BIM im Ländervergleich

Wer führt bei der Nutzung von BIM in Europa? Eine Studie gibt interessante Einblicke.

BIM im Ländervergleich
Die Intensität des Einsatzes von BIM ist in den jeweiligen Ländern unterschiedlich ausgeprägt. Foto: PlanRadar
Von Rudolf Pistora (Text) und PlanRadar (Grafiken)
Wer führt bei der Nutzung von BIM in Europa? Eine Studie gibt interessante Einblicke.

PlanRadar ist eine SaaS-Lösung (Software as a Service) für die Dokumentation und die Kommunikation in Bau- und Immobilienprojekten, die auch die Building-Information-Modeling-(BIM-)Technologie unterstützt. Ursprünglich 2013 in Österreich entwickelt, hat die Lösung seitdem Kunden in 55 Ländern überzeugt, wodurch einzigartige Einblicke in eingesetzte Bautechnologien gewonnen werden konnten. 2021 schloss PlanRadar eine BIM-Studie ab, um den Einsatz dieser Technologie in den acht europäischen Ländern Deutschland, Österreich, Schweiz, Russland, Grossbritannien, Frankreich, Polen und Kroatien zu evaluieren.Zu diesem Zweck führte PlanRadar Recherchen und Interviews mit Bauexperten in verschiedenen Ländern durch. Im Fokus standen dabei Unternehmen aus dem Bausektor, die neben Architektinnen und Planern ebenfalls Bauunternehmen, Bauträgerinnen und Projektentwickler umfassten. Die Studie untersuchte zudem, inwieweit Regierungen der einzelnen Länder die BIM-Technologie und digitale Arbeitspraktiken regeln und unterstützen.

Reifegrade bei der Arbeit mit BIM

Historisch gesehen gelten die Briten als Vorreiter der BIM-Technologie. Sie waren es, die den Standard BS 1192: 2007 definierten, der die Grundlage der heutigen Norm ISO 19650, des aktuellen internationalen Standards, bildet. Wie bei vielen anderen Technologien hat sich das Verständnis von BIM über die Zeit weiterentwickelt und dadurch auch Funktionen und Möglichkeiten verändert. Da jedoch viele Märkte gerade erst mit der Einführung von BIM starten, ist eine Betrachtung der Grundlagen sinnvoll.

Bis vor Kurzem war es in Grossbritannien üblich, den BIM-Reifegrad von Unternehmen und der allgemeinen Adoption durch vier verschiedene Stufen (BIM-Level 0 bis BIM-Level 3) zu definieren. Die einzelnen BIM-Level beschreiben nicht nur den Einsatz der Technologie, sondern auch wie weit die Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten rund um BIM-Modelle digitalisiert und organisiert ist. Um Märkte mit unterschiedlichem Reifegrad besser vergleichen zu können, wurden deshalb folgende Stufen definiert:

BIM-Level 0 Wenig digitalisierte Zusammenarbeit

Auf der untersten Stufe wird noch mit gewöhnlichen CAD-Zeichnungen und noch nicht am gemeinsamen 3-D-Modell gearbeitet. Der Informationsaustausch zwischen dem beteiligten Team erfolgt auf dem Papier oder bestenfalls über elektronische Medien wie E-Mail. Jedoch besteht keine Möglichkeit, in einer gemeinsamen digitalen Umgebung zu arbeiten.

BIM-Level 1 Teilweise digitalisierte Zusammenarbeit

Daten sind einheitlich strukturiert und können durch ein 3-D-Format ergänzt werden. BIM-Level 1 deutet auf das Vorhandensein grundlegender Informationen sowie auf eine bedingte gemeinsame Datenumgebung hin. Jedoch existiert keine durchgehende digitale Interaktion zwischen verschiedenen Projektteams. Der Austausch von Informationen erfolgt zwar bereits in einem digitalen Format, oftmals über ein Dokumentenmanagementsystem, aber einzelne Teams arbeiten mehrheitlich nebeneinander als miteinander.

BIM-Level 2 Fortgeschrittene digitalisierte Zusammenarbeit

Diese Phase zeichnet sich durch eine gute Zusammenarbeit zwischen mehreren Teams aus. Verschiedene Fachleute können mit ihren Programmen mit denselben BIM-Modellen interagieren – die Daten können dann in einer Softwareanwendung unter Verwendung eines gemeinsamen Dateiformats zusammengesetzt werden. Ausserdem kann analysiert werden, was in der Entwurfsphase verbessert oder ersetzt werden muss. Auf dieser Stufe können die Projektbeteiligten zusätzliche Parameter wie Zeit und Kosten verfolgen und so die greifbaren Vorteile der BIM-Technologie erschliessen.

