Alpinbau – Klassisch und zugleich zeitgemäss

Die alte Mottahütte im Skigebiet der Lenzerheide entsprach nicht mehr den heutigen Anforderungen. Giubbini Architekten haben sie durch einen Neubau ersetzt, der durch sein besonderes Holzwerk respektive seine neuartige Holzkonstruktion auffällt.

Mottahütte
Prägendes Entwurfselement der neuen Mottahütte ist die offen gefügte Holzkonstruktion.
Von Lukas Bonauer (Text) und Ralph Feiner (Bilder)
Die alte Mottahütte in der Lenzerheide wurde durch einen Neubau ersetzt. Die Holzkonstruktion vermittelt zwischen Tradition und Moderne und erzeugt ein differenziertes Raumgefüge.

Die alte Mottahütte im Skigebiet der Lenzerheide entsprach nicht mehr den heutigen Anforderungen. Giubbini Architekten haben sie durch einen Neubau ersetzt, der durch sein besonderes Holzwerk respektive seine neuartige Holzkonstruktion auffällt. Diese Tragkonstruktion ist zugleich raumbildend und erzeugt ein vielschichtiges Raumgefüge. Im Zentrum befindet sich dabei der offene Kamin – als eigentlicher Ort und ebenso als Sinnbild des gemütlichen Zusammenseins.Die idyllische, parkähnliche Landschaft des Hochtals von Lenzerheide bietet den perfekten Rahmen für erlebnisreiche und erholsame Ferien. Insbesondere im Winter wartet ein vielseitiges Gebiet beidseits des Tals auf grosse und kleine Wintersportfreunde. Das schneesichere Skigebiet Arosa Lenzerheide überzeugt zudem mit 225 präparierten Pistenkilometern bis auf beinahe 3000 m ü. M. Da ist es nur verständlich, dass der Wunsch aufkommt, den Winterskisportlern nach den Abfahrten auch kulinarisch etwas zu bieten.

Für den Wiederaufbau auf 2277 m ü. M. kam erneut nur Holz als Hauptmaterial infrage, auch um dessen Wichtigkeit bei Tourismusbauten zu unterstreichen. Die neue Substanz sollte konstruktiv und architektonisch spannend sein, aber immer noch als «Hütte» lesbar bleiben – mit gemütlichen Attributen, mehr Komfort, besserer Anbindung an die Piste und mitunter auch ausgestattet mit einem optimierten Schutz gegenüber Gefahren wie zum Beispiel Lawinen. Schliesslich ist die Mottahütte nur im Winter bewirtschaftet, da sie im Sommer mit der Bahn nicht erschlossen ist.

Die neue Mottahütte artikuliert sich als klassischer und zugleich zeitgemäss konstruierter Holzbau. Prägendes Entwurfselement ist dabei die offen gefügte Holzkonstruktion, die zugleich statisch trägt, den Raum gliedert und durch ihre markante formale Ausbildung eine von aussen nach innen durchgängige Identität stiftet. Dabei umfasst das neue Gefüge insgesamt drei Hauptelemente: einen Gastraum als Kernstück im Zentrum der Anlage, einen rückwärtigen Querriegel mit dem Infrastrukturteil und eine geschützte, zweiseitig gefasste, südwestorientierte Terrasse mit Restaurant, Bar und Liegebereich. Alle diese Elemente sind auf einer Ebene angeordnet, was aus betrieblicher Sicht unerlässlich ist.

Lounge-Bereich im Zentrum

Im Inneren gliedert die gestapelte Holzkonstruktion den Gastraum in verschiedene Zonen. Im Zentrum der Hütte befindet sich ein Lounge-Bereich mit ausladendem, hoch aufragendem Kamin, darum herum gruppieren sich verschieden dimensionierte Sitznischen, ausgestattet mit halb hohen Trennwänden. Der transparente, tragende Holzfilter trennt die unterschiedlich ausgeprägten Sitzbereiche, der ganze Innenraum bleibt damit im Stehen überschaubar, behält mithin seine Grosszügigkeit, ohne dass beim Sitzen Behaglichkeit und Atmosphäre verloren gehen. Überhaupt unterstützt die Möblierung mit Bänken den Hüttencharakter, zudem erlaubt die Anordnung der Tische eine flexible Möblierung. Weinklimaschränke betten sich in die Lounge ein und sind ein echter Blickfang.

