Umgestaltung des historischen Hafenviertels von Rotterdam

Das von MAD Architects entworfene «Fenix» ist das Herzstück der Umgestaltung des historischen Hafenviertels von Rotterdam. Als besonderer Blickfang fungiert eine organische, dynamische Struktur auf dem Gebäude.

Der sogenannte «Tornado» führt vom Erdgeschoss durch das Dach hindurch auf eine Aussichtsplattform in einer Höhe von 24 Metern. (Fotos: Iwan Baan)

Das «Fenix» befindet sich in einem sorgfältig restaurierten historischen Lagerhaus, das vom renommierten Architekten Ma Yansong und seinem Büro MAD Architects neu interpretiert wurde. Als Herzstück der umfassenden Neugestaltung des Hafenviertels Katendrecht verbindet es eindrucksvoll Vergangenheit und Gegenwart. Das 16 000 Quadratmeter grosse Gebäude wurde 1923 errichtet und war einst Teil des weltweit grössten Lagerhauskomplexes. Es diente der «Holland America Line» – einer bedeutenden niederländischen Fracht- und Passagierschifffahrtsgesellschaft – als zentrale Drehscheibe für Lagerung und Umschlag.

Von den Kais rund um das Lagerhaus aus stachen ab dem späten 19. Jahrhundert Millionen europäischer Auswanderer in Richtung Amerika und Kanada in See – unter ihnen Persönlichkeiten wie Albert Einstein, Willem de Kooning oder Max Beckmann. Diese Wellen der Migration prägten Rotterdam nachhaltig und machten die Stadt zu einem der internationalsten Orte Europas – mit über 170 Nationalitäten, die heute die Stadt mitgestalten.

Alle Elemente entlang der Fassade wurden nun restauriert, renoviert oder wiederaufgebaut.

Für alle Kulturen

Heute ist das «Fenix» ein internationales Museum, das sich dem Thema Migration widmet – ein Ort der Begegnung, des Erinnerns und der künstlerischen Auseinandersetzung. Im Mai 2025 eröffnet, beherbergt es auf zwei grosszügigen Etagen Galerieräume mit Werken aus der wachsenden Sammlung sowie eigens in Auftrag gegebene Arbeiten junger Künstlerinnen und Künstler aus aller Welt. Während das Erdgeschoss flexibel für Ausstellungen und Veranstaltungen genutzt wird, sind die oberen Galerien der permanenten Sammlung vorbehalten.

Während das Erdgeschoss flexibel für Ausstellungen und Veranstaltungen genutzt wird, sind die oberen Galerien der permanenten Sammlung vorbehalten.

Besuchende betreten das Museum über Eingänge an der zum Wasser gelegenen Nordseite und an der Südfassade. Im zentralen Atrium befinden sich Empfang, Museumsshop und Café. Ein Highlight im Erdgeschoss ist der «Plein» – ein 2275 Quadratmeter grosser, multifunktionaler Raum für Performances, Veranstaltungen und wechselnde Programme. Durch Türen auf drei Seiten lässt sich der Raum zum öffentlichen Platz öffnen – ein offenes, einladendes Forum für alle.

Auch kulinarisch öffnet sich das Museum der Welt: An verschiedenen Stellen im Gebäude bieten sich Gelegenheiten, internationale Esskulturen kennenzulernen.

Teile neu zusammengesetzt

Die Restaurierung der 172 Meter langen Fassade des ehemaligen Umschlagplatzes und Lagerhauses begann 2018 unter der Leitung des Bureau Polderman. Einige architektonische Details stammen noch aus dem Jahr 1923, als das Lagerhaus eröffnet wurde, andere sind Teil des Wiederaufbauplans von 1948 bis 1950. In den letzten 60 Jahren wurden viele Anbauten hinzugefügt und die Funktion des Gebäudes mehrfach geändert. Die Fassade war uneinheitlich und Fronten sowie Rahmen waren verrostet. Alle Elemente entlang der Fassade wurden nun jedoch restauriert, renoviert oder wiederaufgebaut. Dazu gehören auch die charakteristischen Fenster, welche den Stil von 1923 widerspiegeln. Die 2200 Quadratmeter grosse Südfassade wurde sandgestrahlt und neu mit Zementputz versehen. Die charakteristischen Schiebetüren im Erdgeschoss setzte man in ihren ursprünglichen Zustand nach dem Krieg zurück, wobei Türen und Rahmen in ihrer ursprünglichen grünen Farbe neu gestrichen wurden. Es entstand ein ruhiger Rhythmus aus Säulen, Fenstern und Fronten, der die horizontale Qualität des Gebäudes betont.

Im Auge des Tornados

Ein spektakuläres neues Element setzt dem Gebäude die Krone auf: Der sogenannte «Tornado» – eine skulpturale Doppelhelix-Treppe – symbolisiert den Aufstieg und die Dynamik von Migration. Sie führt vom Erdgeschoss durch das Dach hindurch auf eine Aussichtsplattform in 24 Metern Höhe und bietet einen beeindruckenden Rundblick über Rotterdam und die Maas. Die spiralförmige Konstruktion ist mit polierten Edelstahlpaneelen verkleidet, das elegante Vordach misst stolze 17 Meter. Im Innern windet sich eine 550 Meter lange Holztreppe in Doppelhelix-Form nach oben; alternativ steht ein zentraler Aufzug zur Verfügung.

Der sogenannte «Tornado» führt vom Erdgeschoss durch das Dach hindurch auf eine Aussichtsplattform in einer Höhe von 24 Metern.

Auch in Sachen Nachhaltigkeit setzt das «Fenix» neue Massstäbe: Das 6750 Quadratmeter grosse Dach ist mit vielfältiger Begrünung versehen. Diese unterstützt die Biodiversität, speichert Regenwasser und trägt durch Verdunstung zur Kühlung bei. Ergänzt wird das ökologische Konzept durch ein modernes Wärmespeicher-System, das überschüssige Wärme im Boden lagert und per Wärmepumpe für die klimafreundliche Temperierung des Gebäudes sorgt. ●

Bild des Lagerhauses von 1925. Foto: Rotterdam City Archives

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