BIM-Level 3 Vollständig digitalisierte Zusammenarbeit

Dieses Level erfordert eine mehrstufige, einheitliche Umgebung, welche die Arbeit aller Projektbeteiligten zusammenführt – vom Architekten und von der Systemingenieurin über den Bauunternehmer bis zu den Gebäudeeigentümern und den Facility-Managerinnen arbeiten alle mit den gleichen BIM-Modellen. Level 3 bedeutet die Integration aller Projektdaten, wobei internationale Standards verwendet werden. Das stellt sicher, dass alle Daten mit dem IFC-Format kompatibel sind. Beim BIM-Level 3 wird überdies mit Echtzeitdaten gearbeitet. Diese Daten decken nicht nur die Planungs- und Bauphase, sondern auch die Betriebsphase ab. Grosse Mengen an Projektdaten öffnen somit die Tür für neue Möglichkeiten bei der Verwaltung, dem Betrieb und auch der Optimierung einer Immobilie.

Acht europäische Länder im BIM-Vergleich

Die in dieser Studie analysierten Länder befinden sich in unterschiedlichen Stadien der BIM-Einführung. Grossbritannien zum Beispiel gilt bereits seit den Achtzigerjahren als Pionier in der BIM-Technologie. In Russland hingegen wurden die ersten Projekte mit BIM erst 2014 durchgeführt. Jedoch treibt das Land die Einführung von BIM massiv voran.

Ebenso zeigt eine nähere Betrachtung eines hoch entwickelten Baumarktes wie Deutschland, dass eine grosse Anzahl von Baufachleuten BIM zwar verwendet, diese Nutzung sich aber oft auf Architektinnen und Designer beschränkt und nicht immer durchgehend kollaborativ erfolgt.

Ein weiterer interessanter Faktor ist das Ausmass der staatlichen Intervention und Investition in BIM. Um auf Grossbritannien zurückzukommen: Das Mandat der nationalen Regierung, dass alle staatlich finanzierten Projekte ab 2016 mindestens BIM-Level 2 verwenden sollten, hat das Bewusstsein und die Akzeptanz von BIM-Technologien stark gefördert. Diese Studie untersucht deshalb ebenso die Einstellung und die offizielle Haltung der einzelnen Regierungen zu BIM.

Bei alldem gilt, dass die einzelnen Nationen unterschiedliche Bevölkerungsgrössen, Bau-Ökosysteme und Budgets, die für Investitionen in Technologien zur Verfügung stehen, aufweisen. Die fortschrittlichsten Unternehmen in jedem Land haben wahrscheinlich mehr miteinander gemeinsam als mit Unternehmen am heimischen Markt, die diese Technologie nicht übernommen haben.

BIM in Russland Nutzung und Ersteinsatz

Trotz des Klischees, dass Russland bei der Einführung von Bautechnologien hinterherhinkt, setzen vor allem die grossen Bauträger und Bauunternehmen des Landes massiv auf diese Technologie. Gemäss den neuesten Daten (März 2021) verwenden in Russland etwa 10 Prozent der Bauunternehmen BIM bereits in der Planungsphase. Derzeit dominiert in Russland der BIM-Reifegrad 1, aber die Anzahl der Level-2-Projekte nimmt zu. Für grosse Sportanlagen und vereinzelte kommerzielle Gebäudekomplexe wurde der Einsatz von Level 3 dokumentiert.

Offiziell wurde BIM im Jahr 2019 in Russland erstmals eingesetzt. Damals wurde eine Reihe von Standards verabschiedet, die 2020 in Kraft traten. Die Verwendung von BIM-Technologien im Bereich des Bauwesens ist jedoch älter als ihr rechtlicher Status. Im Jahr 2014 erliess das Ministerium für Bauwesen eine Verordnung über die schrittweise Einführung der Informationsmodellierung im Bereich des industriellen und zivilen Bauwesens und deren Verwendung bei Moskauer Bauprojekten. Im Jahr 2015 wurde beschlossen, ein einheitliches Klassifizierungssystem zu schaffen, das mehr als 70 000 vorgefertigte Konstruktionen und Baumaterialien umfasst. Im selben Jahr wurden 25 staatlich geförderte Pilotprojekte identifiziert, darunter das Krankenhaus in Krasnojarsk, das Zentrum für Palliativmedizin in Kolpino bei St. Petersburg und die Notaufnahme des Alexander-Krankenhauses in St. Petersburg, wo zum ersten Mal BIM-Level 1 angewendet wurde.

