BIM kann nicht monodisziplinär gelehrt werden

Im Interview spricht Thomas Rohner, Professor für Holzbau und BIM an der Berner Fachhochschule sowie Vorstandsmitglied bei Bauen digital Schweiz, über die Herausforderungen und Potenziale von BIM.

Building Modeling
Building Information Modeling (BIM) bezeichnet eine kooperative Arbeitsmethodik auf Grundlage virtueller Modelle eines Bauwerks. Das Potenzial für die Baubranche ist weiterhin immens. Um dieses auszuschöpfen, bedarf es einer entsprechenden Ausbildung.
Im Interview spricht Thomas Rohner, Professor für Holzbau und BIM an der Berner Fachhochschule sowie Vorstandsmitglied bei Bauen digital Schweiz, über die Herausforderungen und Potenziale von BIM.Der Holzbau respektive die Holzbaubranche ist in Sachen BIM bereits relativ fit und lebt längst in der digitalen 3-D-Welt – 3-D-Modellierung, Vorfertigung, Just-in-time-Prinzip usw. sind etabliert. In welchen Bereichen der Baubranche und bei welchen Themen orten Sie das grösste Potenzial respektive den grössten Bedarf, um für BIM fit zu werden?
Der Holzbau ist in sich wohl bereits relativ fit, das heisst, er kann ab 3-D-Modell oder BIM-Modell produzieren, er kann auch die vierte Dimension – Zeit – und die fünfte Dimension – Kostenprozesse – handhaben. Die Kommunikation mit allen anderen Baupartnern ist aber noch zu optimieren. Das «I» (Information) von BIM ist auch im Holzbau noch nicht erreicht.

Wem empfehlen Sie deshalb, sich hinsichtlich BIM weiterzubilden?
Grundsätzlich allen. Gute Ausbildung, forschungsbasiert und praxisbezogen, ist die Voraussetzung für den Kulturwandel von analogem zu digitalem Bauen.

Wenn ich BIM «beherrsche», welche Vorteile ergeben sich für mich, meine Arbeit und meine Firma gegenüber meinen Mitbewerbern?
BIM kann als neues Businessmodell sehr viel Wertschöpfung generieren. Wer heute eine gute BIM-Ausbildung hat, ist auf dem Arbeitsmarkt sicher begehrt. Betriebe, die BIM können, sind für Investoren interessant.

Welche spezifischen sowie «neuen» Fähigkeiten und Kompetenzen setzt das Arbeiten mit BIM voraus?
Es sind keine spezifischen Fähigkeiten nötig. Jeder kann sich diese Kompetenzen aneignen. Es braucht dazu eine gewisse Offenheit, eine Affinität zur Technik und Technologie, Freude an der Kommunikation mit anderen, Teamgeist für die Entwicklung kreativer Lösungen, Verständnis für andere Gewerke und andere Denkweisen und die Fähigkeit, alte Paradigmen zu verlassen.

Wie lehren Sie diese im Unterricht, zum Beispiel im Rahmen des «CAS Digital planen, bauen, nutzen»?
Für Bildungsstätten ist es wichtig, dass sie ihren Teil zum Kulturwandel des digitalen Bauens beitragen. Es gilt, neue Wissensinhalte und Kompetenzen, neue Wege in der Didaktik und der Methodik für die Aus- und Weiterbildung zu entwickeln, um die jungen zukünftigen Leistungsträgerinnen und Leistungsträger, die mit Geschmeidigkeit an neue Technologien herantreten, optimal zu fördern. Moderne Lehre nimmt Themen wie Interdisziplinarität, Kollaboration, E-Learning und Kommunikation auf. Wir probieren, nicht lange zu reden, sondern schnell umzusetzen.

Welche Inhalte bearbeiten Sie mit den Studierenden, und wie bereiten Sie diese auf Arbeiten mit BIM vor?
Wir behandeln Theorien, lernen die Infrastruktur (Applikationen) kennen, wenden die vorhandenen Hilfsmittel und Dokumente an und entwickeln sehr schnell gemeinsam etwas. Ziel ist es, zum Abschluss des CAS in der Lage zu sein, ein Planer- und Bauteam zur Formulierung eines IDM (Information Delivery Manual) zu befähigen.

