Weiterbauen – Redesign mit hohem Anspruch

Das Ambassador House wurde 1989 an der Verbindungsachse zwischen Zürich Nord und dem Flughafen Kloten fertiggestellt. Das Gebiet beim Oberhauserriet – heutiger Glattpark – war damals weitgehend Brachfläche.

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Im Unterschied zum Ursprungsbau, bei dem die Grossstruktur auf Einzelbauten verteilt worden war, bekennt sich die Erneuerung zu ihrer Grösse.
Von Christof Glaus

Das Ambassador House wurde 1989 an der Verbindungsachse zwischen Zürich Nord und dem Flughafen Kloten fertiggestellt. Das Gebiet beim Oberhauserriet – heutiger Glattpark – war damals weitgehend Brachfläche. Der gewaltige Baukörper stand wie eine gestrandete Arche selbstbezogen am Anfang einer Reihe grossmassstäblicher Gewerbebauten. Mit fünf Untergeschossen, zehn Obergeschossen, einer Grundfläche von 160 mal 60 Meter galt das Bauwerk zu seiner Entstehungszeit als eines der grössten Gebäude der Schweiz.Das gigantische Parkhaus, das mit 1200 Parkplätzen fast die Hälfte des Gebäudevolumens ausmacht, widerspiegelt die damals periphere Lage und untergeordnete Rolle einer Anbindung an den öffentlichen Verkehr. Mit der neuen Glatttalbahn, die direkt vor dem Haus hält, und dem angrenzenden Glattpark hatte sich das Umfeld bei Projektierungsbeginn im Jahre 2008 komplett geändert. Aus der heterogenen Randlage war ein städtischer Aussenbezirk Zürichs geworden.

Neupositionierung für den nächsten Lebenszyklus

Die Gesamtsanierung des Ambassador House hat zum Ziel, das Gebäude für einen nächsten Lebenszyklus so zu ertüchtigen, dass es in seinem neuen Umfeld mit den zahlreichen Angeboten an Mietflächen und Freizeitaktivitäten konkurrenzfähig bleibt.

Um dies zu bewerkstelligen, waren über die rein technische Instandstellung und Modernisierung von Gebäudehülle, Haustechnik und Kommunikationsmedien insbesondere die Ansprüche an die Architektur sehr hoch.

Das Potenzial dieser grosszügigen Gebäudestruktur galt es auszuschöpfen. Insbesondere die architektonische Erscheinung sowie die innenräumliche Struktur waren so zu optimieren, dass eine neue Adressbildung und ein hochwertiges, flexibles Raumangebot geschaffen würden. Auf der Grundlage von Nutzungs- und Marktstudien entschied die Bauherrschaft 2009, das Gebäude zukünftig komplett als Bürogebäude zu nutzen, das im Sockelgeschoss um öffentlich zugängliche Angebote wie Gastronomie, Fitness oder Konferenzräumen ergänzt werden sollte.

Nach der Sanierung sollte das Gebäude dem Nachhaltigkeitsstandard LEED Platinum (Core & Shell) entsprechen. Gepaart mit den Anforderungen der revidierten Baunormen, namentlich des Brandschutzes, waren die Rahmenbedingungen klar abgesteckt.

Wesentlicher Ankerpunkt während des ganzen Planungsprozesses blieb stets die teilweise hochwertige, zuweilen aber auch sperrige Bausubstanz.

Ein Relikt der Postmoderne

Ursprünglich war das Gebäude in drei identische Häuser mit jeweils eigenem Eingang gegliedert, die durch prominente Aufbauten akzentuiert und mit einem gemeinsamen Sockelgeschoss zusammengefasst wurden. Mit seinen Rundbogenverzierungen auf dem Dach, beiger und lila Farbgebung und kleinteiligen Fenstern wirkte der Bau als typischer Vertreter der 1980er-Postmoderne.

Dem seriellen Charakter entsprechend ist die Gebäudestruktur streng durchgetaktet. Die Betonskelettbauweise folgt einem Raster von 8 mal 8 Meter. Die Geschosshöhen variieren je nach Gebäudeschicht, mit gerade mal 2.63 Meter lichter Raumhöhe in den niedrigsten Geschossen. Die Konstruktion wird durch 16 Kerne ausgesteift, die in den Untergeschossen verankert sind. Im Verbund mit dem darunterliegenden Felsen bilden die Umfassungswände der Untergeschosse eine Wanne.

Bereits vor der Sanierung wurden zwei Drittel des Gebäudes als Büro genutzt. Das restliche Drittel beherbergte ein Hotel. Um ihre unterschiedlichen Bedürfnisse einbringen zu können, wurden die Mieter, Zurich Versicherung und Hotel Renaissance, aktiv in die Planung eingebunden. Für das Hotel wurde das rigide Raster aufgebrochen. Um einer grossen Freitreppe Platz zu machen, wurden Kerne aus den Achsen geschoben, zur Realisierung eines Ballsaals die Raumhöhen angepasst, und im Untergeschoss wurde ein Schwimmbad erstellt. Die Versicherungsgesellschaft liess eine eigene, leistungsfähigere Haustechnikanlage mit neuen Dachaufbauten erstellen. Die unbefriedigende Belichtungssituation im 2. Obergeschoss löste sie über den Einbau von zwei Lichthöfen, sodass die Gebäudetiefe auf beidseitig 18 m reduziert werden konnte. Diese Anpassungen wurden grösstenteils kurzfristig geplant und sind nur bedingt nachvollziehbar, nicht zuletzt da die früheren Pläne nicht mehr vorhanden sind.