2018 trat ein Regelwerk zu BIM in Kraft. 2020 wurden die Regeln für die Einbindung und die Pflege von BIM-Modellen, einschliesslich der Art der einzubeziehenden Informationen, und die Regeln für die Pflege des GISOGD (Informationsmanagementsystem für Stadtplanung) der Russischen Föderation verabschiedet. Stand heute gibt es 15 nationale Standards und 8 Regelwerke für die Informationsmodellierung in Russland.

Verbindlichkeit in Russland

Die Einführung der verpflichtenden Nutzung der BIM-Technologie auf staatlich finanzierten Baustellen in Russland wurde mehrmals verschoben und neu terminiert, doch 2021 unterzeichnete der russische Premierminister Michail Mischustin schliesslich den Regierungserlass Nr. 331. Das Dokument enthält eine Bestimmung, die besagt, dass «ab dem 1. März 2022 die Einbindung und Pflege eines Informationsmodells eines Bauobjekts für Auftraggeber, Bauherren, Techniker und Betreiberorganisationen verpflichtend wird, wenn Mittel für dieses Objekt aus den Budgets aller staatlichen Ebenen – kommunal, regional oder föderal – zugewiesen werden». Und wo sich diese Regel bisher nur auf Bauprojekte mit einem Budget von über 500 Millionen Rubel (rund 5,7 Millionen Euro) bezog, gibt es nun keine solche Grenze mehr: Ab März 2022 sind alle staatlichen Projekte verpflichtet, die BIM-Technologie zu nutzen. Am 1. Dezember 2022 treten die Regeln für die Pflege von GIS zur Sicherstellung der städtebaulichen Entwicklung in Kraft. Die staatliche Unterstützung für BIM-Standards wird also definitiv ein Katalysator für die aktive Umsetzung und die Entwicklung von BIM-Levels sein.

BIM in Grossbritannien Nutzung und Ersteinsatz

Statistiken der National BIM Library (NBS) zeigen, dass im Jahr 2020 rund 80 Prozent der britischen Unternehmen mit BIM vertraut waren und die Technologie in ihren Projekten nutzten. Statistiken aus dem Jahr 2011 zeigen, dass ein Jahrzehnt zuvor nur rund 10 Prozent der Unternehmen BIM nutzten und 40 Prozent mit dem Begriff nicht vertraut waren. Im Jahr 2020 konnten nur 1 Prozent der britischen Bauunternehmen mit dem Begriff BIM nichts anfangen. BIM-Level 2 ist in Grossbritannien inzwischen üblich (und für staatliche Projekte vorgeschrieben), und es gibt auch eine Reihe von Grossprojekten, die BIM-Level 3 verwenden. Das Vereinigte Königreich ist in Sachen BIM das am weitesten fortgeschrittene Land der hier verglichenen Länder. Eines der ersten Projekte, bei denen BIM zum Einsatz kam, war der Umbau des Flughafens Heathrow in den Achtzigerjahren. Seitdem wurden die Projekte zahlreicher und komplexer. Ab 2007 wurde die Norm BS 1192: 2007 als Industriestandard eingeführt. Diese Norm und ihre späteren Varianten bildeten die Grundlage für die neue Normenreihe ISO 19650, die 2019 veröffentlicht wurde.

Verbindlichkeit im Vereinigten Königreich

Im Jahr 2011 erklärte die britische Regierung ihr Ziel, dass alle staatlich finanzierten Projekte bis 2016 mindestens BIM-Level 2 verwenden. Nach 2016 wurde dieses Ziel zu einem verpflichtenden Bestandteil der Beschaffung für staatliche Projekte. Für private Projekte wird die Verwendung von BIM empfohlen, ist aber nicht verpflichtend. Für alle staatlichen Projekte, inklusive der Infrastruktur und der öffentlichen Gebäude, wird 3-D-BIM verwendet, einschliesslich der Informationen über Projekte und Anlagen, der Dokumentation und anderer Daten in elektronischen Formaten, die ein gewisses Mass an Zusammenarbeit während der Planungs- und der Bauphase ermöglichen.

