. Diese zentralen Räume lassen Blickbeziehungen in die Tiefe der Umgebung zu. Je nach Position im Raum ergeben sich andere Durchblicke, und es entsteht eine Diversität an Sichtbeziehungen zu umliegenden Siedlungsgebäuden.

Trotz der unregelmässigen Geometrie sind die Zimmer breit genug und einfach zu möblieren. Die innere Erschliessung der Wohnungen erfolgt jeweils über eine Korridorhalle, in die sich die Treppe integriert sowie in deren Wänden die Installationsschächte bzw. die Steigzonen der Lüftung eingelassen sind. Die Geschosshöhen nehmen dabei nach unten bis zu einer lichten Raumhöhe von 2,88 Meter zu. So erhalten auch die ebenerdigen Wohnungen genügend Licht. Vor allem aber führt dieser gestalterische Kniff zu einer – wie die Architekten sagen – «beschleunigten Perspektive, welche die Gebäude höher erscheinen lässt, als sie in Wirklichkeit sind».

Zwei Hauptakzente prägen die Erscheinung der in Massivbauweise erstellten Gebäude: die geraden, durchlaufenden Balkone und die Dekorationsmalereien an den Nordfassaden. Die Balkone schaffen einen ersten Horizont – einen gartenähnlichen Aussenraum, den der Bewohner selbst kontrollieren kann. Ihre Geländer aus hellfarbigem Streckmetall funktionieren zudem als Einsichtschutz und schützen die dahinterliegenden Verglasungen. Die Nordfassade bricht als geschlossene Front das sich öffnende Volumen, erhält aber durch das malerische Dekor eine sinnliche Note.

Die Fassadenbilder, die optisch die fehlende Weite zwischen den Wohnvolumen kompensieren sollen, zeigen Motive der Landschaft, die sich ursprünglich hier befand. Motive einer Landschaft aus dem 19. Jahrhundert, die der Maler Robert Zünd einst festgehalten hat. Deren Farbtöne sind in den bemalten Fassadenteilen wie Geländern, Holzschalung und Fensterrahmen wiederzufinden – ebenso im Innern bei der Gestaltung der Wohnräume. Die warmen Farbtöne kontrastieren das monochrome und farblich zurückhaltend gestaltete Treppenhaus sowie das Blau der Bäder.

Baugrund und Untergeschoss

Das geologische Gutachten zeigte, dass sich das Areal Schweighofpark in einem setzungsempfindlichen Gebiet mit zwei Grundwasserstockwerken befindet. Das hatte zur Folge, dass die Baukörper mittels einer Tieffundation gepfählt werden mussten. Da bis in eine wirtschaftliche Tiefe keine ausreichende Tragschicht vorhanden war, mussten die Lasten über Mantelreibung der Pfähle abgegeben werden. Aufgrund des hoch liegenden Grundwasserspiegels war für die Erstellung der Baugrube eine offene Wasserhaltung notwendig.

Das Untergeschoss war in den dafür vorgesehenen Bereichen an die Autoeinstellhalle anzubauen. Die Autoeinstellhalle war nicht Gegenstand des Studienauftrags. Sie wurde vorgängig im unselbstständigen Miteigentum erstellt. Im Untergeschoss waren folgende Räume in genügender Anzahl und Grösse vorzusehen: Kellerräume, Hauswartraum, Technikräume, Waschräume inklusive Trocknungsräume und Veloräume. Die Zugänge von der Einstellhalle zu den Untergeschossen durften nur verschoben werden, wenn die Fluchtweglängen eingehalten wurden oder ein zusätzlicher separater Eingang ins Untergeschoss von der Einstellhalle erstellt wurde. ●

 Schweighof-Areal  Luzern

Bautafel

Bauherrschaft PKG Pensionskasse, Luzern / Luzerner Pensionskasse

Architekten Lüscher Bucher Theiler Architekten, Luzern

Bauökonomie / BauleitungTGS Bauökonomen AG, Luzern

Bauingenieur Basler & Hofmann Innerschweiz AG, Luzern

Elektroingenieur Jules Häfliger AG, Luzern

HLKS-Ingenieur Josef Ottiger + Partner AG, Emmenbrücke

Bauphysik RSP Bauphysik AG, Luzern

Kriens und das Entwicklungsgebiet Luzern Süd

Kriens liegt am Fusse des Pilatus und grenzt im Osten an Luzern. Luzern Süd selbst ist eingebettet zwischen Sonnenberg, Bireggwald, Horwer Halbinsel und Vierwaldstättersee. Die ehemalige Moorlandschaft hatte sich im 20. Jahrhundert zu einer Industrie- und Gewerbezone entwickelt – nun entsteht daraus der neue Lebensraum Luzern Süd. Im Grenzbereich der Gemeinden Luzern, Horw und Kriens sind zahlreiche Entwicklungs- und Bauprojekte geplant oder im Gange. Diese Transformation wird schrittweise und über mehrere Jahrzehnte realisiert. Ziel ist es, die Areale nachhaltig zu entwickeln und ein für die ganze Region attraktives, neues Lebensumfeld zu schaffen.

Schweighof-Areal
Schweighof-Areal
Die Geschosshöhen der drei Quader nehmen nach unten zu. Damit erhalten auch die ebenerdigen Wohnungen genügend Licht.
Schweighof-Areal
Drei Wohngebäude zeigen jeweils auf der Nordfassade einstige blühende Landschaften aus dem 19. Jahrhundert. Damit erzeugen sie eine Illusion der räumlichen Weite zwischen den Volumen und wirken der hohen baulichen Dichte entgegen.
Schweighof-Areal attika
Schweighof Korridorhalle
Die innere Erschliessung der Wohnungen erfolgt über eine Korridorhalle.
Schweighof Gebäudeecken
Die Anordnung der Wohnzimmer an den Gebäudeecken ermöglicht breite Fenster, die sich als Bänder zwischen die Trennwände spannen.
Schweighof attika
Die Wohnungsgeometrien richten sich auf die vorhandenen Sichtlücken beziehungsweise Sichtkorridore innerhalb des Arealgefüges aus.
Schweighof-Areal
Trotz der unregelmässigen Geometrie sind die Zimmer breit genug und einfach zu möblieren.
Schweighof-Areal
Schweighof-Areal plan
Situationsplan
Schweighof-Areal plan
Erdgeschoss
Schweighof-Areal plan
Untergeschoss
Schweighof-Areal plan
Obergeschoss
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