Markanter Baustein der Stadt-Silhouette

Die ehemalige Bahndirektion liegt am Konrad-Adenauer-Ufer vis-à-vis dem Rhein und in unmittelbarer Nähe zum Kölner Hauptbahnhof, zum Dom und zur Innenstadt.

Stadt-Silhouette
Der Entwurf berücksichtigt den denkmalgeschützten Bestand sowie das historische Fassadenbild.
Von Uwe Guntern (Redaktion), Jens Kirchner und Ralph Richter (Bilder)
Der ehemalige Verwaltungssitz der Bahndirektion in Köln (D) wurde saniert und ist nun Hauptsitz der Europäischen Agentur für Flugsicherheit (EASA).

Die ehemalige Bahndirektion liegt am Konrad-Adenauer-Ufer vis-à-vis dem Rhein und in unmittelbarer Nähe zum Kölner Hauptbahnhof, zum Dom und zur Innenstadt. Es bestehen direkte Blickbeziehungen in Richtung Dom, Hohenzollernbrücke, auf das gegenüberliegende Rheinufer und über den Rheinbogen hinweg bis zu den auf der anderen Rheinseite gelegenen Bürogebäuden sowie der Messe Köln. Vom rechten Rheinufer aus gut sichtbar stellt das Gebäude eine wichtige Landmarke innerhalb der Kölner Innenstadt dar.Umgrenzt wird das Grundstück von vier Strassen: im Osten (Rheinseite) vom «Konrad-Adenauer-Ufer», im Westen von «Am Alten Ufer», im Norden von der «Servasgasse» und im Süden von der «Goldgasse». Der nördliche Bereich des Areals entlang des Konrad-Adenauer-Ufers wurde in den letzten Jahren erheblich aufgewertet. Für den unmittelbar südlich angrenzenden Bereich besteht die Absicht, ein neues städtebauliches Ensemble als Bürostandort zu entwickeln.

Historische Entwicklung

Der ehemalige Verwaltungssitz der «Königlichen Eisenbahndirektion zu Cöln» wurde in den Jahren 1906 bis 1913 erbaut. Die repräsentative Architektur spiegelt das Selbstbewusstsein und den hohen gesellschaftlichen Stellenwert des Eisenbahnwesens zur damaligen Zeit. Das ursprüngliche Bestandsgebäude im neoklassizistischen Stil besass eine massive Ausstrahlung und findet seine gestalterische Entsprechung im klassizistischen Schlossbau. Sein Mansarddach, das im Zweiten Weltkrieg zerstört wurde, prägte die Rhein-Silhouette der Domstadt massgeblich. Beim Wiederaufbau in den späten 1940er-Jahren wurde jedoch nur ein Mansardengeschoss mit Flachdach aufgesetzt.

Bis zum Jahr 2001 nutzte die Deutsche Bahn das Gebäude für die Verwaltung. Danach stand das Gebäude leer, da es für gängige und moderne Büronutzungen ungeeignet war. In den darauffolgenden Jahren fanden temporäre Veranstaltungen, Feiern, Ausstellungen und Filmarbeiten in den Räumlichkeiten statt. Nachdem HOCHTIEF Projektentwicklung GmbH die Immobilie 2011 erworben und den Umbau veranlasst hatte, bezog im Juni 2016 die Europäische Agentur für Flugsicherheit das Gebäude als neuen Hauptsitz – die EASA-Direktion.

Corporate Architecture – Dach als Logo

Der Entwurf berücksichtigt den denkmalgeschützten Bestand sowie das historische Fassadenbild und entwickelt eine zeitrichtige und moderne Lösung für das im Zweiten Weltkrieg zerstörte Mansarddach. Das neue Dach steht in seiner Gestalt bewusst im Kontrast zum historischen Bestand darunter. Durch eine Schattenfuge von der denkmalgeschützten Substanz getrennt, tritt die neue Fassade des Aufbaus als horizontal gegliederter, homogener und eigenständiger Körper dynamisch, elegant, transparent und modern in Erscheinung.

