Energieversorgung sichern

Bis 2050 will sich die Schweiz CO₂-neutral mit Energie versorgen. Gasbetriebene Blockheizkraftwerke können dabei eine wichtige Rolle übernehmen und beispielsweise die Photovoltaik perfekt ergänzen, wie ein Beispiel aus St. Gallen zeigt.

Energieversorgung sichern
In der Siedlung Sturzenegg in St. Gallen übernehmen zwei BHKW den Grossteil der Wärmeversorgung. Zudem tragen sie in Kombination mit Photovoltaik zur Stromproduktion vor Ort bei.Foto: WBG SG

Die Zukunft der Energieversorgung ist klimaneutral. Für die Versorgungssicherheit und das Erreichen der Klimaziele spielen Gas und seine Infrastruktur eine wichtige Rolle. Die Schweizer Gaswirtschaft arbeitet daran, die Gasversorgung zu dekarbonisieren. Auf diese Weise leistet sie einen wichtigen Beitrag, damit die Schweiz die Klimaziele erreicht.

Sicherheit und Stabilität
Die zentrale Herausforderung dabei ist die Stromversorgung im Winter. In dieser Jahreszeit ist die Schweiz schon seit Jahren auf Stromimporte angewiesen. Mit der Dekarbonisierung und dem Ausstieg aus der Kernkraft wird sich diese Versorgungslücke noch akzentuieren, weil die Photovoltaik als wichtigste neue erneuerbare Quelle im Winterhalbjahr nur wenig Ertrag liefert. Deshalb benötigt es ergänzende Systeme, die bei Bedarf einspringen und die Stromversorgung unterstützen können. Eines dieser Systeme ist das Blockheizkraftwerk (BHKW), das auf dem Konzept der Wärme-Kraft-Kopplung basiert. Ein BHKW produziert nicht nur Wärme, sondern gleichzeitig auch Strom. Es besteht normalerweise aus einem Verbrennungsmotor und einem Generator.

BHKW werden in der Regel über das Gasnetz versorgt und nutzen damit einen Energieträger, der konstant zur Verfügung steht. Eingesetzt werden die Kraftwerke vorwiegend in Überbauungen, in Industrie- und Gewerbeanlagen, Hotels, Spitälern oder Sportanlagen. Da man sie dezentral am Ort des Verbrauchs installiert und betreibt, kann die bei der Verbrennung anfallende Abwärme direkt genutzt werden. Das erhöht den Wirkungsgrad insgesamt und reduziert die CO₂-Emissionen. Wird mit dem Strom aus dem BHKW eine Wärmepumpe betrieben, lässt sich der Wirkungsgrad nochmals stark steigern. Zudem sind dezentrale BHKW rasch und kostengünstig realisierbar.

Teil des Versorgungsplans
In St. Gallen sind BHKW ein ­wesentlicher Bestandteil des städtischen Wärmeversorgungsplans. Bereits 2010 realisierten die St. Galler Stadtwerke (sgsw) den ersten Nahwärmeverbund mit einer BHKW-Anlage. Seit 2015 werden solche Kraftwerke im sogenannten Schwarmkonzept installiert: Man baut sie in bestehende Gebäude respektive Heizzentralen ein. Mittlerweile betreiben die sgsw 39 Anlagen mit total 48 BHKW-Modulen und insgesamt 1,5 Megawatt elektrischer Leistung.

Ein typisches Beispiel ist die von den sgsw geplante, realisierte und betriebene Energielösung der Siedlung Sturzenegg. Diese gehört der Wohnbaugenossenschaft St. Gallen und umfasst drei Minergie-A-Mehrfamilienhäuser mit insgesamt 69 Wohnun­gen. Die Siedlung ist das grösste gemeinnützige Wohnbauprojekt in St. Gallen und setzt mit seinen geschwungenen Fassaden, den zweifarbigen Schindeln und den versetzten Balkonen architektonische Akzente.

Den Solarstrom ergänzen
Das Besondere an der Energieversorgung der Siedlung Sturzenegg ist, dass hier gasbetriebene BHKW und Photovoltaik kombiniert werden. Die zwei BHKW verfügen über je 40 kW thermische und 20 kW elektrische Leistung, die Photovoltaikanlage über 113 kWp. Die BHKW können rund 90 Prozent des Wärmebedarfs ­decken, für den Rest steht zusätzlich ein 235-kW-Gaskessel zur Verfügung. Um die Betriebs- und Laufzeit der BHKW zu optimieren, ­wurden vier Wärmespeicher mit total 10,6 m³ Volumen installiert. So wird der Gaskessel nur bei sehr hohem Wärmebedarf oder als Redundanz bei Wartungen benötigt.

Der Strom von BHKW und Photovoltaikanlage wird primär von der Eigenverbrauchsgemeinschaft vor Ort verbraucht. Übersteigt die Produktion den Bedarf, wird der Überschussstrom ins Netz der sgsw eingespeist. Um das Gesamtsystem zu optimieren, wird die Wärmeproduktion der BHKW im Sommerhalbjahr, wenn tagsüber viel Solarstrom anfällt, in die Nachtstunden verlegt. Ein zentrales Energiemanagementsystem sorgt dafür, dass die verschiedenen Energieerzeuger unter Einbezug der Wärmespeicher optimal aufeinander abgestimmt sind und möglichst viel der produzierten Elek­trizität vor Ort verbraucht wird.

Hohe Eigenverbrauchsquote
Wie der Blick auf die Statistik zeigt, gelingt das tatsächlich. 2020 haben die BHKW 460 000 kWh Wärme bereitgestellt und damit 90 Prozent des gesamten Bedarfs gedeckt. Sie lieferten 230 000 kWh Strom und die Photovoltaikanlage 105 000 kWh – aus dem Netz bezogen wurden lediglich 60 000 kWh. Etwas mehr als 100 000 kWh wurden ins Netz eingespeist. Damit erreicht das Gesamtsystem aus BHKW und Photovoltaikanlage eine Eigenverbrauchsquote von rund 70 Prozent.

Seit ihrer Inbetriebnahme im Juni 2017 wurden die beiden BHKW je 27 500 Stunden betrieben. Gemäss den sgsw arbeiten die standardisierten Module sehr zuverlässig und effizient. Auch die Kombination mit der Photovoltaik funktioniert bestens. Zudem spart die Wärmeproduktion mit den BHKW im Vergleich zu einem reinen Gaskessel jedes Jahr rund 50 Tonnen CO₂.

CO₂-Emissionen reduzieren
Das Beispiel aus St. Gallen zeigt, dass gasbetriebene BHKW in der Energieversor­gung eine wichtige Rolle übernehmen und insbesondere im Winter zur Stabilität des Stromnetzes beitragen können. Dabei werden ihre CO₂-Emissionen mit dem steigenden Anteil an erneuerbaren Gasen im Schweizer Gasnetz laufend sinken. Weil die Gasversorger den Anteil an erneuerbarem Gas bis 2050 sukzessive auf 100 Prozent erhöhen werden, können BHKW zunehmend klimaneutral betrieben werden.

Die Stadt St. Gallen wird deshalb dezentrale BHKW weiter ­fördern. In Zukunft wollen die sgsw kleinere, dezentrale Einheiten wie in der Siedlung Sturzenegg zu einem «virtuellen Kraftwerk» zusammenschalten. Damit soll ­elektrische Leistung gemäss der Nachfrage bereitgestellt werden können, das vor allem auch im Winter.

gazenergie.ch

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