Der rückwärtige Infrastrukturteil wiederum besteht aus Servicetrakt mit Küche und Office und gewährleistet die optimale Bedienung sowohl des Gastraums als auch der Terrasse. Die Wege von Gästen und Servicepersonal sind kurz und voneinander entkoppelt. Die Terrasse schliesslich gliedert sich in drei Bereiche: den bedienten Bereich direkt vor dem Gastraum, windgeschützt, hinsichtlich Aussicht und Besonnung optimal orientiert, den Barbereich mit Selfservice, Grill und Stehtischen und den leicht abgesetzten Bereich mit den Liegestühlen. Die Aussenbereiche sind in der Höhe leicht gestaffelt, um die unterschiedlichen Nutzungen zu unterstreichen.

Das traditionell konstruierte, stattlich auskragende Dach schützt die Fassade und einen Teil der Terrasse. Die markanten Fensteröffnungen sorgen für Helligkeit, Leichtigkeit und faszinierende Lichteffekte im Innern und verleihen dem Gebäude eine differenzierte Massstäblichkeit. Der Holzfilter wiederum bringt Behaglichkeit und Atmosphäre. Und die dunkel gehaltene Dämmebene befindet sich hinter der offenen Tragkonstruktion, wodurch die Gebäudehülle leicht und filigran erscheint.

Mit ihrer neuartigen Holzbaukonstruktion vermittelt die jetzige Mottahütte zwischen Tradition und Aufbruch. Ihre Architektur lehnt sich an die bekannte Formensprache von Bauten in Berggebieten an und erzeugt zugleich ein modernes Erscheinungsbild und Gefüge sowie Raumgefühl.

Holzbau und Konstruktion

Der Neubau der Mottahütte besteht im Wesentlichen aus vier Teilen: Der bergseitige Teil des Erdgeschosses ist aus Beton konstruiert und beinhaltet die Küche, die Lagerräume, die Anlieferung und die öffentlichen Toiletten. Das Untergeschoss, das gleichzeitig als Sockel des Holzbaus dient, besteht aus Beton mit tragenden Mauerwerkswänden und schliesst Lagerräume, Haustechnikinstallationen sowie Garderoben und Toiletten für die Mitarbeiter ein.

Die Mottahütte selbst besteht aus einem nicht ganz alltäglichen Holzbau, der als moderne Interpretation eines Strickbaus bezeichnet werden kann. Die sogenannten Strickwände bilden im Gegensatz zu einem herkömmlichen Strickbau aber keine geschlossenen Flächen, sondern sind offen konstruiert. Als Distanzhalter zwischen den Strickbalken sind schwalbenschwanzförmige Klötze, sogenannte Rösslis angeordnet.

Das Holzdach bildet zusammen mit dem Strickbau das eigentliche Tragwerk. Die konstruktiv tragenden Strickwände befinden sich sowohl im Innen- als auch im Aussenbereich. Die dämmende Gebäudehülle wird in Rahmenelementbauweise ausgeführt. Die vertikalen Lasten aus dem Dach werden durch die Pfetten und über den Strickbau in den Massivbau abgeleitet. Die grosse Herausforderung waren die Anschlüsse der Luftdichtigkeitsschicht von den Rahmenelementen zum Dach. Diese Wände wurden mit einem Gleitlager an die Dachkonstruktion angeschlossen, da beim Strickbau mit einem Setzmass von bis zu 160 mm gerechnet werden muss. ●

Bautafel

Architektur Giubbini Architekten ETH SIA, Lenzerheide

Holzbau- und Bauingenieur Liesch Ingenieure AG, Chur

Bauphysik Kuster + Partner AG, Chur

Holzbau ARGE Möhr AG & Salzgeber + Co. Holzbau, Maienfeld

Elektroplanung fm elektro engineering ag, Wald / Lenzerheide

Sanitärplanung Spescha Haustechnik AG, Vaz / Obervaz

Mottahütte
Mottahütte
Die Aussenbereiche sind in der Höhe leicht gestaffelt, um die unterschiedlichen Nutzungen zu unterstreichen.
Mottahütte
Im Zentrum der Hütte befindet sich ein Lounge-Bereich mit ausladendem Kamin.
Mottahütte
Im Inneren gliedert die gestapelte Holzkonstruktion den Gastraum in verschiedene Zonen.
Mottahütte
Auch ein grosszügiger Weinkeller fehlt nicht.
Mottahütte
Mottahütte
Querschnitt
Querschnitt
Südfassade
Südfassade
Schnitt vertikal
Schnitt vertikal
Erdgeschoss
Erdgeschoss
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