BIM in Frankreich Nutzung und Ersteinsatz

Obwohl die Verwendung von BIM für Investitionsbauprojekte, ob öffentlich oder privat, nicht verpflichtend ist, machen rund 60 Prozent aller Bauunternehmen in Frankreich von der Informationsmodellierung Gebrauch. Einen grossen Teil davon machen Architekten und Planer aus. Von den französischen Bauträgern setzt rund ein Drittel auf diese Technologie. Die Arbeit mit BIM ist in Frankreich generell weit fortgeschritten. Am häufigsten wird auf dem BIM-Level 2 gearbeitet.

BIM wurde in Frankreich ab 2006 populär, allerdings nur innerhalb einer begrenzten Anzahl von Berufsgruppen – hauptsächlich Architekten und Designerinnen. Die Umsetzung erster Projekte begann in den 2010er-Jahren. Die Ergebnisse können sich sehen lassen. So kam die Technologie seit ihrer Einführung beim Bau von rund 500 000 Wohnhäusern zum Einsatz.

Verbindlichkeit in Frankreich

In Frankreich gibt es noch keinen einzigen BIM-Standard, der in Gesetzen oder Vorschriften verankert ist. Aber der Staat fördert die Technologie, insbesondere in Bezug auf grosse öffentliche Projekte. Im Jahr 2017 wurde eine Roadmap für die BIM-Standardisierung veröffentlicht: In dem Dokument erkannte die Regierung die Notwendigkeit für eine Standardisierung an, die ein wichtiger Aspekt ist, wenn es um die Zusammenarbeit in BIM-Prozessen geht. Ende 2018 wurde der BIM-Plan 2022 ins Leben gerufen, um die Baubeteiligten zu ermutigen, BIM in ihre Arbeitsabläufe zu integrieren. Die Branche hofft, dass das bis 2022 landesweit umgesetzt werden kann. Doch bis jetzt gibt es Schwierigkeiten aufgrund uneinheitlicher Formate und unterschiedlicher Programme. Das erschwert die Adoption.

BIM in Deutschland Nutzung und Ersteinsatz

Ungefähr 70 Prozent der Bauunternehmen in Deutschland nutzen BIM auf verschiedenen Ebenen. Mehr als zwei Drittel davon sind Architekten und Planungsbüros. Unter den Anwendenden ist der BIM-Level 2 bereits weitverbreitet, wobei es jedoch auch noch viele Nutzende auf BIM-Level 1 gibt.

Bei der Einführung von BIM in der Bauwirtschaft hat Deutschland viel von den Erfahrungen Grossbritanniens gelernt. Während die ersten deutschen Projekte mit BIM zwischen 2006 und 2009 durchgeführt wurden, wird die Technologie seit 2015 konsequent bei Grossprojekten mit einem Budget von 25 Millionen Euro oder mehr eingesetzt. Das bringt mit sich, dass die Technologie vorwiegend von grossen Anwendern genutzt wird. So verwenden zum Beispiel kleine Planungsbüros BIM kaum. Derzeit gibt es in Deutschland keine spezifischen BIM-Standardklauseln für Planungs- und Bauverträge, die über die ISO-Normen hinausgehen. Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) hat angekündigt, kleine und mittlere Unternehmen bei der Umstellung auf BIM finanziell zu unterstützen. Ausserdem sollen verstärkt Pilotprojekte gefördert werden, um Unternehmen dabei zu helfen, die besten Ansätze für die Einführung von BIM zu finden.

Zahlreiche Verbände und Unternehmen haben in Deutschland die Gruppe Planen Bauen 4.0 gegründet, welche die Umsetzung von BIM im Land aktiv unterstützt. Darüber hinaus gibt es zwei Ebenen offizieller Standardisierungsaktivitäten, wobei die erste Ebene durch den VDI (Verein Deutscher Ingenieure) vertreten wird. Die Organisation ist für die Entwicklung von Rechtssicherheitsstandards wie VDI 2552 verantwortlich und wird den deutschen nationalen BIM-Standard entwickeln, der vom Deutschen Institut für Normung (DIN) genehmigt werden soll.