Metallene Bänder umhüllen die insgesamt vier Dachgeschosse und zeichnen mit ihrer Neigung die historische Dachkontur nach, die lange Zeit die Rhein-Silhouette der Domstadt prägte. Die hinter den Bändern liegende Glasfassade folgt nicht der ursprünglichen Dachschräge, sondern steht orthogonal zu den Geschossplatten. Im umlaufenden Fassadenzwischenraum entstehen Dachterrassen mit atmosphärischem Mehrwert und einem Panoramablick auf die Stadt.

Durch die Symbiose von Alt und Neu und die horizontale Bänderung des Daches ist ein neuer markanter Baustein innerhalb der Stadt-Silhouette entstanden, der das Kölner Rhein-Panorama weithin sichtbar prägt.

Denkmal – Fassade

Um eine wirtschaftliche und zukunftsfähige bauliche Lösung zu finden, konnte von der historischen Gebäudekubatur neben einzelnen Elementen aus dem Innenraum nur die äussere Fassade erhalten werden. Diese dient nach wie vor als statisch wirksame Aussenwand, in welche die Lasten aus den neuen Geschossdecken eingeleitet werden. Die denkmalgeschützte Fassade der unteren vier Geschosse wurde gereinigt, aufgearbeitet sowie teilweise restauriert.

Im Gegensatz zu dem zeichenhaften Dachaufbau sind die neuen Fenster in der historischen Fassade gestalterisch bewusst zurückhaltend ausgeführt. Sie entsprechen in ihren Abmessungen den ursprünglichen Fensterformaten, sind allerdings durch die umlaufende Schattenfuge klar als moderne Einbauten innerhalb der alten Öffnungen gestaltet und halten dabei respektvollen Abstand zum historischen Mauerwerk. Die Ausführung als Kastenfenster mit vorgesetzter Prallscheibe, dahinter liegendem Sonnenschutz und Fensterflügeln mit Dreifachverglasung stellt eine zeitgemässe, konstruktive Lösung dar, die den heutigen energetischen Ansprüchen und den hohen Schallschutz-Anforderungen gerecht wird. Fehlstellen in der Fassade, nach dem Krieg nur notdürftig restaurierte Fassadenabschnitte sowie noch vorhandene Schäden wurden soweit möglich erhalten und sollen auch weiterhin zeigen, dass es sich bei dem Gebäude der ehemaligen Bahndirektion um ein Bauwerk mit Geschichte und entsprechenden Narben handelt.

Die neue verputzte Westfassade «Am Alten Ufer» wird von vertikalen Fensterbändern geprägt, die über alle Geschosse verlaufen. Dadurch steht sie im Kontrast zur horizontalen Ausrichtung des neuen Dachaufbaus und unterscheidet sich auch von der Lochfassade des denkmalgeschützten Bestandsgebäudes. Sie ergänzt die alte Substanz unaufdringlich, rhythmisiert die lang gestreckte Gebäudeseite und integriert unauffällig die Lüftungsöffnungen der hinter der Fassade befindlichen Technikbereiche. Das historische Portal blieb erhalten und wurde behutsam saniert.

Denkmal – Eingang und Innenraum

Die ursprüngliche Vorplatzsituation am Konrad-Adenauer-Ufer war unverhältnismässig schmal, da das Gebäude sehr nah an der extrem stark frequentierten Verkehrsachse des Rheinufers gelegen ist. Um ein angemessen repräsentatives Entrée zu schaffen, wurde der Zugang mit einer behindertengerechten Rampen- und Treppenanlage ergänzt. Zudem wurden die seitlich der bestehenden Zugänge liegenden Fenster zu bodentiefen Türöffnungen erweitert. Dank der verputzten Innenlaibungen als nachträgliche Zäsur ablesbar, vermitteln diese einen angemessen grosszügigen Zugang und bringen viel Tageslicht in die dahinter liegende Halle. Die zusätzlichen Eingänge erlauben langfristig eine optionale Aufteilung in verschiedene Mietbereiche.

Die imposante historische Eingangshalle wurde originalgetreu in den Neubau integriert. Im Innenraum wurden alle erhaltenswerten und denkmalgeschützten Bauteile vor Baubeginn aufgenommen und kartiert, behutsam abgebaut, eingelagert und nach der fachgerechten denkmalpflegerischen Restaurierung wieder an Ort und Stelle verbaut. Durch den Erhalt dieser Originale wurde der Charme der ehemaligen Bahndirektion konserviert.

