Bahnhof mit Hang zum Skulpturalen
Eine Reihe rhythmisch vor die Glasfassade gestellter Stützen weist auf den Haupteingang des neuen Bahnhofs Pôle Marexhe in Herstal (B) hin.

Gezielte Massnahmen
Die Aufwertung des vernachlässigten Viertels jenseits der Gleisanlagen setzt beim Brachland zwischen den Gleisanlagen und der Wohnbebauung an. Dessen grösstes Manko, nämlich seine starke Böschung, wurde aufgegriffen und durch gezielt angelegte Terrassen ins Gegenteil verkehrt. Höhenmässig korrespondieren die Terrassen mit den Niveaus des Neubaus. So geordnet ist die langgezogene Böschungskante nicht länger eine Zäsur, sondern sie geht nahtlos in den städtischen Raum über.
Das kürzlich fertiggestellte Bahnhofsgebäude verbindet Unter- und Oberstadt: Mit einer begehbaren Dachterrasse und einem hoch aufragenden Turm vermittelt es zwischen den oben liegenden Gleisanlagen mit den Bahnsteigen und dem neuen, tiefer liegenden Bahnhofsvorplatz. Eine Reihe rhythmisch vor die raumabschliessende Glasfassade gestellter Stützen weist auf den Haupteingang hin. Erst beim Betreten der Bahnhofshalle wird ersichtlich, dass ein Grossteil des Gebäudes in den Hang hineingeschoben wurde und damit von aussen unsichtbar ist. Die Form eines liegenden U fängt einerseits den Druck aus dem Hang auf und ermöglichte es andererseits, die vierte Fassade zum Stadtzentrum hin weitgehend zu verglasen. Der Turm, der gestalterisch als Landmarke fungiert, beherbergt eine Treppen- und Aufzugsanlage für die vertikale Erschliessung.
Hochbelastbar
Zur Ausbildung der Glasfassade des rund viereinhalb Meter hohen Empfangsgebäudes wählten die Architekten das hochbelastbare Stahlprofilsystem Jansen VISS TVS in 60 Millimeter Ansichtsbreite. Im unteren Bereich ist die Stahl-Glas-Konstruktion als 350 Zentimeter hohe einbruchhemmende Festverglasung (RC 2) montiert. Der Zugang erfolgt über zwei 230 Zentimeter hohe vollverglaste zweiflügelige Türanlagen aus dem Stahlprofilsystem Janisol RC 3. Dieses Profilsystem wurde speziell für den Einsatz in hochfrequentierten Gebäuden konzipiert. Ein dritter Eingang – der Zugang für die Mitarbeitenden – ist mit einem wärmeisolierenden Paneel geschlossen. Auch der Bereich über der 350 Zentimeter hohen Festverglasung wurde mit Paneelen geschlossen, was, zusammen mit dem Dachvorsprung, konstruktiven Sonnen- und Witterungsschutz bietet. Aber nicht nur das: Die Glasfassade mit den davor angeordneten Stützen stellt auch den Bezug zum neuen Bahnhofsvorplatz her, der – einschliesslich der von diesem Platz ausgehenden Strassen – als verkehrsberuhigter Geschäftsbereich angelegt wurde.
Das Ziel der Stadtväter, ein Bahnhofsviertel mit hoher Aufenthaltsqualität zu schaffen, haben die Architekten mit Bravour erreicht: Für ihr im wahrsten Sinn des Wortes wegweisendes Konzept wurden sie 2015 mit dem «Grand Prix d’Architecture de Wallonie» ausgezeichnet.