Verbindlichkeit in Deutschland

Seit 2017 ist BIM für Projekte im Wert von über 100 Millionen Euro verpflichtend. Die Regierungsinitiative BIM4Infra2020 hat die Entwicklung einer BIM-Roadmap für Deutschland zum Ziel. Im Rahmen des Projekts wurden sieben BIM-Pilotprojekte (Verkehr und Infrastruktur) durchgeführt. Als Ergebnis wurden zehn umfassende BIM-Implementierungsleitfäden erstellt. Seit 2020 ist die Nutzung von BIM für alle öffentlichen Aufträge, die den Bau von Bundesinfrastruktur oder infrastrukturrelevanten Gebäuden betreffen, verpflichtend.

BIM in Österreich Nutzung und Ersteinsatz

Zwar verfügt Österreich mit der ÖNorm A 6241-2 über fortschrittliche BIM-Standards. Jedoch nutzen nur rund 20 Prozent der Unternehmen im Bausektor die Technologie. Auch der Reifegrad ist im Vergleich zu anderen grossen Ländern mit BIM-Level 1 im Schnitt weniger weit ausgeprägt. BIM wird in Österreich bereits seit 2011 von einzelnen Unternehmen eingesetzt. Seit 2015 und nach der Veröffentlichung der ÖNorm A 6241 hat sich die Umsetzung bei grossen Unternehmen jedoch intensiviert. Ein wesentlicher Grund, warum BIM bislang nur von den Big Playern verwendet wird, ist der Einsatz vieler verschiedener Programme und Formate. Das erschwert die Einrichtung von BIM-Projekten und den Austausch von Informationen. Somit besteht ein grosser Teil der österreichischen Projekte, die BIM verwenden, aus staatlich geförderten Einrichtungen oder grossen kommerziellen Bauvorhaben.

Verbindlichkeit in Österreich

Seit 2018 ist BIM in Österreich verpflichtend für die Budgetkontrolle bei der Errichtung von öffentlichen Gebäuden. Gemäss einer Empfehlung der Europäischen Kommission ist BIM in Österreich seit 2020 für Ausschreibungen und öffentliche Bauaufträge verpflichtend. Ein Gesetz, das die Verwendung von BIM in Österreich breiter durchsetzt, wurde jedoch nicht verabschiedet. Stattdessen liegt die Entscheidung, BIM zu verwenden, beim Auftraggebenden und kann im Vertrag festgelegt werden.

BIM in Kroatien

Nutzung und Ersteinsatz

Wie viele andere europäische Länder hat auch Kroatien in letzter Zeit sein Augenmerk auf die Digitalisierung der Baubranche und insbesondere auf die zunehmende Arbeit mit BIM gerichtet. Bislang verwenden BIM jedoch nur etwa 10 Prozent aller Unternehmen im kroatischen Bausektor, und das in der Regel auf der untersten Anwendungsstufe, also BIM-Level 0, oder in Form zweidimensionaler CAD-Projekte. Es gibt jedoch einzelne grosse Projekte, die auf BIM-Level 1 oder höher ausgearbeitet werden.

Erste Projekte mit BIM gab es in Kroatien bereits 2015, allerdings fast ausschliesslich in der Entwurfsphase. Es gibt jedoch aktive Initiativen, die mithilfe des kroatischen Normungsinstituts die ersten Schritte in Richtung BIM-Standardisierung unternehmen. Aber bis anhin betreffen diese Initiativen Bildungs- und Wissenschaftskreise und haben wenig mit der Baupraxis zu tun. Derzeit ist das Feedback aus den durchgeführten BIM-Pilotprojekten in Kroatien entweder nicht vorhanden oder nicht transparent genug, um als Schulungsinstrument für Projekte genutzt zu werden, aber auch um BIM weiterzuentwickeln oder die Implementierung von BIM in der kroatischen Bauindustrie zu unterstützen. Studien zur Implementierung von BIM in Kroatien haben gezeigt, dass viele potenzielle Anwendende die BIM-Technologie nicht richtig verstehen und damit oft nur 3-D-Konstruktion in Verbindung bringen. Mit der Übersetzung der ISO-Normen ins Kroatische und der Mitgliedschaft des Landes in der EU BIM Task Group könnte das Verständnis und damit die Umsetzung in den kommenden Jahren deutlich zunehmen.