Architektonische Klärung

Schnörkellos, gerichtet und von scharfer Kubatur scheint das heutige Ambassador House mit dem Vorgängerbau auf den ersten Blick nur wenig gemeinsam zu haben. Die architektonische Grundhaltung ist die des «Redesign», das auf den bestehenden Qualitäten aufbaut, diese aber, wo nötig, mit grösseren Eingriffen ins Jetzt überführt. Die ersten Eingriffe wurden darauf ausgerichtet, die durch die Mieterausbauten beeinträchtigte Grundstruktur zu bereinigen und in das rigide Raster rückzuführen.

Die turmartigen Hotelzimmeraufbauten mit Rundbogenverzierung wurden entfernt und durch reine Haustechniktürme ersetzt. Die prominent platzierten Spiralrampen zur Tiefgarage sind durch zwei im Gebäudeinneren liegende Abfahrtsrampen ersetzt worden. Die beiden Lichthöfe reichen nun bis ins Erdgeschoss.

Die einzelnen Schritte zur architektonischen Klärung wurden stets auf ihre Wirtschaftlichkeit und Effizienz hin beurteilt: Die konsequente Ausrichtung am Raster erlaubt eine flexible Einteilung der Mieteinheiten bei gleichzeitiger Maximierung der Mietflächen. Durch die ausschliessliche Nutzung der Dachaufbauten als Technikräume konnte der Bau trotz einer Höhe von mehr als 30 m von den Auflagen eines Hochhauses befreit werden. Mit der Verlängerung der Lichthöfe und der abgebrochenen Aufbauten wurde Baumasse gewonnen, die stattdessen in die Erweiterung der Obergeschosse investiert werden konnte.

Ankunft im Jetzt

Nach Süden und in Richtung von Oerlikons Zentrum kragt der Mittelbau nun ausladend aus und markiert den grosszügigen Haupteingang. Ein sekundärer Eingang liegt am anderen Gebäudeende, jedoch mit Ausrichtung zur Thurgauerstrasse. Die beide Gebäudeenden sind über eine durchlässige Raumfigur miteinander verbunden.

Die Lichthöfe sind ab dem 2. Obergeschoss mit einem gläsernen Dach bedeckt und werden somit in dieser weitläufigen städtischen Passage zum lichten Platz. So vollzieht sich auch in der Gebäudeorganisation die schwindende Dominanz des motorisierten Individualverkehrs gegenüber dem Fussgänger.

Im Unterschied zum Ursprungsbau, bei dem die Grossstruktur auf Einzelbauten verteilt worden war, bekennt sich die Erneuerung zu ihrer Grösse. Durchgehende, dunkle Brüstungsbänder betonen die horizontale Ausrichtung des Gebäudes, und helle, quer zueinander gerichtete Wandscheiben in den Gebäudeecken sorgen für eine Differenzierung von Sockel und Mittelbau.

Die ehemals vertikale Gliederung bleibt in der neuen Fassade in Form von Einstülpungen jedoch als Referenz ablesbar. Der Massstab des Gebäudes passt sich dem Standpunkt des Betrachters an. Aus der Ferne erscheint das Gebäude als grossmassstäbliches, dunkles Volumen. Von Nahem betrachtet, wird es zum facettenreichen, urbanen Gebäude. Die Brüstungsbänder sind mit vertikal profilierten, bräunlich-violett glasierten Keramikplatten verkleidet. Die Fensterbänder werden durch die hellen Aluminiumfensterrahmen rhythmisiert.

Ein Wechsel der Fensterformate vom Sockelgeschoss zum Mittelbau verweist auf die unterschiedliche Nutzung. Je nach Blickwinkel wirken die Brüstungselemente metallisch grau bis dunkelbraun-violett, und bei diffusem Licht wird die unregelmässige Farbtönung der Glasur erkennbar.

Die Differenzierung über das Detail wird im Innern fortgeführt. Seien es die niedrigen Brüstungen der Bürogeschosse zur optischen Vergrösserung der Raumhöhen oder Farbnuancen von Anstrich und Materialwahl in den Atrien, die das Lichtspiel akzentuieren.

Die Bauarbeiten am Ambassador House dauern noch bis im November 2017. Bis dahin wird auch die Umgebungsgestaltung abgeschlossen sein. Die Planung von Nipkow Landschaftsarchitekten in der Tradition von Barockgärten endet nicht an der Grundstücksgrenze, sondern weist das neue Ambassador House als wesentlichen Bestandteil des Glattparks aus.

Die Landschaftsarchitektur
Die Landschaftsarchitektur
Die Landschaftsarchitektur wird das neue Ambassador House als wesentlichen Bestandteil des Glattparks ausweisen.
Ambassador House
Ambassador House
Die Brüstungsbänder sind mit vertikal profilierten, bräunlich-violett glasierten Keramikplatten verkleidet. Die Fensterbänder werden durch die hellen Aluminiumfensterrahmen rhythmisiert.
Ambassador House hall
Im Sockelgeschoss sind öffentlich zugängliche Angebote wie Gastronomie, Fitness oder Konferenzräumen geplant.
Ambassador House schnitt
Schnitt
Ambassador House fassade
BauphasenBild 1:
Ambassador House abbruch
Bilder 2 und 3:
Ambassador House schnitt
Ambassador House rueckbau
Bild 4:
Ambassador Houseanbau
Bilder 5 und 6:
Ambassador House schnitt
Ambassador House strucktur
Bild 7:
Ambassador House fassade
Bild 8:
Ambassador House
Erdgeschoss
Ambassador House
1. Obergeschoss
Ambassador House
2. Obergeschoss
Ambassador House
3. Obergeschoss
Christof Glaus
Christof Glaus, Dipl. Arch. ETH, ist Mitglied der Geschäftsleitung und im Verwaltungsrat der Stücheli Architekten AG, Zürich.
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