Bühnenreif wohnen
Vorhang auf: Ein vorstädtisches Reihenhaus in Kuala Lumpur zelebriert Wohnen als Bühnenstück. Die Separation von Innen- und Aussenraum bleibt marginal und ist für den Blickwinkel dennoch entscheidend. Den Hauptakteuren obliegt die verantwortungsvolle Aufgabe der Selbstverwirklichung.

Ganzheitliches Konstrukt
Ein Bogendach sorgt massgeblich für den kathedralenhaften Charakter des mit den Wohnräumen gebündelten Anbaus. «Mit dem Gewölbedach wurde die Absicht verfolgt, den Raum zu vergrössern. Boden, Wand und Decke sollten durchgehend sein, damit die Elemente zu einem verschmelzen», erklärt der Architekt Fabian Tan. Die Übergänge der Betonoberflächen werden dadurch fliessend und ermöglichen ein zusammenhängendes Konstrukt. «Das Gewölbe vermittelt dieses Konzept auf ideale Weise. Inspiration fand ich in meiner Leidenschaft für höhlenartige Urräume», gesteht Tan. Die als Halbkreise gestalteten Fensteröffnungen verdeutlichen diese Intention. Punktuell eingebracht, nehmen sie der Betonkonstruktion die Schwere. Gleichwohl erzeugen sie auf den Betonoberflächen auf subtile Weise ein rhythmisches Lichtspiel, das an Erkundungen von Höhlen erinnert.
Hauptakteur oder Rezipient
Zwei grosse und sich zum Garten hin öffnende Türen laden in den Erweiterungsbau ein. Der fliessende Übergang von innen nach aussen verbindet den Innenraum unmittelbar mit der Natur. Das Bewboc House eröffnet damit gleichwohl die Möglichkeit zur Selbstverwirklichung. Nimmt man am Schauspiel teil, oder bevorzugt man die Rolle des passiven Betrachters? Wohnen und Erleben auf der Metaebene. Dringt man tiefer darin ein, eröffnet sich die Faszination überraschender Wechselwirkungen. Nimmt der Zuschauer auf der Bühne Platz, kann er die Rolle, die der Passivität gilt, einnehmen und dem mit Leoparden-, Kiara- und Eugenia-Bäumen geschmückten Aussenraum das Schauspiel überlassen und wird für andere Betrachter gleichwohl zum Hauptakteur. Eine Bürde oder vielmehr ein Geschenk? So viel ist klar: Das Bewboc House stellt Ansprüche. Die Materialität des Gebäudes treibt diesen Gestaltungswunsch auf die Spitze. Trist und grau oder doch lieber rein und sinnstiftend? In welcher Weise die Betonleinwand wahrgenommen und bespielt wird, obliegt den Bewohnenden. Dort beginnt sie, die nie endende Entdeckungsreise.
Das Obergeschoss entpuppt sich hinsichtlich der Raumhierarchie als dramaturgisch unverzichtbare Ebene. Das Arbeitszimmer mit Ruhezone ist über das ans Treppenhaus angeschlossene Foyer erreichbar und gewährt den Blick auf die Wohnräume. Vom Elternschlafzimmer – im bestehenden Haupttrakt des Gebäudes gelegen – gelangt man über wenige Stufen zu einer als Balkon ausgebildeten Plattform. Diese lädt zum Blick in die Ferne ein. Während der Entdeckungsprozess für kurze Momente unterbrochen wird, setzt Stille ein, bevor sich die Dramaturgie im bühnenhaften Wohnprozess auf ein Neues entlädt. ●