Verbindlichkeit in Kroatien

BIM ist derzeit nicht in der kroatischen Baugesetzgebung enthalten. Generell ist der kroatische Markt noch nicht bereit für die Einführung von BIM-Standards, da es ausserhalb der akademischen und ingenieurwissenschaftlichen Kreise an Wissen und Verständnis mangelt. Sobald die breitere Baugemeinschaft – nicht nur Architektinnen und Designer, sondern auch Investorinnen, Zulieferer, Ingenieurinnen – im Land ausreichend Interesse an der Anwendung dieser Technologie hat, sind Schritte zur Standardisierung möglich.

BIM in Polen

Nutzung und Ersteinsatz

Rund 50 Prozent der Unternehmen im polnischen Bausektor setzen BIM bereits ein. Drei Viertel aller Unternehmen gaben darüber hinaus an, in ihrer Arbeit bereits Kontakt mit der Technologie gehabt zu haben. Gearbeitet wird meistens noch auf BIM-Level 1.

Erste Projekte mit BIM wurden in Polen um das Jahr 2015 durchgeführt. Dieser Trend verstärkte sich Ende 2016, als das polnische Ministerium für Infrastruktur und Bauwesen eine Analyse der bestehenden BIM-Implementierung erstellte und Regelungen für die Nutzung in Betracht zog. Ende 2019 wurde bekannt gegeben, dass mehr als 70 Projekte im Land BIM verwendet hatten – alle waren öffentliche oder staatliche Objekte sowie Strassen- und Infrastrukturprojekte.

Verbindlichkeit in Polen

Polnische Gesetze, welche die Verwendung von BIM in der öffentlichen Auftragsvergabe regeln, wurden erstmals 2014 eingeführt, als Ergebnis der Verabschiedung der europäischen Richtlinien 2014/24/EU und 2014/25/EU. Das erste öffentliche Projekt, für das die Verwendung von BIM verpflichtend war, war der Bau des Jozef-Pilsudski-Museumskomplexes in Sulejówek. Aufgrund zahlreicher Kontroversen bezüglich der Beschaffungsrichtlinien wurde BIM jedoch aus diesem Projekt zurückgezogen. Frühe Versuche des Staates, die Einführung verpflichtend zu machen, waren deshalb erfolglos. Im Jahr 2020 veröffentlichte das Ministerium für Entwicklung, Arbeit und Technologie eine Roadmap zur BIM-Implementierung für das öffentliche Auftragswesen in Polen. Laut Prognosen wird die Verwendung von BIM in Polen jedoch frühestens im Jahr 2030 für Bauprojekte mit einem staatlichen Budget verpflichtend. Das BIM-Protokoll in Polen ist nicht standardisiert. Um es in einem Projekt zu verwenden, muss deshalb alles im Voraus im Vertrag festgelegt werden, der alle Definitionen, Rollen und Anforderungen in Bezug auf einzelne Parteien, den Detaillierungsgrad von Projekten, Verfahren und mehr enthält.

BIM in der Schweiz Nutzung und Ersteinsatz

Etwa 20 Prozent der Unternehmen im eidgenössischen Bausektor verwenden BIM regelmässig, wobei sich die Nutzung vor allem auf Architekten, Designerinnen und Grossunternehmen im Baugewerbe konzentriert. Rund zwei Drittel der Unternehmen haben bereits Erfahrungen mit dieser Technologie gesammelt. Meist wird auf BIM-Level 1 gearbeitet, wobei in letzter Zeit vermehrt Projekte auf BIM-Level 2 durchgeführt wurden.

Auffällig: 70 Prozent der Unternehmen halten fest, dass BIM eine sehr wichtige Rolle für die zukünftige Bau- und Immobilienwirtschaft im Land spielen wird. Jedoch sagen drei Viertel auch, dass die meisten Firmen in der Schweiz noch nicht ausreichend für den Einsatz vorbereitet sind.

BIM ist in der Schweiz seit den 2010er-Jahren im Einsatz. Die Anwendung der Technologie ist jedoch noch ausbaufähig. Dass eine Verwendung in der Schweiz noch häufig scheitert, hat verschiedene Gründe. Zum einen klagen Unternehmen über die hohe Regulierungsdichte und hohe Investitionskosten. Mangelnde Anwendungskenntnisse erschweren die Adoption zusätzlich. Darüber hinaus ist die Schweiz kulturell bedingt sehr fragmentiert. Entsprechend herrschen in den verschiedenen Kantonen vielfältige und unterschiedliche Arten des Herangehens an Bauprojekte, wenn es um Planung, Bau und Betrieb geht. Das erschwert die Etablierung einheitlicher Arbeitsweisen.

