Wohnen im ehemaligen Büroumfeld
Wie sich der Weg vom Büro- zum Wohngebäude vollzieht, zeigen Fischer Architekten anhand des Octavo II auf dem ehemaligen Industriegebiet in Zürich Oerlikon.
Im Zusammenhang mit den Veränderungen durch die derzeitige pandemische Situation werden häufig die Begriffe Wandel oder Transformation bemüht. Die zunehmende Integration des Arbeitsumfeldes in das private Gefilde ist eines der daraus resultierenden Ereignisse. Am ehemaligen Bürogebäude Octavo II in Zürich veranschaulichen Fischer Architekten die bauliche Transformation zu einem Wohngebäude. Zur Reduktion des Ungleichgewichts zwischen knappem Wohnraum und leer stehenden Büroflächen entstanden daraus 80 neue Wohnungen, die auf dem ehemaligen Industriegebiet nördlich des Bahnhofs Oerlikon verortet sind. Vereinzelte erhaltene Fabrikbauten erinnern noch heute an die Historie des Areals.
Breites Spektrum an Wohnungen
Trotz unpassendem Stützenraster, beachtlicher Gebäudetiefe und lediglich zwei Erschliessungskernen erreichte man eine effiziente Implementierung der Wohnformen in das vormalige Bürogebäude, dessen Fassadensanierung ebenfalls Bestandteil der Umnutzung war. Raumhöhen von drei bis vier Metern in den neuen Wohneinheiten verweisen auf die vorangegangene industrielle Nutzung und verleihen dem Gebäude auch aufgrund dessen einen besonderen Charakter. Die beiden Erschliessungskerne blieben bestehen und gliedern das umgenutzte Gebäude in drei Bereiche, mit der gleichen Anzahl Geschosswohnungen auf allen Etagen in den beiden Köpfen. Der mittlere Gebäudeteil hingegen ist mit sehr unterschiedlichen Wohnungen belegt, die in den Obergeschossen über einen internen Korridor als Verbindungselement beider Treppenhäuser erschlossen werden. Grosszügige Maisonettewohnungen mit vorgelagerter Pergola zieren die obersten Geschosse – minimale, in das Büroraster integrierte Kleinwohnungen hingegen die Regelgeschosse. Das Erdgeschoss ist mit funktional flexiblen Studiowohnungen mit direktem Zugang vom Hof bedacht.
Erhaltung trotz Umnutzung
Eine einfache und dennoch harmonische Materialwahl dient der subtilen Erhaltung des früheren Bürocharakters. Neben den Eingangstüren der Wohnungen sorgt jeweils ein Glasbausteinfeld für Licht in den tiefen Grundrissen, was zugleich die Erschliessungskorridore belebt. Zu Loggien umfunktionierte Fenster dienen als private Aussenräume, sorgen für die Aufrechterhaltung des Fassadenbildes und ermöglichen die Aufstockung durch gewonnene Ausnutzung. Der grobe Modellierputz widerspiegelt durch seine horizontale und vertikale Kämmung den unterschiedlichen räumlichen Umgang mit der Struktur im Innern. Die komplementäre Farbgebung der Fassade dient der Emanzipation des Gebäudes von seinen beiden benachbarten Geschwisterbauten. Trotz Planungsbeginn vor der pandemischen Situation ist Octavo II in seiner gelungenen Umsetzung ein Hinweis darauf, welche weiteren baulichen Veränderungen in der Gebäudelandschaft künftig bevorstehen könnten. ●
Bautafel
Objekt Wohngebäude
Standort Zürich
Fertigstellung 2020
Bauherrschaft Credit Suisse
TU und Bauleitung GENU Partner AG
Bauingenieur Ruggli & Partner AG
HaustechnikSchoch Reibenschuh AG
ElektroplanungErdin Elektroplanung GmbH
Bauphysik und BrandschutzGartenmann Engineering AG