Urbane Transformation

Mit dem «Quartier der tanzenden Paare» gewinnen Kcap (Städtebau und Architektur), Studio Vulkan (Landschaft) und Raumanzug (Nachhaltigkeit) den Studienauftrag für ein neues Wohnquartier mit 279 Wohnungen in der Nähe von Zürich.

Die Gebäude werden teilweise aus recyceltem Beton und teils aus vorgefertigten Holzelementen gebaut. Fotos: Filippo Bolognese, Kcap

Das teilweise überbaute Erni-Areal in Wangen-Brüttisellen soll in ein verdichtetes Quartier mit Wohnen, Büros, Handel und Gastronomie transformiert werden. Das Grundstück ist umgeben von kleinteiliger Wohnbebauung, kompakten Hochhäusern und verschiedenen Gewerbebetrieben. Der Standort ist stark lärmbelastet, da er sich in der Nähe einer Autobahnausfahrt, an einer stark befahrenen Durchgangsstrasse und direkt unter der Einflugschneise des Flughafens Zürich befindet.

Hohe Dichte

Kcap schlug ein Konzept vor, das auf den heterogenen Kontext mit einer sehr klaren, eigenen Haltung reagiert. Es stellt sich selbstbewusst gegen nahe gelegene Grossprojekte wie das Brüttiseller Tor oder das Ringstrassenquartier. Statt grosser Gesten und Höhepunkte bietet das Quartier einen Kontrast mit kompakter, niedriger Bebauung. Die gestaffelte Anordnung der Gebäude wirkt wie eine Lärmschutzwand, die der komplexen Lärmsituation gerecht wird und gleichzeitig einen offenen Charakter bewahrt. Wohnen ist vor allem in den geschützteren Gebäuden angesiedelt, während die stark befahrene Durchgangsstrasse und die Autobahnausfahrt von Gebäuden mit flexiblen Büroflächen und Penthouse-Wohnungen begrenzt werden. Gleichzeitig bleibt das Erni-Areal durch eine Vielzahl von physischen und visuellen Verbindungen in seinen Kontext eingebettet. Viele kleine Öffnungen und Eingänge sorgen für ein hohes Mass an Durchlässigkeit.

Ausgewogenes Gleichgewicht

Das neue Quartier wird durch vier verschiedene Typologien geprägt: das Atriumhaus, das Zeilenhaus, das Punkthaus und das Zwillingshaus. Jede Typologie wird zweimal eingesetzt, wodurch Paare entstehen, die aufgrund ihrer Anordnung und Ausrichtung im Plan miteinander zu «tanzen» scheinen. Die Begrenzung der Anzahl der Gebäude- und Wohnungstypologien diente der Kohärenz sowie der Optimierung und schuf ein ausgewogenes Gleichgewicht zwischen Wiederholung und Vielfalt.

Allen vier Typologien gemeinsam ist ein schräges Dach, das die drei obersten Stockwerke einschliesst und eine Traufe über dem vierten oder fünften Stockwerk bildet. Dadurch wird ein menschlicher Massstab eingeführt und viel natürliches Licht für die öffentlichen Räume und Wohnungen gewährleistet. Zusammen mit der unterschiedlichen Materialisierung des Erdgeschosses sind die Fassaden visuell in drei Schichten gegliedert: Erdgeschoss, Körper und Schrägdach.

Durch die sorgfältige Positionierung der vier «tanzenden Paare» hat Kcap eine Abfolge von öffentlichen Räumen im Inneren des Viertels geschaffen. Diese zeichnen sich alle durch ihre spezifischen Qualitäten aus. Die Innenhöfe sind üppig mit Bäumen bepflanzt, die Flächen vor den Gebäuden fungieren als Pufferzone zwischen öffentlichem und privatem Raum und die autofreien Strassen sind deutlich als solche zu erkennen. Aufgrund ihrer natürlichen Bepflanzung und Beschattung dienen diese Flächen auch als Rückhaltefläche für überschüssiges Regenwasser, als Kühlmassnahme und zudem als eigenes Mikroklima.

Teilweise vorgefertigt

Die Gebäude sind so konzipiert, dass sie teilweise aus recyceltem Beton – der nur für die Untergeschosse, Erdgeschosse und Gebäudekerne verwendet wird – und teilweise aus vorgefertigten Holzelementen gebaut werden. Dieser hybride Ansatz hat sowohl finanzielle als auch ökologische Vorteile, da er den komplexen Bauprozess an diesem anspruchsvollen Standort rationalisiert. Neben den Massnahmen zur Lärmreduzierung, zum Wärmeschutz, zur Wasserrückhaltung und zur Verbesserung des Mikroklimas verfügt das Erni-Areal über Photovoltaikanlagen, begrünte Dächer, Wärmepumpen und ein Höchstmass an natürlicher Belüftung. Das Projekt ist kompakt sowie ökologisch und zielt auf die Anforderungen vom Standard Nachhaltiges Bauen Schweiz (SNBS).

Der bestehende Erni-Hauptsitz bleibt erhalten und wird um ein Gewächshaus aufgestockt, das zu einem Gemeinschaftszentrum mit Schwerpunkt auf der städtischen Lebensmittelproduktion werden soll. Nachts wird dieser Glaspavillon als Leuchtturm für das neue Quartier dienen.

kcap.eu

Die Innenhöfe sind üppig mit Bäumen bepflanzt.
Die Innenhöfe sind üppig mit Bäumen bepflanzt.
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