Jedermann einen Garten

Das lange verschollene Werk des grossen Gartenarchitekten des frühen 20. Jahrhunderts Leberecht Migge ist nun wieder veröffentlicht worden.

Hausgarten
Blaupause vom Hausgarten Furchner in Brieg.
Gartenarchitektur
Das lange verschollene Werk des grossen Gartenarchitekten des frühen 20. Jahrhunderts Leberecht Migge ist nun wieder veröffentlicht worden.

gun. Als Leberecht Migge 1935 in Flensburg starb, gehörte er zu den einflussreichsten Gartenarchitekten des frühen 20. Jahrhunderts im deutschsprachigen Raum. Mit einer grossen Zahl von Projekten und Publikationen hatte er sich den Ruf als bedeutender Theoretiker, Gestalter und Reformer erarbeitet. Nach seinem Tod galten alle Originale seiner Zeichnungen und Pläne als verloren, die bisherigen Kenntnisse über seine Arbeit stammten ausschliesslich aus zeitgenössischen Publikationen. 2015 und 2016 kamen im Archiv für Schweizer Landschaftsarchitektur erstmals originale Zeichnungen und Pläne Migges zum Vorschein, die eine abenteuerliche Geschichte hinter sich hatten. Der vorliegende Band aus dem Birkhäuser Verlag zeigt dieses Konvolut aus über 300 Blättern. Autoren sind der Leiter des Archivs für Schweizer Landschaftsarchitektur und Professor an der Universität für Angewandte Wissenschaften Rapperswil, Hansjörg Gadient, sowie seine Mitarbeiter Sophie von Schwerin und Simon Orga.Das Spektrum der entdeckten Projekte reicht von grossen Siedlungsplanungen über öffentliche Parks bis zu privaten Villengärten. Dabei verwendete Migge in seinen Entwürfen die Formensprache des «Architekturgartens», der auf klaren Linien, räumlicher Gliederung, üppigen Staudenrabatten und einfachen Gehölzen basierte. Im Gegensatz zu den rein repräsentativen Gärten des Historismus liess er sich vielfältig nutzen: zu Sport und Spiel, als «Bleichgarten» für die Wäsche und schliesslich auch zur Lebensmittelproduktion. Hier setzte Migge mit seinen reformatorischen Ideen an. Analog zum Inneren eines Hauses teilte er auch dem Garten unterschiedliche Funktionen zu und orientierte sich dabei an einer konsequent geometrischen Formgebung mit gefassten Räumen.

Denn Migges neue Vorstellungen betrafen nicht nur die Gestaltungsform von Gärten, sondern auch deren Bedeutung zum Nutzen und Wohlbefinden breiter Bevölkerungsschichten. «Jedermann einen Garten», war sein Leitsatz, «Jedermann Selbstversorger» eine seiner wichtigen Publikationen. Ein Garten sollte zu jeder Wohnung gehören, der Aufenthalt und die körperliche Betätigung im Garten sollten nicht nur der Gesundheut zuträglich sein, sondern das Beste im Menschen hervorbringen. Migges Überlegungen wurden zur Grundlage für Kleingartenanlagen und städtebauliche Konzepte, die einen Beitrag zur Ernährung der Bevölkerung leisten konnten. Mit mehreren Buchpublikationen und etwa 300 Artikeln fand er breite Beachtung und bestätigte seinen Einfluss an der gartenkulturellen Reform des frühen 20. Jahrhunderts.

Die vorliegende Publikation ist nach Einführungen zu Leben und Bedeutung Migges typologisch nach Gartenbauaufgaben gegliedert: Landhausgärten, Privatparks, Stadtplanungen und Volksparks, Siedlungen und Laubengärten sowie Friedhöfe und Gedenkstätten. Ein eigenes Kapitel ist dem 1944 zerstörten Landsitz Ury gewidmet, zu dem über 40 Pläne erhalten sind. Kurze Einleitungstexte sowie Orts-, Personen- und Pflanzenregister erschliessen die Planinhalte. Zwei Pläne sind in Originalgrösse beigegeben. ●

Hausgarten

Autoren Hansjörg Gadient, Sophie von Schwerin, Simon Orga

Buchtitel Migge – The original Landscape Designs | Die originalen Gartenpläne

Verlag Verlag Birkhäuser, Basel

ISBN 978-3-0356-1359-9

Hausgarten
Laubengärten für Berlin Schöneberg.
Hausgarten
Ansichten aus dem Hausgarten in Lauenburg von Walter Leder.
Hausgarten
Frühes Projekt für einen Hausgarten mit repräsentativem Teil und Nutzgarten. Bilder: Birkhäuser
Hausgarten
(Visited 152 times, 1 visits today)

Weitere Beiträge zum Thema