Büro- und Verwaltungsbau – Miteinander verflochten

Seit mehreren Jahren wird das ehemalige Industrieareal in Sankt Petersburg umgestaltet. Mit Ferrum 1 vollendeten Tchoban Voss Architekten nun ein Bürogebäude, das in seiner Fassadengestaltung aus Cortenstahl die industrielle Vergangenheit würdigt.

Büro- und Verwaltungsbau
Von Morris Breunig (Text) und Ilya Ivanov (Bilder)
Seit mehreren Jahren wird das ehemalige Industrieareal in Sankt Petersburg umgestaltet. Mit Ferrum 1 vollendeten Tchoban Voss Architekten nun ein Bürogebäude, das in seiner Fassadengestaltung aus Cortenstahl die industrielle Vergangenheit würdigt.

Das neue von Tchoban Voss Architekten entworfene Bürogebäude Ferrum 1 erfreut sich historischer Gesellschaft und ist hinsichtlich der Gestaltung zugleich ein Verweis auf die industrielle Vergangenheit seines Standorts. Erbaut wurde es auf dem geschichtsträchtigen Gelände der ehemaligen Rossija-Fabrik im Sankt Petersburger Stadtteil Polustrovo. Gegenüber der Smolnij-Kathedrale entstand Ende des 18. Jahrhunderts auf dem Gelände ein Herrenhaus für Fürst Alexander Andrejewitsch Besborodko nach den Entwürfen des italienischen Architekten und Malers Giacomo Quarenghi inmitten einer grosszügigen Parkanlage. Jahrelang war dieses Landhaus ein Zentrum des gesellschaftlichen Lebens.Ende des 19. Jahrhunderts war der Park ein beliebter Erholungs- und Kurort für das gehobene Sankt Petersburger Bürgertum. An der Grenze zwischen dem ehemaligen Garten des Palais und dem heutigen Piskarewskij-Prospekt stand früher das Sommerhaus, das die Familie des berühmten russischen Kunsttheoretikers und Malers Alexander Benois in den Jahren 1877/78 und 1882 mietete. Im Jahre 1911 vereinnahmte der Maschinenbetrieb Rossija im Zuge der «Industrialisierung des gesamten Landes» grosse Teile des Areals als Werksgelände und errichtete Produktionsstätten, Lager und Verwaltungsgebäude, wodurch die einstige Gartenanlage verloren ging. Während der Betrieb bereits vor langer Zeit geschlossen wurde, blieben die zum Teil noch unfertigen, im Zuge der Fabrikerweiterung entstandenen Bauten leer und waren vom Zerfall bedroht. Im Zusammenhang mit der vor rund zehn Jahren initiierten Umgestaltung des Industrieareals durch die Entwicklungsgesellschaft Teorema realisierten Tchoban Voss Architekten den multifunktionalen Gewerbecampus Haus Benois (2008), den Bürokomplex Jahreszeiten-Ensemble (2013) sowie die Wohnanlage Fünf Sterne (2016). Das Bürogebäude Ferrum 1 konnte 2021 fertiggestellt werden. Das mit einer identischen Fassadenlösung und einem begrünten Innenhof ausgestattete Ferrum 2 wird derzeit umgesetzt.

Starke Verflechtung

Die skulpturale Fassade folgt einem geometrischen Raster und veranschaulicht ein zusammenhängendes, dynamisches, organisch fliessendes Gewebe. Das Bauwerk mit rechteckiger Gebäudeform wird horizontal und vertikal von Streifenelementen aus Cortenstahl umgarnt. Der siebengeschossige Neubau ist damit einer der ersten Vertreter, die in Russland mit einer skulpturalen Fassade jenes Materials umgesetzt wurden. Dieser korrosionsbeständige und langlebige Baustoff mit charakteristischer rostroter Patina sowie samtiger Textur macht das Gebäude zu einem besonderen Blickfang und fungiert zugleich namensgebend – Ferrum ist aus dem Lateinischen für Eisen abgeleitet. Der Wechsel aus flachen und vorstehenden Modulen transformiert die Fassade zu einem dreidimensionalen Geflecht. Der Wechsel aus weichen Strukturverglasungen und scharfkantigen Falten des Corten prägt die Gebäudeecken. Es entsteht zugleich der Eindruck, das Cortenstahlgeflecht ummantle lediglich einen aus Glas bestehenden Baukörper. Die Symbiose ist hingegen Realität. Ein Band aus goldenen Aluminiumpaneelen dient zusätzlich als Zierde der Fassade, um die intensive Färbung der Hauptfassadenverkleidung zu negieren.

Visuell verbunden

Ein grosses Portal bildet den Hauptzugang des Bürogebäudes, auf den beim Betreten das zentrale Foyer folgt. Dieses wurde mit zweiseitigem Strukturglas ausgestattet, um den Raum mit Licht zu füllen und ihn visuell mit dem umliegenden Park zu verbinden. Goldglänzende Aufzugsportale und Metalloberflächen in kaltem Grau wechseln sich im Foyer ab. Die Wandverkleidungen sind hingegen aus bedrucktem Glas. Metallische Oberflächen sind somit ein auffällig wiederkehrendes und bewusst verwendetes Stilmittel. Mithilfe dieser Akzente, die sich wie an der Fassade mal ausdrucksstärker abzeichnen und in den Innenräumen vornehmlich dezenter zum Einsatz kommen, findet die Gebäudegestaltung im Bezug zum Standort einen runden Abschluss. ●

Bautafel

Objekt Bürogebäude

Standort Sankt Petersburg

Fertigstellung 2021

Bauherrschaft Teorema (Business Park Polustrovo Ltd.)

Architektur Tchoban Voss Architekten

Entwurf Sergei Tchoban, Valeria Kashirina

Generalunternehmer, Projektsteuerung, Landschaftsplanung Teorema (Business Park Polustrovo Ltd.)

Bruttogeschossfläche 7965 m²

Statik Nord Fassade

Cortenstahl SSAB

Fenster und Türen Text

Aluminiumrahmen Reynaers

Büro- und Verwaltungsbau
Der neue Büro- und Verwaltungsbau Ferrum 1 befindet sich auf einem ehemaligen Industrieareal in Sankt Petersburg.
Büro- und Verwaltungsbau
Büro- und Verwaltungsbau
Der siebengeschossige Neubau ist einer der ersten Vertreter, die in Russland mit skulpturaler Fassade aus Cortenstahl umgesetzt wurden.
Büro- und Verwaltungsbau
Der korrosionsbeständige und langlebige Cortenstahl mit charakteristischer rostroter Patina macht das Gebäude zu einem besonderen Blickfang.
Büro- und Verwaltungsbau
Ein grosses Portal bildet den Hauptzugang.
Büro- und Verwaltungsbau floorplans
Erdgeschoss
Büro- und Verwaltungsbau floorplans
Regelgeschoss
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