Die BIM-Methode arbeitet durchgehend mit digitalen Arbeitsprozessen, diese gilt es, sich anzueignen. Wie geschieht das? Nur digital oder auch analog?
Das Design der Prozesse kann analog (im Dialog), die Umsetzung digital gemacht werden. Das Verfahren ist dreistufig:
1. Allgemeine Beschreibung (Inhalte des Use-Case: Beschreibung, Ziele, Nutzen, Grundlagen, Abgrenzungen, Projektteam, Disclaimer)
2. Prozessbeschreibung (Beschreibung der Aufgaben und Leistungen pro Phase, Prozessbeschreibung [BPMN])
3. Informationsanforderungen (Informationsbedarf mit Input, und Output, Disziplin, Zeitpunkt, Format)

Praxisbezug zeichnet die FH-Aus- und -Weiterbildung aus. Wie sieht Praxisbezug konkret in der BIM-Lehre aus?
Das Gelernte probieren wir, wenn immer möglich, mit Praxisbeispielen zu unterlegen. Deshalb arbeiten wir mit Leitobjekten aus der Wirtschaft. Die Teilnehmenden erstellen Projektarbeiten, deren Ergebnisse teilweise in die Regelwerke von BuildingSmart einfliessen.

Warum kann es ein Vorteil sein, sich BIM in einem interdisziplinären Umfeld mit Fachleuten aus anderen Disziplinen anzueignen, wie das im «CAS Digital planen, bauen, nutzen» vorgesehen ist?
BIM lebt von Interdisziplinarität (Transdisziplinarität), Kollaboration (Kooperation) und Kommunikation. BIM kann nicht monodisziplinär gelehrt und geübt werden.

An der Berner Fachhochschule (BFH) bilden Sie als Professor für BIM und Holzbau den fachlichen Nachwuchs aus. Mit welchen Kenntnissen kommen die Studierenden zu Ihnen?
Das ist abhängig von ihrer Fachdisziplin (Fachrichtung) und ihrem vorherigen Arbeitsplatz respektive Werdegang. Grundsätzlich können Architekten und Holzbauer meist schon sehr gut mit dreidimensionalen Objekten umgehen, während Bauingenieure oft aus einer zweidimensionalen Welt kommen. Das Austarieren des Vorwissens auf einen gemeinsamen Wissensstand ist aber meist gut möglich.

Der fachliche Nachwuchs – die Generation Z –, die sogenannten Digital Natives sind also gut aufgestellt in Sachen Digitalisierung und digitales Bauen. Wie verhält es sich diesbezüglich mit erfahrenen Leuten aus der Bau- und Immobilienbranche aus?
Ich glaube, auch hier spielen Vernetzung und Kollaboration eine wichtige Rolle. Die Jungen lernen von den Älteren und umgekehrt. Wenn alle einen Benefit sehen, sind alle bereit mitzumachen. Es darf kein Zwang sein, sondern sollte zur logischen Konsequenz werden. ●

CAS Digital planen, bauen, nutzen – BIM sicher anwenden

Der Wandel vom analogen zum digitalen Bauen verändert fast alle Prozesse, Rollen, Verantwortlichkeiten und Aufgaben. Mit dem «CAS Digital planen, bauen, nutzen» erwirbt man die Methodenkompetenz, um Planungs- und Produktionsprozesse durchgehend digital zu führen. Man beherrscht den digitalen Workflow, versteht und definiert die BIM-Use-Cases der Baudisziplinen und ist in der Lage, ein IDM (Information Delivery Manual) zu formulieren und praktisch anzuwenden.

Die Weiterbildung bezieht sich auf die gesamte Baubranche im Hochbau und richtet sich an Fachleute aus Architektur, Holzbau, Ingenieurwesen, Projektmanagement und Produktionsleitung.

Wann 26. August 2021 bis 11. Februar 2022

Wo Berner Fachhochschule, Architektur, Holz und Bau, Solothurnstrasse 102, 2504 Biel

bfh.ch/ahb/casdigitalesbauen

Thomas Rohner
Thomas Rohner
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