Verbindlichkeit in der Schweiz

2018 wurde die Nutzung von BIM in der Schweiz von staatlicher Seite aufgegleist. Seit 2021 setzt man in staatlichen Bauten und ab 2025 bei Infrastrukturprojekten auf BIM. Begleitet wird der Prozess von den fortschrittlichen Regelwerken SIA 2051, D 0270 und D 0271.

Fazit: Im Europavergleich

2021 führt Grossbritannien unangefochten bei der Nutzung und der Implementierung von BIM in Bauprojekten. Zum einen entwickelt und setzt das Vereinigte Königreich bereits seit 2007 BIM-Standards ein, die sowohl auf nationaler Ebene verabschiedet werden als auch die Grundlage der Norm ISO 19650 bilden. Zum anderen müssen seit 2016 alle staatlich geförderten Projekte mindestens BIM-Level 2 verwenden. Das hat zu einem enormen Anstieg des Bewusstseins und der Nutzung geführt. Gleichzeitig gilt jedoch, dass andere grosse europäische Länder wie Deutschland oder Frankreich in den letzten Jahren stark aufgeholt haben, was die Schritte zur Standardisierung respektive die allgemeine Adoption der Technologie betrifft.

Darauf folgen kleinere Länder wie Österreich, die Schweiz und Kroatien, wo die Implementierung von BIM noch weniger weit fortgeschritten ist. Das Schlusslicht bildet in dieser Hinsicht Kroatien, wo es nur in vereinzelten Sonderfällen eingesetzt und die digitale Zusammenarbeit mit dem BIM-Level 0 noch sehr eingeschränkt ist. Nicht zuletzt durch die Covid-19-Pandemie sind Bauunternehmen gefordert, ihre Digitalisierungsprozesse zu beschleunigen. Die Effektivität der Technologien selbst und die Fähigkeit, sie im Rahmen der Fernsteuerung und der Projektkoordination anzuwenden, sind in den letzten Jahren noch offensichtlicher geworden. Das führte auch dazu, dass in vielen Ländern das Thema BIM-Implementierung auf staatlicher Ebene das lang ersehnte grüne Licht erhielt, nachdem es jahrelang aufgeschoben oder ständigen Revisionen unterworfen war.

Auffallend ist, dass die Digitalisierung von Bauvorhaben aber trotz der gesteigerten Bemühungen der letzten Jahre noch Lücken aufweist. Selbst in hoch entwickelten europäischen Ländern geht die Anwendung in der Regel nicht über den BIM-Level 2 hinaus. Das ist auf die überall gleichen Hindernisse zurückzuführen:

– Fehlen einheitlicher Standards und Normen sowie staatlicher Regelwerke für BIM oder mangelndes Wissen über die notwendigen Standards

– Mangel an staatlicher Unterstützung für die Implementierung der notwendigen Technologien

– Mangel an Fachleuten und Berufsverbänden für die Ausbildung und die Umschulung

– mangelnde Nachfrage nach einer solchen Technologie bei den Kunden aufgrund eines unzureichenden Bewusstseins für die Vorteile

– eine zum Teil stark traditionell verhaftete Bauindustrie, in der Innovationen nur langsam umgesetzt werden. ●

«Statistiken der National BIM Library (NBS) zeigen, dass im Jahr 2020 rund 80 Prozent der britischen Unternehmen mit BIM vertraut waren und die Technologie in ihren Projekten nutzten.»
«Ungefähr 70 Prozent der Bauunternehmen in Deutschland nutzen BIM auf verschiedenen Ebenen. Mehr als zwei Drittel davon sind Architekten und Planungsbüros.»
«Selbst in hoch entwickelten europäischen Ländern geht die Anwendung in der Regel nicht über den BIM-Level 2 hinaus.»
BIM im Ländervergleich
BIM im Ländervergleich
BIM im Ländervergleich
PlanRadar ist eine SaaS-Lösung (Software as a Service) für die Dokumentation und die Kommunikation in Bau- und Immobilienprojekten, die auch die BIM-Technologie unterstützt. Foto: PlanRadar
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