Die schmiedeeisernen Geländer an den aufgehenden Treppen des historischen zentralen Treppenhauses sowie die Geländer um die ellipsoiden Lufträume im Bereich der zentralen Halle wurden eingelagert. Der Neubau wurde exakt entsprechend der historischen Einbaumasse des Geländers errichtet.

Ebenso wurden die halbrunden Vollsteine des Treppenantritts im Erdgeschoss aus Weinbergmarmor demontiert und wieder eingebaut. Die seitlichen Verkleidungen der historischen Treppe sowie die Abdeckungen wurden durch gleichen Marmor ersetzt.

Die Laibungen der umlaufenden Durchgänge in die zentralen Halle im Erdgeschoss sowie des grossen Portals im Bereich des Eingangsfoyers wurden demontiert und im Neubau an gleicher Stelle wieder eingebaut.

Die Formen der Stuckornamente an Deckenrandfriesen, an Hohlkehlen und unterhalb der Treppenläufe wurden mithilfe von Silikonkautschuk-Abdrücken gesichert und damit nach historischem Vorbild neu hergestellt und an ursprünglicher Stelle wieder verbaut.

Die Sanierung und Instandsetzung, insbesondere die der Fassaden, der Eingangshalle und des Treppenhauses, erfolgte in enger, intensiver Zusammenarbeit mit dem Stadtkonservator der Stadt Köln unter Berücksichtigung der Vorgaben des Denkmalschutzes.

Interior Design – Himmel über Köln

Im Innern des Gebäudes sind offene und flexible Bürolandschaften entstanden, denen das von kadawittfeldarchitektur entwickelte Design- und Farbkonzept «Himmel über Köln» zugrunde liegt.

Die Farbcodierung der insgesamt sieben Bürogeschosse folgt dem Leitbild des «Himmels über Köln» bei einem Sonnenuntergang am Rhein. Jedes Stockwerk erhält, aus diesem übergeordneten Leitbild extrahiert, seine eigene Farbe, die sich in Wandfarbe, Teppich und Möbeldetails widerspiegelt. Die gepixelten Stockwerkanzeiger transportieren auf jedem Geschoss die Gesamtidee des Farbkonzeptes.

Gleichzeitig werden – bezugnehmend auf die Aufgaben der EASA – grossflächige, in feine technische und dekorative Liniengrafiken übersetzte Abbildungen von Flugobjekten auf die Wände appliziert. Sie reichen vom kleinen Papierflieger im Erdgeschoss über Ballons und Segelflieger bis zum grossen Passagierflugzeug A380 im siebten Stockwerk. Die Wände der drei Innenhöfe werden mit einer grossflächigen Fotocollage bespielt. Sie zeigt, wer hinter der Europäischen Agentur für Flugsicherheit steckt: die 800 EAS-Mitarbeiter aus ganz Europa. Aus ihren Porträts setzt sich eine überdimensionale Europa-Karte zusammen, die sich über die drei Innenhöfe erstreckt.

Bautafel

Bauherr HOCHTIEF Projektentwicklung GmbH, Niederlassung Rhein-Ruhr, Köln (D)

Endinvestor Commerz Real AG, Düsseldorf (D)

Nutzer EASA – European Aviation Safety Agency, Köln (D)

Architekturkadawittfeldarchitektur, Aachen (D) in Arbeitsgemeinschaft mit Graf + Graf Architekten, Montabaur (D)

Stadt-Silhouette
Die imposante historische Eingangshalle wurde originalgetreu in den Neubau integriert.
Stadt-Silhouette
Durch den Erhalt der originalen Bauteile wurde der Charme der ehemaligen Bahndirektion konserviert.
Stadt-Silhouette
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Luftbild des neuen EASA-Hauptsitzes am Rhein.
Stadt-Silhouette
Metallene Bänder umhüllen die insgesamt vier Dachgeschosse und zeichnen mit ihrer Neigung die historische Dachkontur nach.
Stadt-Silhouette
Im umlaufenden Fassadenzwischenraum entstehen Balkone mit atmosphärischem Mehrwert und Panoramablick über die Stadt.
Stadt-Silhouette
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Längsschnitt
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